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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

und politischer Realitäten und Verän<strong>der</strong>ungen greifen beide Konzepte für sich genommen zu kurz. Es ersche<strong>in</strong>t<br />

daher s<strong>in</strong>nvoll, ganz allgeme<strong>in</strong> zunächst von Verän<strong>der</strong>ungen im »Diskursregime« zu sprechen, wobei e<strong>in</strong>erseits <strong>der</strong><br />

rezeptive Komplex <strong>der</strong> Aktualität und <strong>der</strong> Aktualdeutung von Realitäten, die politische Intentionalität wie auch die<br />

strukturellen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Nachrichten- und Berichtübermittlung e<strong>in</strong>e Rolle spielen. <strong>Die</strong>se Diskursvoraussetzungen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>als</strong> <strong>in</strong>terdependent und <strong>in</strong> labilen Balanceverhältnissen stehend vorzustellen. Daher ist es wenig<br />

überraschend, relativ schnelle Än<strong>der</strong>ungen im Diskursregime zu beobachten, die durchaus nicht gleichermaßen auf<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Kultur noch auf tief greifende Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> gesellschaftlichen Realität<br />

verweisen. An<strong>der</strong>erseits können weitreichende Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> diesen Bereichen unter e<strong>in</strong>em herrschenden<br />

Diskursregime über längere Zeiträume verborgen bleiben, um dann revolutionär <strong>in</strong>s Bewusstse<strong>in</strong> zu treten. <strong>Die</strong>se<br />

Prozesse werden im Geschichtsbewusstse<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gesellschaft dann oft mit symbolischen Daten o<strong>der</strong> kategorialen<br />

Bezeichnungen („68er-Generation“ <strong>in</strong> Deutschland etc.) <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht, <strong>der</strong>en erklären<strong>der</strong> Wert ger<strong>in</strong>g ist.<br />

E<strong>in</strong>e didaktische Untersuchung des Diskursregimes <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> Frage stehenden Zeitraumes, vor allem<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em exemplarisch-vertiefenden Zugriff, muss unterschiedliche Dimensionen berücksichtigen, die zwar generell<br />

jeden Diskurs kennzeichnen, jedoch <strong>in</strong> unterschiedlicher Gewichtung <strong>in</strong> das öffentliche Bewusstse<strong>in</strong> e<strong>in</strong>prägen.<br />

– E<strong>in</strong>e kategoriale Prägung des Diskursregimes bestimmt die Schwerpunkte <strong>der</strong> herrschenden Diskurse an<br />

grundlegenden Wert- und Normkategorien, misst Politik an herrschenden o<strong>der</strong> kontrovers-oppositionellen<br />

Gerechtigkeitsvorstellungen und erhält se<strong>in</strong>e politische Handlungsbedeutung vor allem durch die<br />

Thematisierung von Dissonanzerfahrungen.<br />

– E<strong>in</strong>e strukturelle Prägung des Diskursregimes spiegelt die sozialen Zuordnungen <strong>der</strong> an dem herrschenden<br />

Diskurs beteiligten Gruppen wie<strong>der</strong>. Soziale, <strong>in</strong>dividuelle und biographisch zu verstehende politische<br />

Haltungen und Interessen bestimmen maßgeblich die Schwerpunkte dieser Diskurse, die sich <strong>der</strong> Vorstellung<br />

<strong>der</strong> offenen Diskussion nähern. Im Übrigen ist auf die Mehrdeutigkeit dieser beiden Ansätze zu achten, wenn<br />

h<strong>in</strong>ter den kategorial geprägten Diskursen <strong>als</strong> Interessenbasis deutlich strukturell geprägte Diskurse zu<br />

erkennen s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> typisches Beispiel ist <strong>der</strong> vor allem amerikanische Diskurs <strong>der</strong> ›Political Correctness‹, <strong>der</strong><br />

kategorial geführt wird, vor allem aber soziale und berufliche Interessen <strong>der</strong> Diskursbeteiligten repräsentiert,<br />

wie Haselbach (1997: 8-9) überzeugend ausgeführt hat.<br />

– E<strong>in</strong>e situative Prägung des Diskursregimes unterliegt vorwiegend dem Aktualitätspr<strong>in</strong>zip. Ereignisse evozieren<br />

Aufmerksamkeit, Interesse aber auch Ängste und Befürchtungen. <strong>Die</strong> Schwerpunkte <strong>der</strong> herrschenden<br />

Diskurse s<strong>in</strong>d affektiv aufgeladen und damit auch politisch funktionalisierbar. <strong>Die</strong> deutschen und überhaupt<br />

»westlichen« Diskurse über die <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> s<strong>in</strong>d vor allem situativ geprägt. Didaktisch von<br />

ausschlaggeben<strong>der</strong> Bedeutung ist es, über diesen situativen Ansatz herauszukommen, um diskursive Ansätze<br />

kategorialer und struktureller Prägung <strong>in</strong> den Quellen aufzuspüren und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an wissenschaftlichen<br />

Zugehensweisen orientierter Analyse zur Entwicklung mehrschichtiger Realitätsvorstellungen und von<br />

methodischer und <strong>in</strong>haltlicher Distanzierungsfähigkeit beizutragen.<br />

3.3.2. Strukturen und Ansätze kontextuellen und exemplarischen Lernens<br />

In den vorangegangenen Kapiteln wurde versucht, die Unzulänglichkeiten <strong>der</strong> üblichen didaktischen Begründungen<br />

curricularer und <strong>in</strong>haltlich-thematischer Entscheidungen und Festlegungen darzustellen und zu erörtern.<br />

Es wurde deutlich gemacht, dass e<strong>in</strong>e Vielzahl von politischen Themen, zu denen auch das Thema <strong>der</strong><br />

<strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> gehört, aus ihrer politischen und historischen Aktualität und Bedeutung heraus <strong>als</strong><br />

wichtig für die Gesellschaft und wichtig für die Politische Bildung gekennzeichnet und hervorgehoben werden<br />

können, so dass sich e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>gehende politische und wissenschaftliche Beschäftigung mit den Problemen und<br />

Kontexten dieser Themen allemal lohnt o<strong>der</strong> sogar <strong>als</strong> Desi<strong>der</strong>at zu bezeichnen ist; gleichermaßen wurde aber auch<br />

deutlich gemacht, dass diese gesellschaftliche Bedeutung für sich alle<strong>in</strong> genommen ke<strong>in</strong> h<strong>in</strong>reichend dist<strong>in</strong>ktives<br />

Auswahl- und Evaluierungskriterium für die konkrete didaktische Themenwahl wie für e<strong>in</strong>e Festlegung e<strong>in</strong>es<br />

normativen Themenkanons se<strong>in</strong> kann, es sei denn im Rahmen e<strong>in</strong>er affirmativen »Staatsdidaktik« 415 .<br />

Auf dieses grundsätzliche Problem <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Didaktik soll im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Diskussion<br />

exemplarischer Diskurse (<strong>in</strong> Kapitel 4.) für das Thema <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> e<strong>in</strong>e differenziertere<br />

Antwort gegeben werden, die auf dem Konzept <strong>der</strong> gesellschaftlichen Diskurse <strong>als</strong> Klammer zwischen politisch<strong>in</strong>haltlicher<br />

Evaluierung und konkret-unterrichtsbezogener didaktischen Umsetzung basiert. Das berührt sich mit<br />

den verschiedenen Konzepten curricularer Strukturierungen durch »Schlüsselprobleme«, »Schlüsselthemen« o<strong>der</strong><br />

»Rahmenthemen« – <strong>in</strong> absteigen<strong>der</strong> Reihenfolge ihrer didaktisch-konzeptionellen Schlüssigkeit 416 .<br />

<strong>Die</strong> didaktische Arbeit mit den »Schlüsselproblemen« steht <strong>in</strong> <strong>der</strong> konkreten Schulpraxis jedoch vor<br />

erheblichen Problemen, da sie für Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer <strong>in</strong> den Schulen wenig hilfreich und kaum handlungs-<br />

415<br />

416<br />

Dass diese durchaus fachbestimmend se<strong>in</strong> kann, zeigt die so genannte »Schulgeographie«, <strong>der</strong>en re<strong>in</strong> affirmativen, staatsund<br />

herrschaftslegitimierenden Charakter Filipp 1991 darlegt. Zum Problem <strong>der</strong> Paradigmengeschichte <strong>der</strong> Geographie<br />

und ihrer Didaktik vgl. auch die grundlegende Studie von Schramke 1975. Zur Diskussion dazu vgl. Voigt 1996b.<br />

Klafki 1994; dieses Konzept hat E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> die Rahmenrichtl<strong>in</strong>ienarbeit e<strong>in</strong>iger Bundeslän<strong>der</strong>, z.B. Nie<strong>der</strong>sachsen, gefunden<br />

und ist explizit aufgenommen <strong>in</strong> die Rahmenrichtl<strong>in</strong>ien Politik (bisher Sozialkunde/Geme<strong>in</strong>schaftskunde) <strong>der</strong> Sekundarstufen<br />

aller allgeme<strong>in</strong>bildenden Schulen <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen, 1995 ff.<br />

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