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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

„<strong>Die</strong>se »Sprachgeme<strong>in</strong>schaft« ist aber unter den Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Universalisierung heute nicht mehr auf die<br />

gesprochene Nation<strong>als</strong>prache zu reduzieren. Zentrale Kommunikationszusammenhänge, geför<strong>der</strong>t durch die<br />

(technischen) Medien <strong>der</strong> Massenkommunikation, werden <strong>in</strong> von <strong>der</strong> Nation<strong>als</strong>prache emanzipierten Kommunikationsebenen<br />

entwickelt, wobei es unerheblich ist, ob die jeweilige sprachliche Repräsentation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Verkehrssprache wie Englisch o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er technischen Symbolsprache erfolgt. Damit werden bestimmte semantische<br />

Kontexte und Diskurse universalisiert, die <strong>in</strong> den gesprochenen Alltagssprachen kultureller Differenz<br />

unterworfen s<strong>in</strong>d. Gerade bezogen auf ökonomische und staatliche Kontexte wie auch auf bestimmte<br />

moralische Basistatsachen ist diese Metasprache <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Kommunikation heute „offizielle Sprache<br />

fast aller Staaten und ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konvention <strong>der</strong> Menschenrechte kodifiziert... <strong>Die</strong> Sprachgeme<strong>in</strong>schaft...<br />

umfasst hier be<strong>in</strong>ahe die ganze Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> Menschen“ [Ferber 1998: 175].<br />

In e<strong>in</strong>er Untersuchung, die auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite revolutionäre Situationen <strong>als</strong> Folge von defizitärem nation build<strong>in</strong>g <strong>in</strong><br />

Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Semiperipherien thematisiert und zum an<strong>der</strong>en die didaktische Umsetzung eben dieser Probleme <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Gesellschaft und Schülerschaft, die sich durch Krisenwahrnehmung und Erfahrung des »Staatsversagens«<br />

charakterisieren lässt, <strong>in</strong> den Mittelpunkt stellt, ist es beson<strong>der</strong>s notwendig, sich Klarheit über das Spannungsverhältnis<br />

dieses Sprechens von »Staaten« und »<strong>in</strong> Staaten« bzw. »Gesellschaften« und den tatsächlichen gesellschaftlichen<br />

und kulturellen Bef<strong>in</strong>dlichkeiten <strong>in</strong> den verschieden <strong>in</strong>stitutionalisierten Gesellschaftsformen zu<br />

verschaffen. 167 <strong>Die</strong> Kategorien »Staat« und »Staatsgesellschaft« s<strong>in</strong>d damit auch zentrale didaktische Probleme für<br />

den Politikunterricht.<br />

Begriffsgeschichtlich leitet sich die sozialwissenschaftlichen Kategorie »Staatsgesellschaft« von den theoretischen<br />

Konzeptualisierungen <strong>der</strong> Zivilisationstheorie von Norbert Elias sowie <strong>der</strong> Weltsystemtheorie von<br />

Immanuel Wallerste<strong>in</strong> ab. 168 Sozialwissenschaftlich lässt sich die kategoriale Problematik und Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit<br />

auf zwei <strong>in</strong> dialektischem Zusammenhang stehende Fragen fokussieren: Wie und durch welche <strong>in</strong>tersubjektive<br />

Kommunikation verfestigt sich die Vorstellung vom »Staat« zur <strong>in</strong>stitutionellen Tatsache »Staat«; und: durch welche<br />

gesellschaftlichen, d.h. <strong>in</strong>tersubjektiv vermittelbare Erfahrungen entsteht die Vorstellung vom »Staat« <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne,<br />

wie er allgeme<strong>in</strong> heute verstanden wird? „Durch diese Fragestellungen wird deutlich, dass we<strong>der</strong> e<strong>in</strong> staatsphilosophischer<br />

Ansatz, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Fragestellung nach dem »besten Staat« nachgeht, h<strong>in</strong>reichend se<strong>in</strong> kann, noch e<strong>in</strong><br />

empiristischer Ansatz, <strong>der</strong> das historisch jeweils Vorf<strong>in</strong>dliche <strong>als</strong> h<strong>in</strong>reichende Erklärung für diese zentrale Kategorie<br />

nimmt. Es ist vielmehr zunächst davon auszugehen, wie sich »Staat« im Bewusstse<strong>in</strong> <strong>der</strong> Menschen ausprägt<br />

und <strong>als</strong> »selbstverständliche« Kategorie verstetigt“ [Voigt 2001c: ].<br />

Da sich das nicht unmittelbar Wahrnehmbare gesellschaftlich und <strong>in</strong>tersubjektiv <strong>in</strong> Symbolen repräsentiert, ist<br />

hier das wissenschaftliche Konzept des Symbolischen Interaktionismus <strong>in</strong> fachlichem Kontext zu semiotischen und<br />

kulturwissenschaftlichen Ansätzen zur weiteren Klärung aufgerufen. Das aber kann und soll im Rahmen dieser<br />

Untersuchung nicht vertieft werden. E<strong>in</strong>e Darstellung von Grundpositionen des Sozialen Interaktionismus wird <strong>in</strong><br />

dieser Arbeit noch angesprochen <strong>in</strong> den Abschnitten 1.2. und 4.1. Neben <strong>der</strong> sozialen Interaktion tritt jedoch <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Nation<strong>als</strong>taatsbildung vor allem die staatliche Symbolik <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund. Sie beschränkt sich ke<strong>in</strong>eswegs auf<br />

plakative Symbole wie Flaggen, Wappen, Titel und Repräsentationsanlässe, <strong>als</strong>o <strong>der</strong> unmissverständlichen »Herrschaftssymbolik«,<br />

son<strong>der</strong>n sie demonstriert die postulierte staatliche Integration und die gesellschaftliche Fundamentierung<br />

<strong>der</strong> Staats<strong>in</strong>stitution. Für den E<strong>in</strong>zelnen erhält sie ihren Wert <strong>als</strong> notwendig und unerlässlich erachtete<br />

Herrschaftsordnung und <strong>als</strong> Garant <strong>der</strong> Ordnungssicherheit und Stabilität <strong>der</strong> Institution.<br />

„Staatliche Symbolik geht jedoch tiefer und bestimmt e<strong>in</strong>e symbolische kulturelle Tiefenschicht, die durch den<br />

Prozess <strong>der</strong> gesellschaftlichen Homogenisierung zivilisatorisch durchgesetzt 169 und mit sprachlichen, narrativen und<br />

bildlichen Symbol<strong>in</strong>halten gefüllt wird. Es entsteht e<strong>in</strong>e unterschwellige symbolische Semantik <strong>der</strong> Staats- und<br />

Gesellschaftsbildung, die vor allem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sich vere<strong>in</strong>heitlichenden Geschichtsverständnis, vor allem auch <strong>in</strong> den<br />

Nationalmythen ihren Ausdruck f<strong>in</strong>det. Mythen s<strong>in</strong>d entdistanzierende, entrationalisierende geme<strong>in</strong>schaftliche Überlieferungen,<br />

bei denen die gesellschaftliche Funktion <strong>der</strong> Integration und des kollektiven Erlebens und Handelns die<br />

reale historische Überlieferung verdrängt. <strong>Die</strong>ser Prozess hat e<strong>in</strong>e starke affektive Komponente, die auch <strong>als</strong><br />

»kollektives Gefühl« verstanden und wahrgenommen wird, auch wenn sich diese Kategorisierung e<strong>in</strong>er rationalen<br />

che prozess- und <strong>in</strong>terdependenzbezogene Spezifizierung <strong>der</strong> Begriffe ›Staat‹ und ›Gesellschaft‹ zu viele mögliche Missverständnisse,<br />

so dass e<strong>in</strong> begrifflicher Aktualbezug auf die heutigen, neuzeitlichen Herrschaftsverbände und Institutionalisierungsformen<br />

gerade bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>beziehung des Vergleiches mit den semiperipheren Regionen s<strong>in</strong>nvoller ersche<strong>in</strong>t. –<br />

„Moralische Tatsachen s<strong>in</strong>d danach ke<strong>in</strong>e an sich bestehenden Tatsachen, sei es <strong>in</strong> <strong>der</strong> physischen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er unsichtbaren<br />

metaphysischen Welt, wie <strong>der</strong> Kognitivismus nahe legt. Sie s<strong>in</strong>d auch nicht nur subjektive psychische Tatsachen, wie<br />

<strong>der</strong> deskriptive Emotivismus unterstellt. Sie s<strong>in</strong>d aber auch nicht <strong>in</strong>existent... Insofern die Institution aber von e<strong>in</strong>er sprachlichen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft konstituiert ist, ist sie nicht <strong>in</strong> dem starken S<strong>in</strong>ne objektiv, dass sie unabhängig von e<strong>in</strong>er sprachlichen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft besteht. Sie ist vielmehr nur objektiv im S<strong>in</strong>ne von <strong>in</strong>tersubjektiv... “ [Ferber 1998: 171-172].<br />

167<br />

Vgl. die diesbezüglichen differenzierteren und an<strong>der</strong>s akzentuierten Ausführungen des Verfassers <strong>in</strong> den parallel erschienenen<br />

Aufsätzen Nettelmann/Voigt/ Plavšić/Holm 2002::81-111; Voigt 2002:21-68; Voigt 2001b, Voigt 2001c.<br />

168<br />

Soweit hier die Situation <strong>in</strong> den Semiperipherien thematisiert wird, ist diese Untersuchung <strong>in</strong> hohem Maße <strong>der</strong> Arbeit von<br />

Hans-Peter Waldhoff (1995) verpflichtet.<br />

169<br />

Vgl. dazu noch e<strong>in</strong>mal Fußnote 158 <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Nettelmann/Voigt/ Plavšić/Holm 2002.<br />

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