Lebenslagen in Deutschland - Bundesministerium für Arbeit und ...
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Der <strong>in</strong>stitutionelle Ansatz<br />
Der <strong>in</strong>stitutionelle Ansatz bietet e<strong>in</strong>e alternative Möglichkeit zur Bestimmung e<strong>in</strong>es M<strong>in</strong>deststandards.<br />
Dabei wird der Anteil der „bekämpften Armut“ mittels normativer Setzungen des<br />
Gesetzgebers def<strong>in</strong>iert. Um Armut zu bekämpfen, wird im deutschen Recht e<strong>in</strong> soziokulturelles<br />
Existenzm<strong>in</strong>imum festgelegt. Die Regelsätze der Transferleistungen im Rahmen<br />
des Sozialrechts werden anhand der Konsumausgaben der unteren E<strong>in</strong>kommensgruppen, die<br />
aus der E<strong>in</strong>kommens- <strong>und</strong> Verbrauchsstichprobe entnommen werden, berechnet. Aus der<br />
Sichtweise des <strong>in</strong>stitutionellen Ansatzes besteht die „bekämpfte Armut“ aus „Bedürftigen“,<br />
die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können <strong>und</strong> aus diesem Gr<strong>und</strong><br />
Anspruch auf staatliche Transferleistungen haben. Die hier vorgelegte Studie nutzt diesen<br />
<strong>in</strong>stitutionellen Ansatz <strong>für</strong> Personen im erwerbsfähigen Alter, <strong>in</strong>dem Analysen zur Ausstiegsdynamik<br />
aus dem <strong>Arbeit</strong>slosengeld II-Bezug vorgelegt werden.<br />
Obgleich der <strong>in</strong>stitutionelle Ansatz wie der Ressourcenansatz auf dem zur Verfügung<br />
stehenden E<strong>in</strong>kommen basieren, gibt es wesentliche Unterschiede. Der Gesetzgeber gewichtet<br />
die Bedarfe <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Haushaltszusammensetzung anders: Die Leistungen <strong>für</strong><br />
weitere Personen <strong>in</strong> der Bedarfsgeme<strong>in</strong>schaft s<strong>in</strong>d daher deutlich höher. E<strong>in</strong>e zweite erwachsene<br />
Person ab 18 Jahren im Haushalt hat immerh<strong>in</strong> noch Anspruch auf rechnerisch 90% des<br />
Regelbedarfs der ersten Person. M<strong>in</strong>derjährige erhalten gestaffelt nach dem Lebensalter rechnerisch<br />
zwischen 60% <strong>und</strong> 80% dieses Regelbedarfs. Daneben werden im SGB II <strong>und</strong> SGB<br />
XII die Kosten der Unterkunft, soweit angemessen, <strong>in</strong> der tatsächlich anfallenden Höhe <strong>und</strong><br />
der Krankenversicherungsschutz übernommen. Zusätzlich erhalten K<strong>in</strong>der <strong>und</strong> Jugendliche<br />
Leistungen aus dem seit 1.1.2011 e<strong>in</strong>geführten Bildungs- <strong>und</strong> Teilhabepaket. Empirisch zeigt<br />
sich, dass es zwar e<strong>in</strong>e Schnittmenge von Haushalten gibt, die nach dem Ressourcen- <strong>und</strong><br />
dem <strong>in</strong>stitutionellen Ansatz als arm zu bezeichnen s<strong>in</strong>d, aber ke<strong>in</strong>e Übere<strong>in</strong>stimmung (vgl.<br />
Bruckmeier et al. 2010).<br />
Der Lebensstandardansatz<br />
In mehreren Untersuchungen konnten Deprivationserfahrungen auch oberhalb der Grenzen<br />
relativer E<strong>in</strong>kommensarmut festgestellt werden (z.B. Hüb<strong>in</strong>ger 1996). Somit kann nicht<br />
zwangsläufig von der Ressourcensituation auf die Wohlfahrt von Personen <strong>und</strong> Haushalten<br />
geschlossen werden (u.a. Halleröd <strong>und</strong> Larsson 2008). Aus diesem Bef<strong>und</strong> wird ersichtlich,<br />
dass Armut nicht ausschließlich über das verfügbare E<strong>in</strong>kommen gemessen werden sollte, da<br />
durch dieses Schulden, Ersparnisse oder Immobilien meist nicht erfasst werden. So zeigen<br />
empirische Untersuchungen, dass Personen mit e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen E<strong>in</strong>kommen ihren Lebensstandard<br />
nach e<strong>in</strong>em sozialen Abstieg oft noch über e<strong>in</strong>en gewissen Zeitraum aufrechterhalten<br />
können (z.B. Ruggles <strong>und</strong> Williams 1989). Aber auch Netzwerke, Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Bekannte leisten<br />
e<strong>in</strong>en Beitrag zur wahrgenommenen Armut. Um dieser Mehrdimensionalität von Armut<br />
gerecht zu werden, wurden im Rahmen der Armutsforschung Erklärungsansätze entwickelt,<br />
die die Unterversorgung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vielzahl von Lebensbereichen erfassen.<br />
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