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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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HILDEMARIE STREICH<br />

nach und begleitet ihn durch den Tag. Dieser Traum initiierte eine neue Einstellung<br />

<strong>zur</strong> eigenen Person, <strong>zur</strong> eigenen Rasse und zu dem dunklen Bruder im Innern der<br />

Seele. Eindrucksvoll ergänzt das Traumlied die bewusst atheistische Einstellung des<br />

Träumers und spricht von einer tiefen, bisher nicht gewussten und auch nicht zugelassenen<br />

Sehnsucht danach, in Ordnung zu kommen und heimzufinden in die religiöse<br />

Urerfahrung der Väter.<br />

Gelegentlich überrascht auch ein Traum durch ein Musikstück, das dem Träumer<br />

so gut wie unbekannt ist und nach dem er sich erst auf die Suche begeben muss. Es<br />

handelt sich dann meistens um einen besonders stark unbewussten Inhalt, den es in<br />

mehr als einer Hinsicht erst zu suchen gilt, um ihn bewusst und angehbar zu machen.<br />

5. Musikalische Motivsuche<br />

So träumte z.B. ein junger Wissenschaftler, der sich im Alltagsleben herzlich wenig<br />

um Musik kümmerte, von einer sehr eindrucksvollen Melodie, die bis in den Tag<br />

hinein so stark nachwirkte, dass er sie immer wieder vor sich hin summte, ohne zu<br />

wissen, wohin sie gehörte. Erst nach geraumer Zeit des Nachforschens fand er den<br />

Schlüssel zu der Melodie und damit allmählich auch die Deutung für ihren Sinn. Es<br />

handelte sich um ein musikalisches Motiv aus einer Opernarie, welche das kommende,<br />

heissersehnte Stelldichein eines verheirateten Mannes mit seiner Geliebten<br />

besingt.<br />

Der junge Mann, selber verheiratet, befand sich in der Zeit, als er von dieser Musik<br />

träumte, in einer eigentümlichen und ihm unerklärlichen Phase der Unproduktivität,<br />

Unlust und Depression und wurde erst durch den Traum auf die unbewussten<br />

Ursachen hierzu aufmerksam gemacht. Er hatte sich in der Tat vor einiger Zeit in<br />

eine, für ihn in mehr als einer Hinsicht unerreichbare, ebenfalls verheiratete Frau<br />

verliebt, ohne es sich einzugestehen. Dieses Gefühl hatte er aber so völlig verdrängt,<br />

dass er <strong>zur</strong> Zeit des Traumes nichts mehr davon wusste. Der lethargische Zustand,<br />

in welchem er sich befand, war, wie sich bald herausstellte, ein Ergebnis dieser massiven<br />

Verdrängung. Mit der Aufschlüsselung der Traummelodie und ihres Motivs<br />

wurde ihm deutlich, dass dieses Problem jetzt bewusst gemacht und verarbeitet<br />

werden sollte.<br />

Das tat er denn auch mit gutem Erfolg. Seine abgesunkenen Lebensgeister kehrten<br />

<strong>zur</strong>ück und halfen ihm, seine Fragen zu klären und ein Stück weiterzukommen<br />

in seinem inneren Wachstum (Streich, 1979, S. 1128).<br />

Die beiden folgenden Beispiele entstammen einer Sammlung amerikanischer Musik-Träume,<br />

die das Ehepaar Dr. James Kirsch und Dr. Hilde Kirsch (Begründer des C.-G.-Jung-Instituts in<br />

Los Angeles) der Autorin <strong>zur</strong> Interpretation berichteten und aufschrieben. Die beiden waren, bevor<br />

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