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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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3. <strong>Die</strong> Ereignisse <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>in</strong> Zeiten <strong>der</strong> <strong>Revolution</strong><br />

bedeutendste Ressource <strong>der</strong> Gegenwart und Zukunft war. Der Verbrauch stieg enorm an, auch <strong>in</strong><br />

Friedenszeiten. Und sollte es tatsächlich e<strong>in</strong>en neuerlichen Krieg geben, würden die Vere<strong>in</strong>igten Staaten nicht<br />

noch e<strong>in</strong>mal den Löwenanteil <strong>der</strong> Ölversorgung aus den eigenen Quellen übernehmen können. <strong>Die</strong> Zukunft<br />

des Öls lag e<strong>in</strong>deutig im Nahen Osten: <strong>Die</strong> dortigen Reserven waren wesentlich größer und die För<strong>der</strong>kosten<br />

deutlich niedriger <strong>als</strong> an irgende<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Ort <strong>der</strong> Welt.“ (Martschukat 2003.)<br />

Der Abschlussabschnitt des Artikels schil<strong>der</strong>t die Konsequenzen <strong>der</strong> Ereignisse <strong>in</strong> <strong>Iran</strong>, die <strong>der</strong> Autor heutigem<br />

Sprachgebrauch folgend <strong>als</strong> „Coup“, d.h. Staatsstreich, charakterisiert. Das ist parallel <strong>in</strong> mehreren Internet-<br />

Quellen, die wir schon erörtert haben, zu verfolgen und steht im Wi<strong>der</strong>spruch zu Wertungen <strong>in</strong> vergangener Zeit, die<br />

<strong>in</strong> US-amerikanischer Perspektive <strong>als</strong> „Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des Kommunismus“ o<strong>der</strong> <strong>als</strong> „Sichern <strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Ordnung“<br />

dargestellt wurden. <strong>Die</strong>se aus den politischen Interessen geborenen Euphemismen f<strong>in</strong>den sich auch heute Leitmotivartig<br />

<strong>in</strong> den Politikbegründungen <strong>der</strong> USA, nur dass heute „<strong>der</strong> Kampf gegen die Schurkenstaaten“, „<strong>der</strong> Kampf<br />

gegen die ›Achse des Bösen‹“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Krieg gegen den Terror“ im Vor<strong>der</strong>grund stehen. <strong>Die</strong> Funktion ist die<br />

gleiche: politisches – aggressives und kriegerisches Verhalten – gegen Kritik zu immunisieren und Kritik und<br />

Kritiker zu anathematisieren und sozial auszugrenzen.<br />

„In den Monaten nach dem Coup handelten Briten, Amerikaner und <strong>Iran</strong>er die Rückführung des iranischen Öls<br />

auf den Weltmarkt aus. Dabei ließen die US-Unterhändler nie auch nur den Hauch e<strong>in</strong>es Zweifels daran<br />

aufkommen, wer <strong>in</strong> diesen Unterredungen den Ton angab. Vor allem <strong>der</strong> „Stabilisierung“ des <strong>Iran</strong>s und somit<br />

<strong>der</strong> Region sollte nun absolute Priorität e<strong>in</strong>geräumt werden. Daran h<strong>in</strong>g, wie man <strong>in</strong> Wash<strong>in</strong>gton me<strong>in</strong>te, nicht<br />

zuletzt die nationale Sicherheit <strong>der</strong> USA. Währenddessen zögerten die amerikanischen Ölkonzerne nicht, im<br />

<strong>Iran</strong> e<strong>in</strong>zusteigen. E<strong>in</strong>e Wie<strong>der</strong>aufnahme <strong>der</strong> Ölproduktion unter britischer Leitung wäre selbst nach dem<br />

Regierungswechsel für die <strong>Iran</strong>er nicht h<strong>in</strong>zunehmen gewesen. Also gründete man nun e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationales<br />

Konsortium, <strong>in</strong> dem die britische AIOC nur noch 40 Prozent <strong>der</strong> Anteile hielt. Weitere 40 Prozent g<strong>in</strong>gen an<br />

die großen fünf amerikanischen Ölkonzerne, das letzte Fünftel teilten sich die Royal Dutch Shell und die<br />

Compagnie Française de Pétrole. <strong>Die</strong> <strong>Iran</strong>er erhielten fortan die Hälfte <strong>der</strong> Profite, die das Konsortium<br />

e<strong>in</strong>strich, die AIOC bekam e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ate Entschädigung zur Deckung ihrer Verluste, und die AIOC-Aktie<br />

schnellte auf Rekordhöhe.“<br />

„<strong>Die</strong> Amerikaner hatten im Laufe <strong>der</strong> <strong>Iran</strong>krise im Nahen Osten das Heft <strong>in</strong> die Hand genommen – mehr <strong>als</strong><br />

drei Jahre vor dem Konflikt um die Besetzung des Sueskan<strong>als</strong> <strong>in</strong> Ägypten. Im <strong>Iran</strong> errichteten sie das Paradebeispiel<br />

e<strong>in</strong>es korrupten und brutalen Marionettenregimes. Gefüttert mit hoher Militär- und Wirtschaftshilfe<br />

sowie gestützt durch e<strong>in</strong>en rücksichtslosen Geheimdienst, machten sie den Schah für die nächsten 25 Jahre zur<br />

starken Figur im Land – und zu e<strong>in</strong>em <strong>der</strong> verhasstesten Diktatoren <strong>der</strong> islamischen Welt.“ (Martschukat<br />

2003.)<br />

<strong>Die</strong> Konsequenzen, die Martschukat hier zieht, s<strong>in</strong>d bis zum Ende <strong>der</strong> Šah-Ära gültig und begründen die politischen<br />

Voraussetzungen <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong>. <strong>Die</strong>se vielfältigen Quellen erweisen den S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er<br />

Kennzeichnung <strong>der</strong> Ära Mossadegh <strong>als</strong> Angelpunkt <strong>der</strong> iranischen Nachkriegsgeschichte und <strong>als</strong> Zeichen für die<br />

gesellschaftlich-politische Verankerung <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>in</strong> den Erfahrungen <strong>Iran</strong>s mit se<strong>in</strong>er<br />

eigenen Geschichte. Es ist notwendig, diese Periode auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> didaktischen Arbeit zu betonen und differenziert<br />

herauszuarbeiten und zu <strong>in</strong>terpretieren.<br />

3.1.3.3. <strong>Die</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Situation zur Zeit <strong>der</strong> »Weißen <strong>Revolution</strong>«<br />

<strong>Die</strong> bisherigen Zitate und Ausführungen zur Geschichte und Zeitgeschichte <strong>Iran</strong>s habe deutlich gemacht, zu welchen<br />

Konflikten und sozio-ökonomischen Disparitäten das Land sich h<strong>in</strong> entwickelt hat und wie wenig deutlich<br />

Perspektiven e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tegrativen und problemlösenden Entwicklung aus <strong>der</strong> Situationsdarstellung abzulesen s<strong>in</strong>d. 296<br />

Bevor wir an Hand e<strong>in</strong>iger Dokumente über das endgültige Scheitern <strong>der</strong> »Weißen <strong>Revolution</strong>« und damit<br />

über das Scheitern des Šah-Systems die Grundlagen für e<strong>in</strong> Verständnis <strong>der</strong> Ursachen <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Iran</strong> legen wollen, sollte aus dem Jahrzehnt bis zum Systembruch e<strong>in</strong>e Anzahl ausgewählter Situationsbeurteilungen<br />

aus unterschiedlicher Wertungsperspektive den Zustand <strong>der</strong> Gesellschaft und des Staates <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> verdeutlichen.<br />

296<br />

Auch hier sollte noch e<strong>in</strong>mal ausdrücklich darauf h<strong>in</strong>gewiesen werden, dass <strong>in</strong> dieser Untersuchung ke<strong>in</strong>e iranistische<br />

Forschung betrieben werden soll, son<strong>der</strong>n dass verfügbare Materialien <strong>in</strong> didaktische Kontexte gestellt werden, um e<strong>in</strong>e<br />

verän<strong>der</strong>te didaktische Konzeption am exemplarischen Beispiel <strong>Iran</strong> entwickeln und begründen zu können. Dennoch sei<br />

hier auf e<strong>in</strong>ige vom Verfasser zu Grunde gelegte iranistische und historische Werke mitgeteilt werden, die zum besseren<br />

Verständnis möglicher adäquater Urteilsperspektiven im Zusammenhang mit dem Scheitern des Šah-Regimes und des Erfolges<br />

<strong>der</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> beitragen können und diesen Beurteilungen und E<strong>in</strong>schätzungen ihre notwendige<br />

historische Vertiefung o<strong>der</strong> auch Relativierung verleihen. Zur grundlegenden Information über die Gesamtgeschichte Persiens<br />

dürfte auch heute noch das ältere Werk von Alessandro Bausani (»<strong>Die</strong> Perser«. 1965) empfehlenswert se<strong>in</strong>. Wir haben<br />

es schon <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Auszügen verwendet und zitiert. Für e<strong>in</strong>e politisch prononcierter kritische und sozialwissenschaftliche<br />

Interpretation <strong>der</strong> iranischen Geschichte sei vor allem auf folgende Werke verwiesen, die dem Verfasser für die Entwicklung<br />

se<strong>in</strong>er Perspektiven wichtig gewesen s<strong>in</strong>d, auch wenn sie hier nicht im E<strong>in</strong>zelnen kommentiert und zitiert werden:<br />

E<strong>in</strong>e an marxistischen Kategorien entwickelte Perspektive <strong>der</strong> Geschichte <strong>Iran</strong>s f<strong>in</strong>det sich bei Massarat 1977. <strong>Die</strong> gesellschaftliche<br />

und politische Krise am Ende <strong>der</strong> Šah-Zeit wird ausführlich dargestellt bei Irnberger 1977 und Nirumand<br />

1965. Zur Dynamik und zur Problematik <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> f<strong>in</strong>den sich wichtige Darstellungen bei Behrawan<br />

1980, Gholamassad 1995 und 1997, Massarat 1979, Nirumand 1985 und Tilgner 1979. <strong>Die</strong> oppositionelle Rolle <strong>der</strong><br />

šiitischen Geistlichkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> iranischen Geschichte wird dargestellt bei Algar 1972 und Alomand 1979.<br />

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