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wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

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Das Kriegstrauma und die Notwendigkeit des Ausdrucks<br />

Die Konstriktion ist die Vermeidung oder auch Erstarrung als Reaktion auf die<br />

Niederlage: „Ist man absolut machtlos und jeder Widerstand zwecklos, bleibt<br />

möglicherweise nur mehr die Kapitulation. Das Selbstverteidigungssystem bricht<br />

zusammen. Der oder die Ohnmächtige flieht nicht durch eine reale Handlung aus der<br />

betreffenden Situation, sondern durch eine Veränderung des<br />

Bewußtseinszustands.“(Herman 1993, S. 65) Die Ereignisse dringen zwar weiter ins<br />

Bewußtsein, aber scheinbar losgelöst von ihrer üblichen Bedeutung. Die<br />

Wahrnehmung ist möglicherweise eingeschränkt oder verzerrt, das<br />

Schmerzempfinden kann teilweise verloren gehen, bestimmte Sinneseindrücke<br />

werden nicht mehr regisitriert. Das Zeitgefühl kann verändert sein, oft wird das<br />

Ereignis wie in Zeitlupe erlebt, und die Erfahrung scheint für den Betroffenen in<br />

keinem Zusammenhang <strong>zur</strong> gewöhnlichen Realität zu stehen. „Vielleicht kommt es<br />

dem Opfer so vor, als wäre es von dem Ereignis gar nicht selbst betroffen, als stünde<br />

es außerhalb seines Körpers und schaute nur zu, als wäre die Erfahrung ein schlechter<br />

Traum, aus dem es bald erwacht. Diese Wahrnehmungsveränderungen gehen mit<br />

emotionaler Distanz und völliger Passivität einher, das Opfer gibt jede Initiative und<br />

Kampfbereitschaft auf.“(Herman 1993, S. 66)<br />

Zur Therapie Traumatisierter<br />

Die Behandlung traumatisierter Menschen setzt Erfahrung voraus und verlangt ein<br />

hohes Maß an Aufmerksamkeit und Sensibilität hinsichtlich der eigenen<br />

Gegenübertragungsreaktionen, denn Menschen mit solchen Schicksalen rufen oft<br />

Gefühle der Angst, Befangenheit oder auch Schuld hervor, die dann zu<br />

Gegenübertragungsreaktionen wie Vermeidung oder Überidentifikation führen<br />

können.<br />

Hinsichtlich psychotherapeutischer Sinngebung und inhaltlicher<br />

Arbeitsschwerpunkte führt Ringler (1993, S.21) die wesentlichen Grundgedanken in<br />

dem Beitrag „Flüchtlingsarbeit: eine menschliche und professionelle<br />

Herausforderung“ an. Sie zitiert Stoffels (1992) im Zusammenhang<br />

behandlungstechnischer Hinweise, demzufolge Psychotherapie für Verfolgungsopfer<br />

folgendermaßen beschaffen sein sollte: „Sie habe das Unzerstörbare im Opfer zu<br />

suchen und zu fördern bei Anerkennung der Grenzenlosigkeit des Leidens.“ Und<br />

etwas später: „Eine Fokussierung auf das Trauma müsse vermieden werden, denn es<br />

bestehe die Gefahr, pathologische Fixierungen fortzusetzen. Gerade wenn die<br />

traumatische Erfahrung alle anderen Wirklichkeitsbereiche okkupiert hat, darf der<br />

Psychotherapeut nicht zulassen, daß Gegenwart und Zukunft verblassen und das, was<br />

die prätraumatische Zeit an guten Erfahrungen in sich birgt, vergessen wird. Die<br />

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