29.05.2014 Aufrufe

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

wiener beiträge zur musiktherapie band 3 theorie ... - Praesens Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ELENA FITZTHUM<br />

Kraft beim Erzählen entfalten. In ihnen herrscht plötzlich eine solche Verdichtung<br />

von Schicksalen, daß ich ihnen mit Respekt folge und erschrecke bei dem<br />

Gedanken, welche Grausamkeiten der Mensch aushält. Hier gibt es kein happy end<br />

und selten Gerechtigkeit wie uns der Film, das Medium, dem wird heute am meisten<br />

ausgesetzt sind, immer wieder glauben machen will.<br />

Im Falle der Improvisationen denke ich mir immer: “Diese Musik müßte<br />

niedergeschrieben werden.“ Bei den Träumen denke ich mir: „Komisch, dieser<br />

Traum ist so genial, kein Schriftsteller käme je auf diese Idee.“ Bei den<br />

Lebensgeschichten drängen sich mir oft Vergleiche mit Werken der Literatur auf<br />

wie „ Schuld und Sühne“.<br />

Woran liegt das? Kann ich immer alles mit Gegenübertragung erklären, oder gibt<br />

es Motive, denen per se eine Kraft innewohnt? Gibt es Strukturen, die „heimlich“,<br />

weil noch nie von uns analysiert, am Prozess des Verdichtens beteiligt sind? Gibt es<br />

ein direktes Verhältnis von Sprache, Mythos und Musik? Was geschieht mit der<br />

Zeit, wenn wir improvisieren oder von Träumen und Leben erzählen? Auf der<br />

Suche nach Erklärungsmodellen mußte ich, wie so oft in der Musiktherapie, wenn<br />

es um ihre theoretische Untermauerung geht, Anleihen in den sogenannten<br />

Nachbarschaftsdisziplinen machen. Ich habe mich um ein nachbarschaftliches<br />

Verhältnis bemüht, daß sich für die Musiktherapie a prima vista nicht aufdrängt, ich<br />

bin also um einige Häuserblocks weitergelaufen als wir es gewohnt sind.<br />

Viele Antworten erhielt ich bei dem Religionswissenschaftler Mircea Eliade und<br />

bei Claude Lévi-Strauss, dem Anthropologen und Wegbereiter der modernen<br />

strukturalen Anthropologie. Zwischendurch klopfte oft ein alter „naher“ Nachbar<br />

an meine Türe und half mit bei der Integration all dessen - es war C. G. Jung.<br />

Eine Gelegenheit, mich mit diesen schwierigen Fragen auseinanderzusetzen bot<br />

mir der 2. Weltkongress für Psychotherapie 1999 in Wien, der unter dem Motto „<br />

Mythos und Traum“ stand.<br />

Ein Modell der Gemeinsamkeiten: die Strukturanalyse<br />

von C. Lèvi-Strauss<br />

Was haben Sprache, Mythos und Musik gemeinsam? Als MusiktherapeutIn ist<br />

der Gedankenvorgang vertraut, sich mit dem Trennenden von Musik und Sprache<br />

auseinanderzusetzen. Das Ziel dieses Vorganges scheint oft der vordergründige<br />

Beweis dafür zu sein, das Musik besseres als Sprache im therapeutischen Kontext zu<br />

leisten weiß, zumindest spezifischeres. Ohne auf diese Diskussion einzugehen,<br />

sondern vielmehr der nicht beliebten Tatsache Rechnung tragend, daß innerhalb der<br />

Musiktherapie ein großer, vielleicht sogar überwiegender Teil aus narrativen<br />

140

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!