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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Primärprozess und Sekundärprozess in musiktherapeutischer Transformation<br />

schließlich weiter zum Wiedergewinn der Identität. Dabei sind auch Verstehen und<br />

Integration des Entglittenen eingeschlossen.<br />

Musik kann spezifisch einwirken. Ihr stehen durch die Parameter Rhythmus,<br />

Klang, Harmonie, Dynamik, Agogik viele Kombinationsmöglichkeiten <strong>zur</strong><br />

Verfügung, die entweder zerfallsbegünstigend und auflösend oder zerfallshemmend<br />

und stützend wirksam werden.<br />

Ein Beispiel zu Rezeption von improvisierter Musik und Regression im<br />

Dienste des Ich<br />

Hier wird gezeigt, wie in einer ambulanten Musiktherapie gearbeitet wird: Der<br />

paranoid schizophrene 30-jährige Mann befindet sich in Ablösung von seinem<br />

Elternhaus und ist beruflich noch nicht etabliert. Seine Art ist höflich distanziert, er<br />

ist streng zu sich selbst und seine hohen Leistungsansprüche führen ständig zu<br />

Selbstentwertungen, da sie selten eingelöst werden. In den mittlerweile seltenen<br />

psychotischen Schüben stehen messianische Ideen und Zwangshandlungen im<br />

Vordergrund. Gegenwärtig ist der Patient nicht psychotisch, auch hat er bereits<br />

gelernt im Schutze der musiktherapeutischen Begegnung das rezeptive Moment<br />

zuzulassen, ohne es mit unerlaubtem Faulsein abzuwehren. Das Vertrauen in die<br />

Musiktherapeutin, anfangs sehr klein, ist nunmehr bereits sehr gewachsen.<br />

Es geht hier um Wiedergewinnung eines sicheren Ortes und persönlicher<br />

Autonomie.<br />

„In der 76. Stunde ist Herr W. vollkommen irritiert, er sei in einem Loch,<br />

unausgeschlafen, da die Handwerker seit Tagen in seiner Wohnung seien, bereits<br />

frühmorgens. Auch die Toilette sei unbenützbar. Er habe Angst vor der<br />

kommenden Woche, seine Freundin sei derzeit fort, gegen väterliche Vorhaltungen<br />

habe er sich erfolgreich, aber mit Mühe, abgegrenzt. Er komme sich blöd vor, aber<br />

er wünsche sich, wieder auf der blauen Matraze zu liegen. Ich mache den Vorschlag,<br />

für ihn ein `Spiel gegen die Angst´ zu spielen. Dazu wähle ich drei bestimmte<br />

Instrumente aus, von denen ich annehme, daß sie vom Patienten objektal positiv<br />

bzw. negativ besetzt sind. Herrn W. erkläre ich meine Vorgangsweise: Ich würde mit<br />

der Harfe und dem Xylophon auf der einen Seite und mit den Bongos, die für die<br />

Angst stünden, auf der anderen Seite spielen.<br />

Die Improvisation entwickelt sich sodann, geleitet (wie immer) von Intuition,<br />

Wissen und Handeln aus der Gegenübertragung heraus. Die ist hier spürbar als<br />

aufgeregtes Herzklopfen und ein Gefühl, einen äußerst geringen Spielraum zu<br />

haben, da jetzt alles gefährlich ist.<br />

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