Lebenslagen in Deutschland - Bundesministerium für Arbeit und ...
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Im Durchschnitt positionieren sich die Befragten <strong>in</strong> der Mitte des gesellschaftlichen<br />
Rank<strong>in</strong>gs. Frauen positionieren sich im Durchschnitt so, dass sich 53 Prozent der Bevölkerung<br />
unterhalb ihrer eigenen Stellung bef<strong>in</strong>den <strong>und</strong> Männer sehen 54 Prozent der Bevölkerung<br />
unter sich. Ostdeutsche Frauen <strong>und</strong> Männer verorten sich durchschnittlich weiter unten<br />
als westdeutsche Frauen <strong>und</strong> Männer. Allerd<strong>in</strong>gs bef<strong>in</strong>den sich alle Gruppen noch immer <strong>in</strong><br />
der gesellschaftlichen Mitte. Im Westen <strong>Deutschland</strong>s sehen Männer <strong>und</strong> Frauen 56 Prozent<br />
der Bevölkerung unter sich <strong>und</strong> im Osten 47 Prozent (Männer) bzw. 45 Prozent (Frauen).<br />
Auf den ersten Blich ist die Wahrnehmung der Befragten also eher mittelschichtorientiert.<br />
Dies ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Sozialforschung bekanntes Phänomen. Die Sozialpsychologie verweist<br />
<strong>in</strong> diesem Zusammenhang auf die Neigung der Menschen zur Aufrechterhaltung e<strong>in</strong>er positiven<br />
Identität (z.B. Tajfel/Turner <strong>in</strong> Schiffmann/ Wickl<strong>und</strong> 1988). Dies geschieht zum Beispiel<br />
durch e<strong>in</strong>en Vergleich „nach unten“, der dazu führt, dass sich auch solche Menschen <strong>in</strong> der<br />
Mitte der Gesellschaft sehen, deren sozioökonomische Ausstattung sie eigentlich auf die unteren<br />
Plätze der Verteilung verweist: „ … the proverbial way mak<strong>in</strong>g oneself conscious of one’s<br />
advantages ist to contrast one’s situation with that of others worse off than oneself“ (Runicam<br />
1966:9 <strong>in</strong> Sachweh 2010:43). E<strong>in</strong>e ähnliche Argumentation wird <strong>in</strong> der Referenzgruppentheorie<br />
vorgebracht. Der zur Folge beurteilen die Menschen ihre eigene Lebenssituation immer im<br />
Vergleich zu anderen. Als Referenzgruppe dient dabei eher das eigene Milieu als die gesamte<br />
Gesellschaft <strong>und</strong> da sich die meisten Individuen <strong>in</strong> sozial homogenen Gruppen bewegen, empf<strong>in</strong>den<br />
sie ihre eigene Lage im Vergleich zu ihren Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Verwandten als mittelmäßig<br />
(Evans/Kelley 2004). Wie Evans/Kelley (2004) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationalen Vergleich herausarbeiten,<br />
bleibt die Selbste<strong>in</strong>schätzungen von Individuen dennoch nicht vollkommen unabhängig<br />
von soziökonomischen Faktoren, sondern unterscheidet sich <strong>in</strong> Abhängigkeit von Bildung<br />
oder E<strong>in</strong>kommen (Evans/Kelley 2004). Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d diese Unterschiede graduell <strong>und</strong> nicht<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich, das heißt Personen mit z.B. ger<strong>in</strong>gem Ausbildungsniveau positionieren sich<br />
tiefer als andere, aber noch immer s<strong>in</strong>d sie näher an der Mitte als am Rande der Gesellschaft.<br />
Betrachten wir nun <strong>in</strong> den vorliegenden Studien die Selbste<strong>in</strong>schätzung <strong>in</strong> Abhängigkeit<br />
von solchen sozioökonomischen Merkmalen, so sehen auch wir deutliche Unterschiede<br />
zwischen den Befragten. Die durchschnittliche Positionierung der Individuen unterscheidet<br />
sich nicht nur danach, welcher E<strong>in</strong>kommensgruppe sie angehören, sondern auch danach, über<br />
welches Ausbildungsniveau sie verfügen (siehe Tabelle 25). So positionieren sich Befragte<br />
der oberen <strong>und</strong> mittleren E<strong>in</strong>kommensschicht auch tatsächlich etwas oberhalb der Mitte bzw.<br />
<strong>in</strong> der Mitte, während die untere E<strong>in</strong>kommensschicht ganz realistisch im unteren Drittel der<br />
Verteilung bleibt. Im E<strong>in</strong>zelnen zeigen sich Unterschiede vor allem dar<strong>in</strong>, ob die Befragten zu<br />
den Erwerbstätigen zählen <strong>und</strong> nicht im Leistungsbezug stehen oder ob sie Leistungen aus<br />
ALG I <strong>und</strong> im Besonderen ALG II beziehen. Im Vergleich zu allen anderen dargestellten<br />
Gruppen schätzen Männer <strong>und</strong> Frauen, die <strong>Arbeit</strong>slosengeld II erhalten, ihre Position <strong>in</strong> der<br />
Gesellschaft am tiefsten e<strong>in</strong>.<br />
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