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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Die Macht der Musik<br />

Der Gruppenleiter ist hinsichtlich beruflicher Qualifikation Facharzt für Psychiatrie<br />

und Neurologie sowie individualpsychologischer Analytiker und somit Psychotherapeut<br />

nach dem Psychotherapiegesetz. Eine abgeschlossene musiktherapeutische<br />

Ausbildung besteht nicht, vielmehr wurden komplementär Seminare und Kurse<br />

besucht. Ein zusätzlicher Bezug zu nonverbalen Techniken besteht durch eine<br />

intensive Weiterbildung in einem körpertherapeutischen Verfahren. Die Cotherapeutin<br />

ist als Kreativtherapeutin angestellt und zudem im Bereich der Soziotherapie<br />

tätig.<br />

Sequenzen und Fallvignetten aus der praktischen Arbeit<br />

In der Eröffnungsphase der Gruppentherapie bekommen alle Patientinnen und<br />

Patienten den Auftrag, sich ein Instrument auszusuchen, welches zu ihnen passt, um<br />

sich damit akustisch vorzustellen. Während dieser Vorstellung sollen sich die anderen<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer <strong>zur</strong>ücklehnen und auf eigene Gefühle und<br />

innere Bilder achten, welche sie dem Protagonisten <strong>zur</strong> Verfügung stellen. Dieser<br />

soll dann berichten, wie er die Beiträge der anderen aufgenommen hat und wie er<br />

sein eigenes Spiel interpretieren würde. In einem gemeinsamen Reflexionsprozess<br />

soll versucht werden, einen Fokus zu formulieren, an welchem im fortlaufenden<br />

Prozess weitergearbeitet werden soll. Die ersten fünf Fallvignetten, die exemplarisch<br />

ausgewählt wurden, beginnen mit der Eröffnungssequenz, die letzten beiden mit<br />

späteren Phasen. Dabei handelt es sich um zwei verschiedene Patientengruppen.<br />

1. Zugang zu Trauer – Trost und Ermutigung durch die Gruppe<br />

Herr W. spielt bei seiner Vorstellung mit einem Schellenkranz, mit welchem er<br />

zunächst zaghaft, aber dann sehr konsequent einen einförmigen Rhythmus spielt:<br />

über lange Zeit sehr monoton und mechanisch, dann eine Unterbrechung, ein zaghafter<br />

neuerlicher Beginn, ein abgehacktes und schepperndes Spiel, das wiederum<br />

sehr lange dauert – nahezu schmerzhaft in seiner schrill-durchdringenden Monotonie.<br />

Schließlich verhallt das Schellengeräusch und die Gruppe verharrt lange in<br />

schweigsamer Betroffenheit. Herr R., 43 Jahre, um den es im Folgenden gehen wird,<br />

ist als angenommenes Kind in einer Bergbauernfamilie aufgewachsen und assoziiert<br />

eine Schafherde, die durch einen Gewittersturm gejagt wird. Die Schafe geraten in<br />

Angst und Panik an einen Abgrund, die meisten stürzen ab, was ihn selbst entsetzt<br />

und schockiert. Trost geben ihm die gelegentlich zu hörenden Klänge eines Windspiels,<br />

welches eine Mitpatientin auf ihren Knien hielt: „Es ist noch ein bisschen<br />

Leben da“. Es zeigt sich, dass Herr R. Gefühle von Trauer und Schmerz schlecht<br />

ertragen kann und Alkohol eingesetzt hat, um derartige Gefühle zu unterdrücken.<br />

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