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Lebenslagen in Deutschland - Bundesministerium für Arbeit und ...

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8.4 Fazit – In welcher Gesellschaft leben wir?<br />

Nach Ansicht e<strong>in</strong>es großen Teils der deutschen Bevölkerung leben wir <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr ungleichen<br />

<strong>und</strong> auch ungerechten Gesellschaft. Die meisten Menschen me<strong>in</strong>en, Armut <strong>und</strong> Reichtum<br />

seien <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dreieck verteilt. Das heißt, die meisten Menschen<br />

sammeln sich am unteren Rand der Verteilung <strong>und</strong> nur wenige bef<strong>in</strong>den sich an der Spitze.<br />

Nun muss soziale Ungleichheit an sich nicht problematisch se<strong>in</strong>. Im Gegenteil ist mehr als die<br />

Hälfte der Bevölkerung sogar der Ansicht, e<strong>in</strong> gewisses Maß an Ungleichheit sei e<strong>in</strong> notwendiger<br />

Leistungsanreiz. Dennoch wird die soziale Ungleichheit <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> als sehr ungerecht<br />

wahrgenommen: Nur 18 Prozent der Ostdeutschen <strong>und</strong> 28 Prozent der Westdeutschen<br />

s<strong>in</strong>d der Me<strong>in</strong>ung die „sozialen Unterschiede“ <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> seien „im großen <strong>und</strong> ganzen<br />

gerecht“ <strong>und</strong> obwohl e<strong>in</strong>e gute Ausbildung als das zentrale Aufstiegsmerkmal gilt, glaubt nur<br />

e<strong>in</strong> Drittel der Bevölkerung, dass <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> jeder <strong>und</strong> jede e<strong>in</strong>e Ausbildung machen<br />

kann, die den eigenen Fähigkeiten <strong>und</strong> Begabungen entspricht.<br />

Diese kritische Sichtweise wird allerd<strong>in</strong>gs nicht zwangsläufig auf die Beurteilung der<br />

eigenen Lebensumstände übertragen. Fragt man die Menschen zum Beispiel danach, wo sie<br />

sich selbst im Ungleichheitsgefüge verorten, so wählen die meisten mittlere Positionen. Auf<br />

e<strong>in</strong>er Skala von 1 „unten“ bis 10 „oben“ entscheiden sich <strong>in</strong> West- <strong>und</strong> Ostdeutschland je etwa<br />

die Hälfte der Bevölkerung <strong>für</strong> die mittleren Positionen (5 <strong>und</strong> 6) <strong>und</strong> nur wenige sehen<br />

sich selbst an der Spitze oder am unteren Rand. Obwohl also alle die Sozialstruktur <strong>Deutschland</strong>s<br />

als Dreieck oder Pyramide sehen, ergibt sich aus der Verteilung der eigenen Stellungen<br />

eher e<strong>in</strong>e Zwiebel, e<strong>in</strong>e Mittelstandsgesellschaft. Dabei positionieren sich Menschen mit wenig<br />

E<strong>in</strong>kommen zwar tiefer als andere, dennoch verortet sich auch die untere E<strong>in</strong>kommensgruppe<br />

nahe der gesellschaftlichen Mitte (4,7) <strong>und</strong> sieht sich nicht abgeschlagen am gesellschaftlichen<br />

Rand. Ebenso blicken die meisten Menschen eher hoffnungsvoll <strong>in</strong> die Zukunft<br />

<strong>und</strong> so erwarten ca. 75 Prozent der Männer <strong>und</strong> Frauen <strong>in</strong> den nächsten 10 Jahren entweder<br />

aufzusteigen oder die aktuelle Position <strong>in</strong> der Gesellschaft aufrecht erhalten zu können. Zu<br />

jenen, die <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>en Aufstieg erwarten, gehören im Besonderen solche, die e<strong>in</strong>en Aufstieg<br />

gebrauchen können, wie z.B. junge Menschen mit (noch) wenig E<strong>in</strong>kommen, aber auch<br />

gerade Empfänger/-<strong>in</strong>nen von <strong>Arbeit</strong>slosengeld II gehören dazu.<br />

Dieses Phänomen der „Aufspaltung“ der wahrgenommenen Realität <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e gesellschaftliche<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e private Sphäre wurde <strong>in</strong> den Sozialwissenschaften schon oft beobachtet<br />

(Heitmeyer 2009: 22). Die gesellschaftliche Gesamtsituation wird meist wesentlich pessimistischer<br />

beurteilt als das eigene Leben. Beispielsweise waren im Jahr 2009 ca.78 Prozent der<br />

Bevölkerung der Ansicht, ihr eigenes Leben verlaufe im Großen <strong>und</strong> Ganzen gerecht, aber nur<br />

9 Prozent s<strong>in</strong>d der Me<strong>in</strong>ung, dass es im Allgeme<strong>in</strong>en gerecht auf der Welt zugeht <strong>und</strong> nur 13<br />

Prozent stimmen der Aussage zu „die Leute bekommen das, was ihnen zusteht“ (Heitmeyer<br />

2009: 30). Ähnlich verhält es sich <strong>in</strong> der Beurteilung der eigenen f<strong>in</strong>anziellen Situation. Im<br />

Unterschied zur E<strong>in</strong>schätzung der eigenen Lage ist die E<strong>in</strong>schätzung der gesamtwirtschaftli-<br />

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