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Scientology - Wie der Sektenkonzern die Welt erobern will - Projekt ...

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Politologe Hans-Gerd Jaschke 1995 in einem Gutachten über <strong>Scientology</strong> für<br />

<strong>die</strong> nordrhein-westfälische Landesregierung in Düsseldorf. Die Organisation,<br />

so Jaschke, sei ein »antidemokratischer Führerkult« mit militanten Zügen und<br />

erheblichem Gewaltpotential - eine Art »fundamentalistische Staatsreligion«,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> einheitliche Führung <strong>der</strong> Menschheit nach ihren Prinzipien anstrebe<br />

und in <strong>der</strong> jeweils zur Verfügung stehenden Machtsphäre auch bedingungslos<br />

durchsetze: Missachtung <strong>der</strong> Menschenrechte, keine Meinungsfreiheit, Ablehnung<br />

des Parlamentarismus. Neu an <strong>Scientology</strong> und ähnlichen Organisationen<br />

sei, dass sie <strong>die</strong> Macht und <strong>die</strong> Verän<strong>der</strong>ung des Denkens nicht auf dem<br />

klassischen Weg über eine politische Partei, son<strong>der</strong>n im religiösen Gewand<br />

und mit wirtschaftlichem Einfluss betrieben. 10<br />

Jaschkes Urteil wurde später in<br />

zahlreichen weiteren Gutachten aufgegriffen und bestätigt - auch in an<strong>der</strong>en<br />

europäischen Län<strong>der</strong>n wie Frankreich, Belgien o<strong>der</strong> Luxemburg.<br />

Das Misstrauen in Westeuropa verstärkte sich beson<strong>der</strong>s gegenüber <strong>Scientology</strong>,<br />

als <strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong> sich in verschiedenen Län<strong>der</strong>n des Kontinents in<br />

einer schier endlos erscheinenden Kette von Strafprozessen massiven Vorwürfen<br />

stellen mussten. Das bedeutendste Strafverfahren fand im zentralfranzösischen<br />

Lyon statt. 11<br />

Dieser Prozess, dessen Ursachen noch in <strong>die</strong> 80er<br />

Jahre zurückreichen, sollte das Bild von <strong>Scientology</strong> in <strong>der</strong> französischen (und<br />

europäischen) Öffentlichkeit entscheidend prägen. Der 31-jährige technische<br />

Zeichner Patrice Vic hatte sich am Abend des 24. März 1988 aus seiner Wohnung<br />

im zwölften Stockwerk in den Tod gestürzt. Vic hatte kein Geld mehr,<br />

seine teuren <strong>Scientology</strong>-Kurse und den Reinigungs-Rundown zu bezahlen. Als<br />

seine Frau sich weigerte, einen gemeinsamen Kredit aufzunehmen, trat er ans<br />

Fenster und sprang. Die Witwe, Nelly Vic, erstattete daraufhin Anzeige wegen<br />

fahrlässiger Tötung. Im Sommer 1990 durchsuchte <strong>die</strong> Polizei Wohnungen<br />

und Geschäftsstellen <strong>der</strong> führenden Scientologen in Lyon und Paris wegen<br />

illegaler Ausübung des Medizinerberufs, Betrugs und vorsätzlicher Gewaltanwendung.<br />

Eine Reihe französischer Top-Scientologen wan<strong>der</strong>te in Untersuchungshaft,<br />

darunter Daniele Gounord, <strong>Scientology</strong>-Sprecherin aus Paris,<br />

Jean-Paul Chapellet vom Geheim<strong>die</strong>nst OSA und Jean-Jacques Mazier, <strong>der</strong> Leiter<br />

<strong>der</strong> <strong>Scientology</strong>-Orgin Lyon. Sie wurden aber bald wie<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Haft entlassen,<br />

und es dauerte sechs Jahre, bis im Oktober 1996 das Gerichtsverfahren<br />

in Lyon begann. Die Anklage gegen insgesamt 23 Scientologen reichte von<br />

fahrlässiger Tötung und Unterschlagung bis hin zu Betrug. 60 Zeugen wurden<br />

geladen. Nach sieben Verhandlungstagen for<strong>der</strong>te Staatsanwalt Thierry<br />

Ricard drei Jahre Haft mit Bewährung für den Lyoner <strong>Scientology</strong>-Boss Jean-<br />

Jacques Mazier, weil er Patrice Vic in den Suizid getrieben habe.<br />

Die lange Zeit bis zur Prozesseröffnung hatten <strong>die</strong> Scientologen auf ihre<br />

Weise genutzt. Von ursprünglich 30 Nebenklägern zogen sich 25 bis zum Prozessbeginn<br />

zurück. »In alter Mafiatradition erkaufte <strong>Scientology</strong> ihr Schwei-<br />

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