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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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ISABELLE FROHNE-HAGEMANN<br />

dagegen verändert sich unsere Wahrnehmung auch zum rechtshemisphärisch<br />

Fließenden hin. Nicht die Dinge im Raum, sondern die Wahrnehmungsbewegung<br />

zwischen den Fixpunkten und Fakten ist entscheidend, gewissermaßen das, was<br />

zwischen den Zeilen steht. Unsere Wahrnehmung und Gestaltungsaktivität bezieht<br />

die gefühlsbetonten Zwischenräume und Erlebniszeiten ein. Dies ist auch ein<br />

Merkmal des Musikalischen. Gerade, um dieses ,,Dazwischen“ erlebbar zu machen,<br />

„benutzt“ das Traum-Ich (ein wacherer Teil des Selbst) die genannten Konstruktions<br />

mechanismen, also Substitutionen, Verschiebungen, Vermischungen,<br />

Übertragungen, Verdichtungen, Dehnungen, Verkürzungen, Verzerrungen, Umkehrungen.<br />

Im „Dazwischen“ wird eine innere oder äußere Realität gestaltet. Gefühle,<br />

die ein Träumer einer bestimmten Person entgegenbringt, können beispielsweise<br />

durch emotional aufgeladene Bilder von anderen Personen oder von Dingen<br />

substituiert werden oder der Inhalt eines bestimmten Komplexes aus vergangenen<br />

Zeiten wird auf eine gegenwärtige Situation übertragen und mit dieser vermischt. Eine<br />

Verdichtung liegt vor, wenn ein Zeichen oder ein Symbol für verschiedene Kontexte<br />

steht.<br />

In der musiktherapeutischen Arbeit mit Träumen können wir diese Mechanismen<br />

bewusst nutzen, wir können das Links- und das Rechts- hemisphärische verbinden,<br />

um den Traum wieder und auch realistischer weiter zu träumen. Die wechselseitige<br />

Bezogenheit beider Wahrnehmungsmodi habe ich als "rhythmischen Ausgleich"<br />

bezeichnet (Frohne, 1980), als Verschränkung von Polen eines Ganzen. Sie ist ein<br />

Zeichen von Gesundheit, weil die beiden Wahrnehmungsmodalitäten sinnvoll<br />

aufeinander abgestimmt werden.<br />

Der Übergang von innerer und äußerer Realität ist immer fließend und es ist<br />

daher nicht so wichtig, sich sklavisch an die „Werktreue“ des Nachttraums zu<br />

halten. Allerdings steht der ursprüngliche Traum für sich und soll auch so ernst<br />

genommen werden. Aber er soll nicht in ein Interpretationskorsett gepresst werden,<br />

sondern sich in seinem Sinn entfalten dürfen.<br />

Das Verständnis von seelischen Vorgängen als etwas Fließendem findet sich auch<br />

in der Methode der Morphologischen Musiktherapie, welche davon ausgeht, dass<br />

sich seelische Formen und Gestalten ständig bilden und umbilden (Grootaers,<br />

1994). Seelische Konstruktionsmechanismen rekonstruieren die „Lebensmethoden“<br />

der Klienten in der Improvisation. Im Laufe eines Entwicklungsganges von<br />

Herkommen, Erweiterung, Entfaltung und Ergänzung wirken sechs Gestaltfaktoren<br />

zusammen in ständiger Bewegung wie in einer Art „Auseinandersetzungs- und<br />

Entwicklungsprozess“ (Grootaers, 1990, S. 59). Der Traum wird auch hier - wie die<br />

Improvisation - als ein seelisches Wirkungsgefüge verstanden. Die auf Salber<br />

(1991) aufbauende gestalttheoretische Sichtweise der Morphologischen<br />

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