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Scientology - Wie der Sektenkonzern die Welt erobern will - Projekt ...

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geht bei Rot über <strong>die</strong> Ampel, und je<strong>der</strong> nennt jeden >SirSir<<br />

eine Frau ist.« 6<br />

Niemand läuft längere Strecken - in <strong>die</strong>sem Fall stoppt <strong>der</strong><br />

Bus. Mittags eilen <strong>die</strong> Arbeitstruppen <strong>der</strong> Psychosekte in ihre Kantinen, langsam<br />

geht keiner, dazu ist keine Zeit. »So schnell, wie sie auftauchten, sind <strong>die</strong><br />

Sektenleute auch schon wie<strong>der</strong> verschwunden: in versteckten Hintereingängen,<br />

einer dunklen Garage o<strong>der</strong> einer Tür in einem Hinterhof«, schrieb <strong>der</strong><br />

Spiegel. 7<br />

Diese uniformierte Masse Mensch, <strong>die</strong> mit starrem Blick nach vorn<br />

wie ferngesteuert durch Clearwater zirkuliert, gehört zur absoluten Elite von<br />

<strong>Scientology</strong> - zur Sea Org, <strong>die</strong> Aussteiger wie Andre Tabayoyon mit Hitlers<br />

Gestapo vergleichen. 8<br />

Downtown Clearwater ist ihr wichtigstes Revier. Ihre<br />

Machtbasis.<br />

Als wir im Sommer 1991 nach Clearwater kamen, gab es <strong>die</strong> Kleinbusse<br />

noch nicht. Schon damals aber waren sich Lokal Journalisten nicht mehr<br />

sicher, ob <strong>die</strong> Stadt noch Gastgeber o<strong>der</strong> lediglich geduldete Untermieterin<br />

des Psychomultis war. Dessen »technisches« Hauptquartier, militärisch knapp<br />

Flag genannt, hatten <strong>die</strong> Sektenleute in dem alten viktorianischen Hotel »Fort<br />

Harrison« untergebracht, einem eindrucksvollen, zehnstöckigen Gebäude gegenüber<br />

einem riesigen Parkplatz. An<strong>der</strong>s als heute war <strong>die</strong> Straße vor dem<br />

prächtig restaurierten Hotel durchaus belebt, mit Dutzenden von Sea-Org-Leuten,<br />

<strong>der</strong>en Aufzug auf uns zu jener Zeit wie <strong>die</strong> Berufskleidung von Schiffsstewards<br />

wirkte. Es war wie in einem Marinehafen, nur dass es dort keinen<br />

Hafen gab. Merkwürdig war <strong>die</strong> Eile, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Menschen an den Tag legten,<br />

als hätten sie eine wichtige Mission. Sie bewegten sich irgendwie lautlos, und<br />

viele rauchten Zigaretten, was beson<strong>der</strong>s auffiel, da es in den USA schon damals<br />

verpönt war. Sie wirkten ernst, humorlos, unkommunikativ. Es war eine<br />

unwirkliche Umgebung - heiß, drückend, still, und dazu <strong>die</strong>se seltsamen<br />

Menschen.<br />

Direkt hinter dem »Fort Harrison« befand sich <strong>die</strong> City Hall, das Rathaus<br />

von Clearwater. Das Sektengelände selbst war von hohen weißen Mauern umgeben.<br />

An <strong>der</strong> Rückfront gab es eine Art Wachplattform, Sichtblenden, Videokameras<br />

und Stacheldraht. Eines <strong>der</strong> Gebäude schien ein Parkhaus zu sein.<br />

Wir waren mit <strong>der</strong> Idee gekommen, uns als Touristen auszugeben und um<br />

eine Führung zu bitten. Wir betraten das ehemalige Hotel durch eine geöffnete<br />

Flügeltür. Im Innern be<strong>die</strong>nte sich <strong>der</strong> <strong>Scientology</strong>-Kult einer eigenartigen<br />

Fünfziger-Jahre-Retroästhetik, <strong>die</strong> perfekt zu <strong>der</strong> Science-Fiction-<strong>Welt</strong> L.<br />

Ron Hubbards passte: grüner Marmor, ein nierenförmiger Swimmingpool,<br />

Bronzebüsten des »Grün<strong>der</strong>s«, <strong>die</strong> aussahen wie Abbil<strong>der</strong> Roosevelts. Die<br />

Menschen, <strong>die</strong> hierherkamen, um ihre Thetanen-Kxxrse zu absolvieren, wirkten<br />

auf uns wie Spezialisten auf Dienstreise, alle ein wenig unterkühlt. Und zwischen<br />

ihnen, robotergleich, <strong>die</strong> Sea-Org-Leute in ihren dunkelblauen Marineuniformen.<br />

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