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Scientology - Wie der Sektenkonzern die Welt erobern will - Projekt ...

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Doch <strong>Scientology</strong> ging in Berufung. Als das Bundesverwaltungsgericht dann<br />

in einem wegweisenden Grundsatzurteil am 16. Februar 1995 feststellte, dass<br />

es sich bei <strong>Scientology</strong> tatsächlich um einen »Gewerbebetrieb mit Gewinnabsicht«<br />

handelt - da war Ursula Caberta am Ziel. Nach dem Urteil musste<br />

<strong>die</strong> Sekte, <strong>die</strong> am liebsten unsichtbar und steuersparend Geld ver<strong>die</strong>nt, alle<br />

offiziellen Filialen als Gewerbe anmelden und <strong>die</strong> Profite aus ihren Buchverkäufen<br />

und Psychokursen versteuern. 69<br />

Ebenso hart traf sie <strong>der</strong> Beschluss des<br />

Bundesarbeitsgerichtes nur einen Monat später. Ein ehemaliger Mitarbeiter<br />

aus Hamburg hatte <strong>Scientology</strong> auf normale Gehaltszahlung verklagt. Solange<br />

er im Bann <strong>der</strong> Gruppe stand, hatte er in seiner Org bis zu hun<strong>der</strong>t Stunden<br />

wöchentlich für ein Taschengeld geschuftet, denn zum Geldmachen gehört<br />

beim <strong>Sektenkonzern</strong> vor allem <strong>die</strong> Ausbeutung <strong>der</strong> eigenen Mitarbeiter.<br />

Doch auch für <strong>Scientology</strong>, befanden <strong>die</strong> Kasseler Richter, gelte das deutsche<br />

Arbeitsrecht. 70<br />

Interessanterweise stellten sie fest, dass deutsche Gerichte das<br />

Recht haben zu entscheiden, ob eine Organisation als Religionsgemeinschaft<br />

bezeichnet werden kann o<strong>der</strong> nicht. Und sie entschieden selbst: »Der Beklagte<br />

(<strong>Scientology</strong>, d.A.) ist keine Religions- o<strong>der</strong> <strong>Welt</strong>anschauungsgemeinschaft.«<br />

Begründung: »Dienen <strong>die</strong> religiösen o<strong>der</strong> weltanschaulichen Lehren nur als<br />

Vorwand für <strong>die</strong> Verfolgung wirtschaftlicher Ziele, kann von einer Religionso<strong>der</strong><br />

<strong>Welt</strong>anschauungsgemeinschaft im Sinne ... des Grundgesetzes ... nicht<br />

mehr gesprochen werden (...).« Denn <strong>Scientology</strong> sei »eine Institution zur<br />

Vermarktung bestimmter Erzeugnisse.« 71<br />

Dies war bereits <strong>die</strong> zweite höchstrichterliche<br />

Entscheidung in Deutschland, wonach es sich bei <strong>Scientology</strong><br />

nicht um eine Religion handele, son<strong>der</strong>n um ein Wirtschaftsunternehmen. In<br />

<strong>der</strong> eigentlichen Sache bedeutete das Urteil, dass <strong>die</strong> Sekte ihren Mitarbeitern<br />

übliche Gehälter und <strong>die</strong> Sozialversicherung bezahlen musste - im Prinzip<br />

jedenfalls.<br />

Das Problem ist nur, dass sich nicht alle Gerichte an <strong>die</strong>ses richtungsweisende<br />

Urteil halten (müssen) und viele Kläger nicht über das Geld verfügen,<br />

den Instanzenweg bis zum Ende durchzufechten. Ohnehin muss, wer sein<br />

Recht <strong>will</strong>, es vor Gericht einklagen, und das traut sich eben nicht je<strong>der</strong>. Die<br />

Rechtsunsicherheit aber hängt vor allem damit zusammen, dass ein Schlüsselproblem<br />

im Umgang mit <strong>Scientology</strong> bis heute ungelöst ist: <strong>die</strong> Frage <strong>der</strong><br />

»Frei<strong>will</strong>igkeit«. Schließlich wird hierzulande niemand gezwungen, sich einer<br />

totalitären Sekte anzuschließen (mit <strong>der</strong> entscheidenden, bisher viel zu wenig<br />

beachteten Ausnahme <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> von Sektierern). Die unterstellte Frei<strong>will</strong>igkeit<br />

aber führt dazu, dass es praktisch keine gerichtsverwertbaren Nachweise<br />

für Ausbeutung, Sklavenarbeit und Freiheitsberaubung gibt. Sie ist auch <strong>der</strong><br />

Grund dafür, dass Polizeiermittler und Gerichte de facto nicht feststellen können,<br />

ob Straftaten von <strong>der</strong> Organisation befohlen wurden, ob <strong>die</strong> Täter systematisch<br />

dazu gedrillt o<strong>der</strong> gezwungen wurden - o<strong>der</strong> ob sie selbst schuld da-<br />

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