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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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GISELA M. LENZ<br />

dabei auch spielerisch zuwenden, ihn halten und mit ihm sprechen, um dann wieder<br />

in das Gespräch mit mir <strong>zur</strong>ückzukommen.<br />

Beide scheinen sich jetzt wirklich wohl miteinander zu fühlen. Eine Veränderung<br />

ergibt sich zu Hause: Tagsüber spielt Frau N. das Xylophon, und am Abend ihr<br />

Mann.<br />

Schwierige Themen können jetzt besprochen werden. Obwohl Frau N. schon<br />

seit längerem daran gedacht hatte, ihren Mann zu verlassen, spricht sie jetzt zum<br />

ersten mal darüber. Sie war in diese Beziehung “reingeschliddert”: Sie wolle sich<br />

aber auch nicht mit ihm auseinandersetzen und kann sich nicht vorstellen, ihm zu<br />

sagen, was sie anders haben möchte.<br />

13. Stunde<br />

Nach einer Improvisation zu dritt spielt Frau N. weiter auf dem Bass-Xylophon.<br />

Georg krabbelt zu seiner Mutter und versucht, mit den Händen in ihrem Rhythmus<br />

zu patschen. Es gelingt nicht und er wirkt sehr unzufrieden. Er dreht sich dann zu<br />

mir, wippt, und es entsteht ein intensives, vokales Spiel, er ist begeistert. Dann<br />

dreht er sich wieder zu seiner Mutter, nimmt eine Rassel und es gelingt ihm, ihr<br />

Metrum aufzunehmen. Danach kann er gut für sich sein und spielt ungefähr 15<br />

Minuten ganz alleine.<br />

Kommentar: Dies ist ein eindrückliches Beispiel für Synchronisation, die er selbst<br />

herstellen wollte. Es war eindeutig, daß es sein Bedürfnis war, sich in das Metrum<br />

seiner Mutter einzuschwingen Hier stellt sich die Frage, ob das kurze Intermezzo<br />

mit mir, was sich wohl gut angefühlt hat - es war ein ‘sich treffen’, ‘auf der selben<br />

Wellenlänge sein’ - ihn in die Lage versetzt hat, auf seine Mutter einzugehen. (Solche<br />

entwicklungsmäßigen Quantensprünge sind oft nach geglückten Interaktionen zu<br />

beobachten). Der offensichtliche Erfolg seiner Bemühungen und nachfolgende<br />

Phase des alleine Spielens stützt die Annahme eines Bindungssystems, das, wenn es<br />

nicht aktiv ist, die Exploration der Welt und ein sich-Entfernen von der Mutter ermöglicht.<br />

14. Stunde<br />

Auf dem Arm seiner Mutter entdeckt Georg die Klangfülle des großen Gongs.<br />

Er ist begeistert, als er herausfindet, was er mit seinen Händchen und Füßchen alles<br />

bewirken kann. Ich teile seine Begeisterung: Wellen intensiver vokaler Gemeinsamkeit<br />

wechseln mit Klangsalven des Gongs.<br />

15. Stunde<br />

In dieser letzten Stunde schaut Frau N. auf den Prozess unserer Zeit zu dritt<br />

<strong>zur</strong>ück. Sie ist sehr zufrieden. Sie hätte sich am Anfang nie vorstellen können, daß<br />

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