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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

l<strong>in</strong>ien Politik <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen von 1997 –, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schulpraxis ebenfalls <strong>als</strong> Systematik von <strong>in</strong>haltlichen Pflichtthemen<br />

(miss-)verstanden werden. <strong>Die</strong> Parallelstrukturierung dieser Rahmenrichtl<strong>in</strong>ien durch zusätzlich verpflichtend<br />

gemachte Rahmenthemen stellt ke<strong>in</strong>e Bereicherung o<strong>der</strong> Erleichterung für die praktische Erstellung von<br />

‚Anstaltslehrplänen‘ dar. Sie zeigt eher die methodologische und fachdidaktische Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit und<br />

Inkonsequenz <strong>der</strong> Rahmenrichtl<strong>in</strong>ienerstellung und damit ihren Charakter <strong>als</strong> politischer Kompromiss.<br />

Vor allem e<strong>in</strong>e didaktische Analyse – am Beispiel unserer Untersuchungsthematik, <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Iran</strong> – wird den defizitären Charakter dieser Systematisierung herausstellen. Vor allem wird schon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

ersten Abriss <strong>der</strong> durch das Thema angerissenen fachlichen Probleme und Bezüge deutlich, dass <strong>der</strong> Versuch e<strong>in</strong>er<br />

<strong>in</strong>nerfachlichen Systematisierung z.B. durch die Zuordnung von Fragestellungen zu e<strong>in</strong>zelnen Bezugsdiszipl<strong>in</strong>en –<br />

Politologie, Volkswirtschaftslehre, Soziologie o<strong>der</strong> Religionswissenschaft – nicht dazu eignet, adäquate Lern- und<br />

Rezeptionsstrukturen zu entwickeln.<br />

Gerade das Thema <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> zeigt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Komplexität und Vielschichtigkeit, dass<br />

e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> fachlich-stoffliche Systematisierung und Strukturierung nicht geeignet ist, die schon auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong><br />

Quellen feststellbare Mehrdeutigkeit <strong>der</strong> Realitätswahrnehmung, die Ambivalenzen und Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeiten <strong>der</strong><br />

möglichen und tatsächlichen Beurteilungen und Bewertungen aufzulösen und h<strong>in</strong>reichend verständlich zu machen,<br />

im Gegenteil, die genannten Systematisierungen drängen geradezu auf e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>seitigkeit <strong>der</strong> Themenerschließung<br />

h<strong>in</strong>. Mit diesen Überlegungen nähern wir uns e<strong>in</strong>er zentralen Frage, die für unsere weiteren Untersuchungen e<strong>in</strong>e<br />

ausschlaggebende Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Differenzierung sachanalytischer und didaktischer, auf Politische Bildung zielen<strong>der</strong><br />

Ansätze spielen wird, nämlich <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Empathie für die Erkenntnisfähigkeit im<br />

politischen und sozialen Raum.<br />

Empathie ist e<strong>in</strong> ganzheitlicher Begriff, <strong>der</strong> nicht unproblematisch ist, da er e<strong>in</strong>en sozialpsychologischen<br />

Zusammenhang kennzeichnet, <strong>der</strong> vieldimensional begründet und determ<strong>in</strong>iert ist und sich e<strong>in</strong>fachen Erklärungen<br />

oft sperrt. Es ist auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er didaktischen Reflexion darauf Wert zu legen, dass wissenschaftliche Grundbegriffe<br />

nicht unmittelbar mit Realitäten gleichzusetzen s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n <strong>als</strong> Kategorien letztlich Konventionen e<strong>in</strong>es fachlichen<br />

Diskurses und damit im Kern Fiktionen s<strong>in</strong>d. Es wäre daher problematisch, von sozialpsychologischen Realitäten zu<br />

sprechen. Durch die Begriffe Wahrnehmungen, Zusammenhänge und Kontexte wird e<strong>in</strong> semantisch reflektierterer<br />

Zugang gefunden. Es besteht daher durchaus die Gefahr e<strong>in</strong>er Ideologisierung und Irrationalisierung <strong>der</strong> Empathiefor<strong>der</strong>ung,<br />

wenn sie <strong>als</strong> eigenständige Wertkategorie missverstanden wird. In unserem Zusammenhang ist es<br />

daher zw<strong>in</strong>gend notwendig, die Feststellung, dass Empathie zu den Voraussetzungen e<strong>in</strong>er adäquaten Wahrnehmung<br />

des ‚Fremden‘ gehört, zu ergänzen durch die methodische Konzentration auf rationalen Umgang mit Quellen und<br />

Informationen und die Herstellung e<strong>in</strong>er rational-analytischen Distanzebene. <strong>Die</strong>s erfor<strong>der</strong>t die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>der</strong><br />

Lern- und Wahrnehmungsprozesse <strong>in</strong> kontrollierte und selbstreferentielle Kommunikationsprozesse, die wir <strong>als</strong> Teil<br />

<strong>der</strong> gesellschaftlichen Diskurse verstehen wollen.<br />

<strong>Die</strong> grundlegende E<strong>in</strong>sicht je<strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung ist, dass „e<strong>in</strong>fache Lösungen“ Wirklichkeiten verschleiern<br />

und Handlungsoptionen verdecken. <strong>Die</strong> Suche nach e<strong>in</strong>fachen und e<strong>in</strong>deutigen Weltbil<strong>der</strong>n verm<strong>in</strong><strong>der</strong>t die<br />

Krisenlösungskompetenz e<strong>in</strong>er Gesellschaft. <strong>Die</strong>s ist durch e<strong>in</strong>e sachgerechte didaktische Aufarbeitung <strong>der</strong><br />

Ereignisse <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> nachzuweisen und verständlich zu machen. Gleichzeitig bietet die Arbeit an diesem Thema<br />

Gelegenheit, Verkürzungen und Defizite <strong>der</strong> gängigen politikdidaktischen Modelle für die Schule aufzuzeigen und<br />

umfassen<strong>der</strong>e und differenziertere Vermittlungsgrundlagen <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en übergreifenden Kontext<br />

von schulischem Politikunterricht und den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> gesellschaftlichen Instanzen <strong>der</strong> außerschulischen<br />

Politikvermittlung zu stellen. Gerade weil die <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>in</strong>tentionell ‚e<strong>in</strong>fache Lösungen‘<br />

anzubieten me<strong>in</strong>t, tatsächlich aber e<strong>in</strong>e komplexe und vielschichtige zeitgeschichtlich Realität repräsentiert, ist sie<br />

für solche grundsätzlichen Überlegungen e<strong>in</strong> geeigneter Ansatzpunkt.<br />

<strong>Die</strong>se Option zur Vermittlung komplexer, differenzierter und reflexiver Realitätsdeutungen stellt hohe Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die Kompetenz <strong>der</strong> Vermittlungs<strong>in</strong>stanzen <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung, letztlich an die Politiklehrer und<br />

die Verantwortlichen für Lehrpläne und Rahmenrichtl<strong>in</strong>ien. Es ist zu vermuten, dass sie an Grenzen ihrer Realisierbarkeit<br />

stoßen wird, wenn sie mit <strong>der</strong> Grundfor<strong>der</strong>ung schulischen Unterrichts, nämlich <strong>der</strong> Komplexitätsreduktion<br />

<strong>als</strong> grundlegen<strong>der</strong> methodischer Strategie im Unterrichtsalltag, konfrontiert wird.<br />

Wie immer <strong>in</strong> komplexen pädagogischen Situationen kann auch hier ke<strong>in</strong> gültiges Unterrichtsmodell<br />

vorgestellt o<strong>der</strong> auch nur skizziert werden, son<strong>der</strong>n es können und sollen die didaktischen Pr<strong>in</strong>zipien am konkreten<br />

Problembereich entwickelt werden, die das situative methodische Realisieren von Unterricht möglich machen! Es<br />

wird zu zeigen se<strong>in</strong>, dass hier, trotz wichtiger und gedanklich weiterführen<strong>der</strong> historischer und gesellschaftswissenschaftlicher<br />

Arbeiten, Desi<strong>der</strong>ate an die bezogenen Fachwissenschaften anzumelden s<strong>in</strong>d, die die Voraussetzungen<br />

für e<strong>in</strong>e sachgerechte didaktische Interpretation verän<strong>der</strong>n und verbessern müssen, im Rahmen e<strong>in</strong>er fachdidaktischen<br />

Untersuchung jedoch nicht selbst geleistet werden können.<br />

<strong>Die</strong> schon erörterten Phasen <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> bedürfen unterschiedlicher didaktischer<br />

Konzepte entsprechend ihrer unterschiedlichen thematischen und fachlichen Kontexte. E<strong>in</strong>e didaktische Perspektive,<br />

die sich aus <strong>der</strong> ersten, sozial<strong>in</strong>tegrativen Phase <strong>der</strong> <strong>Revolution</strong> ableiten lässt, wird sich schwerpunktmäßig auf die<br />

kulturwissenschaftlichen und zivilisationstheoretischen Fachbezüge richten und sich dementsprechen<strong>der</strong> Modelle<br />

und Erklärungsansätze bedienen, was wohl schwerlich ohne E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en wissenschaftlichsystematischen<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong>tellektuell-vergleichenden Rahmen gel<strong>in</strong>gen wird. E<strong>in</strong> Versuch e<strong>in</strong>er zusammenfassenden,<br />

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