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Scientology - Wie der Sektenkonzern die Welt erobern will - Projekt ...

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sehe Frauen kennengelernt, das gefiel mir«, erzählte Handl. Er schil<strong>der</strong>te <strong>die</strong><br />

Scientologen als intelligente Menschen, <strong>die</strong> immer freundlich waren. »Dass<br />

wir innerlich immer kälter wurden, das habe ich damals nicht bemerkt.« Man<br />

rutschte da so rein. Erst mussten Aschenbecher angebrüllt werden, dann Menschen.<br />

Bald hatte Handl seine Freunde entwe<strong>der</strong> zu <strong>Scientology</strong> gebracht o<strong>der</strong><br />

sich von ihnen getrennt. Er erwies sich als äußerst <strong>Scientology</strong>-kompatibel, er<br />

war hart und durchsetzungsfähig. 1979 wurde er Leiten<strong>der</strong> Direktor in <strong>Wie</strong>n.<br />

»Ich genoss <strong>die</strong> Macht, <strong>die</strong> ich hatte«, sagte er. »Dieses Gefühl, dass ich mit<br />

den an<strong>der</strong>en alles machen konnte.« Später wurde er geschasst, als Verräter<br />

verdächtigt, wie<strong>der</strong> rehabilitiert, er musste Strafarbeiten verrichten und war<br />

doch immer wie<strong>der</strong> zurückgekehrt. Warum? Weil <strong>Scientology</strong> ähnlich wie eine<br />

Droge funktioniert, sagte Handl. »Schlimmer noch, denn <strong>der</strong> Heroinabhängige<br />

weiß wenigstens, dass er abhängig ist.«<br />

Handl rauchte viel, trotz <strong>der</strong> kaputten Lunge. Im Berliner Cafe erzählte er<br />

von Nötigung, von psychischer Gewalt, von Erpressung. Von Suchtrupps, <strong>die</strong><br />

er rausschickte, wenn ein Scientologe es wagte, <strong>die</strong> Sekte zu verlassen. Von<br />

Verhören mit o<strong>der</strong> ohne E-Meter. »Ich selbst führte oft fünf Verhöre am Tag«,<br />

sagte er. Er habe Mitglie<strong>der</strong> gezwungen, alles zu erzählen, Sünden, unkeusche<br />

Gedanken, Homosexualität. »Wir haben den gläsernen Menschen geschaffen«,<br />

sagte Handl. Und worum ging es dabei vor allem? »Geld. Es ging immer<br />

um Geld. Und darum, wie man den Einfluss von <strong>Scientology</strong> ausweitet.«<br />

Einmal, in den goern, wurde er selbst eine ganze Nacht lang bearbeitet, um<br />

40000 Dollar zu spenden. »Am Ende gab ich nach. Sie haben sogar ungedeckte<br />

Schecks akzeptiert.« Handl selbst machte es genauso, er nötigte Mitarbeiter<br />

mit eiserner Faust zum Spenden. Er leitete Veranstaltungen, bei denen<br />

200 Scientologen in einem Raum saßen, dessen Türen verschlossen waren.<br />

»Raus kam nur, wer zahlte.« Mal ging es um 2000 Dollar, mal um 20000.<br />

Über <strong>die</strong> Jahre gesehen, ging es um Millionen. Skrupel hatte Handl nie. Er<br />

arbeitete ja für das höhere Ziel: <strong>die</strong> »Klärung des Planeten«. In den 90er Jahren<br />

half er, den <strong>Scientology</strong>-Vormarsch nach Osteuropa zu organisieren, nach<br />

Ungarn und in <strong>die</strong> Slowakei. Er sprach vom Verkauf <strong>der</strong> <strong>Scientology</strong>-Seminare<br />

als »effektiver Managementtechnik« und hatte damit Erfolg. »Das Interesse<br />

war riesig. Die Wirtschaft griff gierig danach«, sagte Handl.<br />

Heute würde Handl gern seine geschiedene Frau aus <strong>der</strong> Sekte holen, <strong>die</strong><br />

er vor mehr als zwanzig Jahren selbst rekrutiert hatte. Aber sie wohnt mit den<br />

zwei jüngeren Söhnen jetzt in Amerika, und ihr neuer Mann ist ein Scientologe,<br />

<strong>der</strong> den Kin<strong>der</strong>n den Kontakt zum Vater untersagt. Wilfried Handl, <strong>der</strong><br />

von Sozialhilfe lebt, hat nicht einmal das Geld für ein Flugticket. Und er arbeitet<br />

immer noch an seinem eigenen Entzug. »Es ist noch so viel <strong>Scientology</strong> in<br />

mir«, sagt er im Frühjahr 2008. Immerhin sei er jetzt schon wie<strong>der</strong> »zu etwa<br />

75 Prozent Mensch und nur noch zu 25 Prozent Scientologe«.<br />

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