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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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In illo tempore<br />

Am Beispiel der Psychoanalyse<br />

Die Psychoanalyse (und die auf sie gründenden psychotherapeutischen<br />

Verfahren) führt die geschichtliche und die individuelle Zeit ins Heilverfahren mit ein.<br />

Während bei archaischen Heilerfahrungen durch das Erzählen des jeweiligen<br />

Mythos mehr die „geschichtliche“ Zeit rücklaufend durchlaufen wird, steht im<br />

Buddhismus die „individuelle“ Zeit im Vordergrund. In der Analyse sind beide<br />

Zeiten von Bedeutung. Das für die damalige Zeit neue Verständnis von psychischer<br />

Krankheit beinhaltet seit Freud: der Kranke leidet an etwas. Und, um auf den Faktor<br />

Zeit zu kommen, dieses Etwas liegt in der Vergangenheit. Die „Ur“-Erfahrung des<br />

modernen westlichen Menschen liegt in seiner Kindheit. Der Kranke leidet nicht<br />

mehr aussschließlich durch Ursachen der Gegenwart wie etwa Viren, einem Unfall<br />

oder durch Vererbung, also durch objektive Vorfälle. Er leidet auch an den Folgen<br />

eines Traumas, welches in der Nähe seines (individuellen) Anfangs angesiedelt ist, in<br />

seiner Kindheit. Die Geschichte dieser Kindheit wird Vorbild für das Leben des<br />

Kranken, in dieser Geschichte entscheidet sich alles. Über dem Trauma liegt der<br />

Schleier des Unbewußten, so daß auch hier eine „Rückführung“ heilend ist. Der<br />

Kranke liegt und erzählt seine Lebensgeschichte. Er muß <strong>zur</strong>ück zu seinen<br />

Anfängen, die alten Schmerzen dem Nebel entreißen und sie durchleben. Für<br />

Menschen archaischer Kulturen ein vertrauter Vorgang, eine Heilung durch die<br />

Zeiten <strong>zur</strong>ück zu den Anfängen - hier zu der Geburt des jeweiligen Kranken. (Heute<br />

geht die Zeitreise weiter, längst werden vorgeburtliche „Ur“-Erfahrungen mit<br />

eingeschlossen).<br />

Jung erweiterte das Spektrum des individuellen Unbewußten um den Bereich des<br />

kollektiven Unbewußten. Dies sind psychische Strukturen, die der individuellen<br />

Seele vorausgehen. Diese Archetypen sind unpersönlich und erweitern den<br />

Zeithorizont in Richtung der Anfänge menschlicher Existenz.<br />

Abb. 4 Der Weg der Psychoanalyse<br />

der Patient kehrt erzählend <strong>zur</strong>ück in seine Kindheit zu den<br />

Anfängen des Traumas, er erlebt es wieder, es ist der Punkt in<br />

seinem Leben, wo sich alles entschieden hat.<br />

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