Lebenslagen in Deutschland - Bundesministerium für Arbeit und ...
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8.3 Soziale Mobilität<br />
Soziale Mobilität bedeutet die Bewegung e<strong>in</strong>er Person von e<strong>in</strong>er „Position“ <strong>in</strong> der gesellschaftlichen<br />
Ordnung auf e<strong>in</strong>e andere. Soziale Mobilität ist damit Ausdruck der Offenheit<br />
e<strong>in</strong>er Gesellschaft, der Durchlässigkeit e<strong>in</strong>er Sozialstruktur. Dabei kann soziale Mobilität soziale<br />
Aufstiege oder soziale Abstiege me<strong>in</strong>en, es s<strong>in</strong>d aber auch horizontale Bewegungen<br />
denkbar, die an der hierarchischen Verortung e<strong>in</strong>es Individuums <strong>in</strong> der Gesellschaft nichts<br />
ändern. Je nachdem, welche Start- <strong>und</strong> Zielzeitpunkte <strong>für</strong> diese Bewegungen festgelegt werden,<br />
lässt sich zwischen <strong>in</strong>tergenerationaler sozialer Mobilität <strong>und</strong> <strong>in</strong>tragenerationaler sozialer<br />
Mobilität unterscheiden. Intergenerationale soziale Mobilität vergleicht die Positionen des<br />
Elternhauses mit der Position, die e<strong>in</strong> Individuum selbst erreicht hat. Intragenerationale Mobilität<br />
(auch Karrieremobilität genannt) vergleicht die Positionen e<strong>in</strong>er Person über deren Lebensverlauf<br />
h<strong>in</strong>weg (Pollak 2010). Solche Auf- <strong>und</strong> Abstiege werden <strong>in</strong> der Sozialforschung<br />
meist über Klassen oder über berufliche Positionen erfasst (Pollak u. a. 2009a).<br />
Die <strong>in</strong>tergenerationale Mobilität bildet als Bewegung zwischen zwei Generationen die<br />
(Un-)Gleichheit der Chancen auf soziale Auf- <strong>und</strong> Abstiege am besten ab <strong>und</strong> steht deshalb<br />
im Mittelpunkt der sozialwissenschaftlichen <strong>und</strong> öffentlichen Diskussion. In diesem Zusammenhang<br />
wird immer wieder auf die ger<strong>in</strong>ge Durchlässigkeit der Sozialstruktur <strong>Deutschland</strong>s<br />
verwiesen (Pollak 2010). Der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft <strong>und</strong> der eigenen<br />
aktuellen Position, ist <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik vergleichsweise stark <strong>und</strong> hat <strong>für</strong> Frauen <strong>in</strong> Ost<strong>und</strong><br />
Westdeutschland seit Beg<strong>in</strong>n des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts sogar zugenommen (Pollak 2009:<br />
186). Die Situation stellt sich <strong>für</strong> Frauen <strong>und</strong> Männer <strong>in</strong> Ost- <strong>und</strong> Westdeutschland sehr unterschiedlich<br />
dar. In der Gesamtschau von Auf- <strong>und</strong> Abstiegen überwiegen dabei <strong>in</strong> beiden Teilen<br />
der B<strong>und</strong>esrepublik zwar noch immer die sozialen Aufstiege (Pollak 2010: 19). Mit Ausnahme<br />
der westdeutschen Frauen jedoch ist <strong>in</strong> Gesamtdeutschland e<strong>in</strong> Trend zu mehr Absteigen<br />
zu beobachten (Pollak 2009: 187; Pollak 2010: 15-19). So erleben nur 28 Prozent der<br />
ostdeutschen Frauen <strong>und</strong> 18 Prozent der ostdeutschen Männer der Geburtsjahrgänge 1970-<br />
1978 e<strong>in</strong>en Aufstieg im Vergleich zu der beruflichen Position des Vaters (Pollak 2010: 19). In<br />
den Jahrgängen von 1930-39 h<strong>in</strong>gegen gilt dies noch <strong>für</strong> 45 Prozent der ostdeutschen Männer<br />
(Pollak 2010: 19). Davon abgesehen ist die Spannweite sozialer Mobilität sehr ger<strong>in</strong>g. Das<br />
heißt, nur sehr selten schaffen es Menschen von „ganz unten“ nach „ganz oben“. Es überwiegen<br />
kurze Auf- <strong>und</strong> Abstiege bei denen Personen nur <strong>in</strong> die nächst höhere oder niedrigere<br />
Hierarchiestufe 78 wechseln (Pollak 2010: 20).<br />
Im Gegensatz zu den leistungsorientierten Vorstellungen der B<strong>und</strong>esbürger- <strong>und</strong> Bürger<strong>in</strong>nen,<br />
die sich gern als des eigenen Glückes Schmieds sehen <strong>und</strong> soziale Aufstiege durch<br />
Bildung <strong>und</strong> harte <strong>Arbeit</strong> verwirklicht sehen wollen (siehe Abschnitt 8.1.2), sche<strong>in</strong>t die Sozialstruktur<br />
der B<strong>und</strong>esrepublik also sehr starr <strong>und</strong> <strong>und</strong>urchlässig. Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> ist<br />
78 Dies ist der Fall, wenn zum Beispiel die Tochter e<strong>in</strong>es (hoch) qualifizierten Angestellten selbst leitende Angestellte<br />
wird.<br />
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