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Scientology - Wie der Sektenkonzern die Welt erobern will - Projekt ...

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dete, blieb er »<strong>die</strong> graue Eminenz« <strong>der</strong> Sekte in <strong>Wie</strong>n. Er wusste alles, was<br />

wichtig war. Er hatte Menschen abhängig gemacht und dann »ausgequetscht<br />

wie eine Zitrone«. So sagte er das. Er war <strong>der</strong> höchstrangige europäische<br />

Scientologe, <strong>der</strong> jemals ausstieg und darüber redete - und <strong>der</strong> auch <strong>die</strong> eigene<br />

Schuld schonungslos eingestand. »Ich war ein Täter«, sagte Handl. »Ich habe<br />

Menschen weh getan. Ich war ein Parteisoldat in einem faschistischen System.«<br />

Fünf Jahre zuvor habe <strong>die</strong> Zentrale in Amerika eine neue Linie für Europa<br />

ausgegeben, erzählte Handl - weil das Image am Nullpunkt war, nachdem<br />

<strong>Scientology</strong> in Frankreich als gefährliche Sekte eingestuft worden war und in<br />

Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. »Wir bekamen Or<strong>der</strong>,<br />

ab sofort werden Kritiker nicht mehr verklagt und bedroht. Nun wurde auf<br />

Lobbying gesetzt. Auf ein positives Image. Auf <strong>Scientology</strong>, den Hollywood-<br />

Star-Club.« Die neue Taktik funktionierte. Die Berichte in <strong>der</strong> Presse wurden<br />

positiver, vor allem dank dem Vorzeige-Scientologen Tom Cruise. »Das ist aber<br />

reine Public Relations«, sagte Handl. »Der Wolf hat Kreide gefressen.«<br />

Im Sommer 2001 fiel Wilfried Handl um. »Einfach so, aus heiterem Himmel«,<br />

sagte er. Er hustete Blut, legte sich ins Bett und glaubte an eine Grippe.<br />

Er wurde schwächer und schwächer, das Blut ignorierte er. Nach 14 Tagen besuchte<br />

ihn eine alte Freundin, Angelika, <strong>die</strong> ihn von früher kannte. Sie erschrak,<br />

als sie ihn sah, und rief sofort den Notarzt. Die Ärzte diagnostizierten<br />

Krebs. Die Metastasen wucherten in seiner Lunge, im Bauch, im Kopf.<br />

»Sie sagten, meine Überlebenschance sei eins zu 99 - optimistisch gesehen.«<br />

Als er nach <strong>der</strong> ersten Chemotherapie »wie aus einer Betäubung« aufwachte,<br />

drangen Gedanken in sein Bewusstsein, <strong>die</strong> er früher nie zugelassen hatte.<br />

»Ich hatte ja erstmals Zeit, in Ruhe über mein Leben nachzudenken«, sagte<br />

Handl. <strong>Wie</strong> kann es nur sein, dachte er da, dass ich krank bin? Er glaubte ja,<br />

als Scientologe clear zu sein, unbesiegbar und unsterblich. Doch jetzt ließ es<br />

sich nicht mehr ignorieren. Der Krebs war überall. Er konnte ihn sehen auf<br />

den Röntgenbil<strong>der</strong>n. Er konnte ihn spüren in seinem Körper, <strong>der</strong> fast bis aufs<br />

Skelett abgemagert war. Handl begann zu grübeln. Er dachte beson<strong>der</strong>s über<br />

den <strong>Scientology</strong>-Lehrsatz nach: »Hinter je<strong>der</strong> Krankheit steckt das eigene böse<br />

Tun, sonst wäre man nicht krank.« Plötzlich spürte er so deutlich wie nie zuvor,<br />

dass in seinem Leben etwas nicht stimmte. »Und mein Leben, das war<br />

halt <strong>Scientology</strong>.« So dachte Wilfried Handl. Und auf einmal wusste er, was zu<br />

tun war. »Da bin ich ausgestiegen.«<br />

Eingestiegen war Wilfried Handl im Jahr 1974. Damals war <strong>der</strong> gelernte<br />

Industriekaufmann 20 Jahre alt, er suchte nach einem Sinn im Leben. Eine<br />

Freundin nahm ihn mit in <strong>die</strong> <strong>Wie</strong>ner <strong>Scientology</strong>-Mission, wo <strong>der</strong> Maler Gottfried<br />

Heinwein mitmachte und auch viele an<strong>der</strong>e Künstler Kurse belegten.<br />

Dort starrte man sich stundenlang in <strong>die</strong> Augen. »Ich habe dabei viele hüb-<br />

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