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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

o<strong>der</strong> schulaufsichtlichen Anweisungen festgelegt werden, s<strong>in</strong>d Normen und unterliegen daher dem grundsätzlichen<br />

Zwang zur ethischen Begründbarkeit.<br />

Zunächst greift hier die legalistische Legitimierung von staatlichem Handeln, <strong>in</strong>dem Erlasse, Verordnungen,<br />

Rahmenrichtl<strong>in</strong>ien wie Gesetze dem Rechtsstaatspr<strong>in</strong>zip des legalen Zustandekommens, <strong>als</strong>o <strong>der</strong> Legalität des<br />

Proce<strong>der</strong>e, und die richterliche Überprüfbarkeit unterworfen s<strong>in</strong>d.<br />

Es stellt sich daher die grundsätzliche Frage, ob die <strong>in</strong>haltliche Entscheidung, was <strong>in</strong> welcher Form zu lernen<br />

ist, mit dem legalistischen Pr<strong>in</strong>zip h<strong>in</strong>reichend abgesichert se<strong>in</strong> kann. <strong>Die</strong> politische Diskussion um den Gesetzesvorbehalt<br />

bei ›grundsätzlichen Entscheidungen‹ im Schulbereich und das Gewicht konkurrieren<strong>der</strong> Rechtsansprüche<br />

<strong>der</strong> Eltern und <strong>der</strong> Öffentlichkeit stellt dies offensichtlich <strong>in</strong> Frage. Es zeigt aber auch, <strong>in</strong> welch sensibler<br />

Weise die heutige Öffentlichkeit, aus welchen Motiven auch immer, auf jegliche Verän<strong>der</strong>ung im Bereich von<br />

Schule und Unterricht reagiert, und wie groß auch die Funktionalisierungs- und Manipulierungspotentiale <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Diskussion um pädagogische Kontroversen s<strong>in</strong>d.<br />

Schon auf <strong>der</strong> gesetzlichen Ebene – nicht nur <strong>in</strong> den hier diskutierten Bereichen von Schule und Unterricht –<br />

werden Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeiten und <strong>in</strong>nersystemische Zielkonkurrenzen, d.h. auch unterschiedliche konkurrierende<br />

Kategorie- und Wertebenen, erkennbar, wenn staatliches Handeln <strong>in</strong>haltlich und funktional überprüfbar gemacht<br />

und damit <strong>der</strong> Legalitätsanspruch erweitert werden soll.<br />

Das Legalitätspr<strong>in</strong>zip des Rechtsstaates ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er historischen Funktion <strong>als</strong> im Prozess <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />

Demokratie- und Nation<strong>als</strong>taatsentwicklung durch Verschiebung von Machtbalancen durchgesetzte Begrenzung von<br />

Macht traditioneller feudaler, monarchistischer und aristokratischer Eliten zu verstehen, nicht jedoch <strong>als</strong> Mittel o<strong>der</strong><br />

Möglichkeit, richtige und s<strong>in</strong>nvolle politische Entscheidungen herbeizuführen.<br />

E<strong>in</strong> s<strong>in</strong>nvoller, <strong>in</strong> <strong>der</strong> politischen Tagespraxis <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland jedoch durch Institutionalisierung<br />

und <strong>in</strong>haltlicher Entleerung dysfunktional realisierter Ansatz zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>haltlichen Bestimmung des<br />

politischen Prozesses ist die im Grundgesetz vorgenommen Trennung von Willensbildung und Me<strong>in</strong>ungsbildung,<br />

wobei letztere dem demokratischem Mehrheitspostulat <strong>der</strong> Willensbildung <strong>als</strong> parlamentarischer Entscheidung<br />

vorgeschaltet se<strong>in</strong> soll, wobei <strong>der</strong> grundgesetzliche Schutz nicht nur <strong>der</strong> Willensbildung son<strong>der</strong>n auch dem Zugang<br />

zur Me<strong>in</strong>ungsbildung gilt, die den Grundrechten <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsfreiheit und Organisationsfreiheit politisch zugeordnet<br />

ist.<br />

Der politische Systemdefizit liegt aber gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsbildung, die im weitgehend unüberschaubaren<br />

und unkontrollierbaren Geflecht <strong>in</strong>stitutionalisierter und im Systemaufbau <strong>der</strong> Gesellschaft differenzierter<br />

Machtbalancen entpersonalisiert und eher versteckt <strong>als</strong> tatsächlichen öffentlichen Diskursen geöffnet wird. <strong>Die</strong><br />

Massenmedien <strong>als</strong> <strong>in</strong>formelles Verfassungsorgan zu bezeichnen, wie es die Selbstdef<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> im Medienbereich<br />

Tätigen gerne will, ist zwar e<strong>in</strong> schönes Bild, das bestimmte Realisierungsmöglichkeiten aufzeigt und e<strong>in</strong>em<br />

ethischen Anspruch des Journalismus entspricht, aber mit Blick auf die Dom<strong>in</strong>anz ökonomischer Bestimmungsdeterm<strong>in</strong>anten<br />

im Verlagswesen und den Betreibern elektronischer Medien und mit den damit verbundenen<br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> existierende Machtsysteme nicht recht realistisch.<br />

E<strong>in</strong>e Demokratisierung gesellschaftlicher wie sie die Diskurse <strong>in</strong> den Siebziger Jahren bestimmte, formuliert<br />

<strong>als</strong> ethische For<strong>der</strong>ung aus den Erfahrungen <strong>der</strong> eigenen deutschen und mitteleuropäischen Geschichte über das<br />

formale Legalitätspr<strong>in</strong>zip und Mehrheitspostulat h<strong>in</strong>aus, verlangt e<strong>in</strong>e rationale Begründung und <strong>in</strong>nergesellschaftlich-funktionale<br />

Kontrolle <strong>der</strong> Strukturen und Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ungsbildung – nicht, natürlich, e<strong>in</strong>e<br />

E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividualrechtlichen Me<strong>in</strong>ungsfreiheit! – <strong>als</strong> Voraussetzung <strong>der</strong> formalen Willensbildung <strong>in</strong><br />

Institutionen, Gremien und Parlamenten.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> Legitimierung von Unterrichts<strong>in</strong>halten wird dies sehr deutlich durch die schon vorhandenen<br />

<strong>in</strong>nersystemischen Wi<strong>der</strong>sprüche zwischen den detaillierten Festlegungen von Fachlernzielen, Fachthemen bzw.<br />

Rahmenthemen für den Unterricht <strong>in</strong> Rahmenrichtl<strong>in</strong>ien o<strong>der</strong> ›E<strong>in</strong>heitlichen Prüfungsanfor<strong>der</strong>ungen‹ sowie den<br />

gültigen Bildungszielen <strong>in</strong> den jeweiligen Schulgesetzen mit ihren Bezügen und Verweisen auf die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Rechtsordnung und das Grundgesetz, die Bezug nehmen auf<br />

<br />

gesellschaftlich-historische und kulturelle Kontexte (das angenommene Selbstverständnis <strong>der</strong> Gesellschaft und<br />

des Staates – das <strong>als</strong> nicht identisch angesehen wird 60 );<br />

60<br />

E<strong>in</strong>e typische Gesetzesbestimmung <strong>in</strong> diesem Zusammenhang ist die Formulierung des § 2 (1) [Bildungsauftrag <strong>der</strong> Schule]<br />

im Nie<strong>der</strong>sächsischen Schulgesetz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fassung vom 18.8.75 (diese wird gewählt, weil hier erstmalig bewusst e<strong>in</strong>e<br />

wertpluralistische Zielbestimmung mehrheitsfähig geworden ist, die aus e<strong>in</strong>em Zwang zur F<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>es mehrheitsfähigen<br />

Konsenses resultiert): „<strong>Die</strong> Schule soll im Anschluss an die vorschulische Erziehung die Persönlichkeit <strong>der</strong> Schüler auf <strong>der</strong><br />

Grundlage des Christentums, des europäischen Humanismus und <strong>der</strong> Ideen <strong>der</strong> liberalen, demokratischen und sozialen<br />

Freiheitsbewegungen weiterentwickeln.“ Bezeichnend ist hierbei die re<strong>in</strong> additive Zusammenstellung von politischen, sozialen<br />

und philosophischen Traditionen, die <strong>als</strong> Bestandteil des Staates und <strong>der</strong> Gesellschaft verstanden und akzeptiert<br />

werden. Zunächst liest sich dieser Passus eher <strong>als</strong> Verfassungslyrik o<strong>der</strong> salvatorische Klausel, die jedoch situativ <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

politischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung o<strong>der</strong> <strong>als</strong> Grundlage für Richterrecht erhebliche Bedeutung erhalten kann, wenn Unterrichtsrealitäten<br />

<strong>als</strong> defizitär <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> genannten Elemente def<strong>in</strong>iert werden. <strong>Die</strong>s machen sich vor allem<br />

gesellschaftliche Interessenvertreter und Elternvertreter rechtlich zu Nutze, um <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach E<strong>in</strong>fluss- und Kon-<br />

40

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