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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Zur Arbeit mit Traum und Imagination<br />

solche Insekten in sich." Ich glaube das so halb, bin angewidert, aber<br />

komischerweise nicht hysterisch."<br />

Tina erzählt uns den Traum zuerst in der Gegenwart. Ich frage nach und<br />

Folgendes wird deutlicher: das Bad ist weiß-grau, das Insekt im Schleim hat eine<br />

ähnliche Farbe.Als Tina dies erzählt, spürt sie vor der Gruppe eine Angst, dass<br />

"etwas" entdeckt wird.<br />

Ich fordere sie auf, ihre Fantasie, wie die Gruppe in dem Falle reagieren würde,<br />

zu überprüfen. Doch bei genauem Hinschauen merkt Tina, dass sie Vertrauen hat.<br />

Tina ist erleichtert. Sie kann sich dem Insekt wieder zuwenden.<br />

"Welches Instrument passt zu dem Insekt?" Tina weiß sofort, welches es ist (die<br />

Instrumente liegen auf dem Boden ausgebreitet): es ist die Kalimba. Sie hat so viele<br />

Zungen wie das Insekt Beinchen hat. "Wie klingt das Insekt?", frage ich sie. Tina<br />

spielt es so, dass man hört und sieht, wie es krabbelt und zappelt. Tina sagt, sie fühle<br />

es förmlich in ihrem Inneren krabbeln und zappeln, dies mache ihr Angst. Ich sage:<br />

"Gib das Instrument jemand anders zum Spielen und hör dir das mal an. Hör dir<br />

an, wie du die Musik des Insektes jetzt erlebst".<br />

Tina schaut in die Runde und wählt schließlich Ute aus, die nun das Insekt auf<br />

der Kalimba spielt. Tina gewinnt Abstand. Ich frage Tina, was das Insekt eigentlich<br />

sagt. Sie antwortet mit frechem Ausdruck: "es sagt: 'ich bin da!'". Kaum<br />

ausgesprochen, merkt Tina, dass das Insekt gar nicht mehr so bedrohlich krabbelt.<br />

Im Gegenteil, sie findet es durch seine schnippische Art plötzlich ganz interessant.<br />

Ich bitte sie, dieses Interesse dem Insekt direkt musikalisch mitzuteilen, falls sie<br />

noch keine Worte finden könne.<br />

Sie wählt eine Flöte und wendet sich spielend dem Insekt zu, welches ihr (Ute)<br />

antwortet. In dieser gemeinsamen Improvisation auf der symbolischen Ebene<br />

(Träumerin/Insekt) kommt es nicht nur zu einer symbolischen Begegnung, sondern<br />

auch zu einer Begegnung auf der Beziehungsebene. Tina projiziert zwar ihren<br />

Insektenanteil auf Ute und zwingt diese dadurch in die Rollenkonfiguration. Aber<br />

sie tritt zu Ute auch in eine zwischenleibliche Kommunikation und Ute stimuliert<br />

Tina auch mit ihren eigenen Reaktionsmustern, wodurch etwas Neues entsteht.<br />

Beziehung wird hörbar. Die neue Szene verändert das "Insekt" und seine<br />

Bedeutung.<br />

Jetzt frage ich Tina, was das Ganze für sie bedeute, denn wir sind an einem Punkt<br />

angekommen, wo Erfasstes in seiner Bedeutung erkennbar werden kann. Erkennbar<br />

wurde für sie ein freches lebendiges Kind in ihr, das sich einerseits jedoch<br />

verkleiden muss, um seine Integrität wahren zu können, das andererseits aber auch<br />

den sterilen Part in Tina, d.h. das sterile emotionale häusliche Saubermannklima<br />

schockieren will. Tina fühlt sich darin ermutigt, dass sie sich eigentlich nicht mehr<br />

verkleiden muss.<br />

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