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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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HILDEMARIE STREICH<br />

4f.). Von der mittelalterlichen musikalisch-harmonikalen Ganzheitsschau aus betrachtet,<br />

bedeutet das:<br />

1. Der untersten Welt, welche die materielle, sichtbare und fassbare Welt darstellt,<br />

entspricht die „Musica instrumentalis“ oder (griechisch) „Harmonía en<br />

organois“.<br />

2. Der nächst höheren Welt urbildlicher Formen entspricht die „Musica humana“<br />

oder „Harmonía täs psychäs“.<br />

3. Der darüber liegenden Welt der Ideen und der kosmischen Kräfte entspricht<br />

die „Musica mundana“ oder „Harmonía tou kosmou“.<br />

4. Der obersten Welt, welche die göttliche Welt repräsentiert, entspricht die „Musica<br />

coelestis“ oder „Musica divina“.<br />

Ebenso wie nach dieser alten Lehre von der Jakobsleiter die vier übereinander<br />

geschichteten Welten sich gegenseitig durchdringen, überlagern und zugleich ergänzen,<br />

so dass erst alle zusammen das Ganze ergeben, so auch in der Musikschau der<br />

Antike und des Mittelalters. Erst der Zusammenschluss aller vier Bereiche der Musik<br />

ergibt die wahre Musica oder Harmonía. Jeder Bereich für sich ist nur als Teil<br />

dieses Ganzen, als ein Aspekt dieser Ganzheit voll zu verstehen.<br />

Diese Struktur der sichtbaren und unsichtbaren Wesenseiten des „Unus mundus“,<br />

d.h. der Einen Welt, wie sie in der Schau der Jakobsleiter erscheint, wird seit<br />

alters auch gesehen im Bilde eines lebendigen Organismus. Wichtigste Bilder sind<br />

hier der Baum und der Mensch.<br />

III. Christus summus Musicus<br />

Nach der Aussage der Heiligen Schrift ist die Himmelsleiter, die Jakob im Traum<br />

erblickte (1. Mose 28, 12) leibhaftige Wirklichkeit geworden in Jesus Christus, dem<br />

schöpferischen Klangwort (= Logos) des Urbeginns (Joh. 1, 1-16), von dem das<br />

Weltall ins Leben gerufen wurde und zu dem alles wieder <strong>zur</strong>ückkehrt. Er ist das<br />

Urbild des vollkommenen Menschen in Gott und Gottes im Menschen. Von ihm<br />

strömt die Weisheit und Liebe des Schöpfers als Musik und Klang aus in alle Sphären,<br />

bis hinein in unser irdisches Dasein, das von ihm nach „Mass, Zahl und Gewicht“<br />

(Weisheit 11,21), das heisst nach musikalisch-harmonikalen, mathematischnumerischen<br />

Proportionen (1 : 2 : 3 : 4 usw.) geschaffen wurde.<br />

Von daher ist das Wort des Heiligen Hieronymus (ca. 347 - 420) zu verstehen,<br />

der Christus als den höchsten Musiker des Weltalls bezeichnete, als „Christus summus<br />

Musicus“. Ebenso spricht auch später Johannes Tinctoris (ca. 1435 - 1511), der<br />

berühmte Musik-Gelehrte, Musiker, Komponist, Jurist und Mathematiker (Schneider,<br />

1955, S. 37) von Christus als dem Summus Musicus.<br />

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