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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Psychosoziale Minderheiten<br />

Die Arbeitsgruppe „Musiktherapie“ im Europäischen Ver<strong>band</strong> für<br />

Psychotherapie (EAP) besteht seit 1997 und definiert die professionelle Identität im<br />

Sinne einer Psychotherapie, die primär im Medium der Musik vollzogen wird. Einen<br />

wesentlichen Teil ihrer Aufmerksamkeit widmete die Arbeitsgruppe der politischen<br />

Dimension psychotherapeutischer Arbeit, dem Recht auf Psychotherapie für<br />

jedermann. Daraus ergab sich die Teilnahme am EAP-Symposium über<br />

„Psychotherapie, Ethik und Menschenrechte“ in Straßburg 1999 ebenso wie die<br />

folgende Gemeinschaftsdarstellung beim 2. Weltkongreß für Psychotherapie 1999 in<br />

Wien:<br />

„Nach derzeit gängiger Lehrmeinung bedarf es für eine psychotherapeutische<br />

Behandlung auf Patientenseite an Einsichtsfähigkeit, Reflexionsfähigkeit,<br />

Verbalisierungsfähigkeit, Beziehungsfähigkeit sowie intellektueller Differenziertheit.<br />

Bevölkerungsgruppen ohne diese Fähigkeiten erhalten üblicherweise selten Zugang<br />

<strong>zur</strong> Psychotherapie. Auch die Krankenkassenregelungen lassen eine<br />

psychotherapeutische Behandlung der Menschen, die den oben genannten Kriterien<br />

nicht genügen, meist nicht zu. Wird eine psychotherapeutische Behandlung<br />

vielleicht nur dann für lohnenswert erklärt, wenn der/die PatientIn am Ende der<br />

Therapie als in allen Lebensbereichen selbständiger Mensch in die Gesellschaft<br />

<strong>zur</strong>ückgegliedert werden kann?<br />

Bislang wird die Indikationsdiskussion vorwiegend auf der Ebene der<br />

Vorgehensweise geführt: aufdeckend versus stützend-zudeckend,<br />

regressionsfördernd versus regressionsvermeidend u.a. Selten anzutreffen ist eine<br />

Indikationsdiskussion auf der Ebene des <strong>zur</strong> Interaktion verwendeten Mediums.<br />

Durch die bislang allzu ausschließliche Bezogenheit auf Sprache als grundlegendes<br />

Medium psychotherapeutischen Intervenierens werden Randgruppen, die weder<br />

ausreichend verbalisierungsfähig noch beziehungsfähig sind, ausgeschlossen von der<br />

psychotherapeutischen Versorgung. Wird für Teile der Bevölkerung ein<br />

psychotherapeutisches Behandlungsangebot nicht als selbstverständlich angesehen,<br />

so besteht die Gefahr, daß diese Randgruppen z.B. bei Geldknappheit innerhalb der<br />

Leistungsgesellschaft übersehen werden.<br />

Ändert man die Blickrichtung der Indikationsfrage auf das Medium der<br />

Intervention, so ergeben sich durch den Einsatz des präverbalen<br />

Interaktionsmediums "Klang" Möglichkeiten, den Bedürfnissen geistig Behinderter,<br />

Hirnverletzter, Psychotiker, gerontopsychiatrischer Patienten, dissozialer<br />

Jugendlicher, Autisten, Mutisten oder auch forensischer Patienten besser gerecht zu<br />

werden als bisher. Sie alle haben bei nicht vorhandenen reflexiven und/oder<br />

sprachlichen Möglichkeiten ein hohes Ausdrucks- und Beziehungsbedürfnis sowie<br />

einen erhöhten Regressions- und Katharsisbedarf. Wie häufig ringen gerade diese<br />

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