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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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3. <strong>Die</strong> Ereignisse <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>in</strong> Zeiten <strong>der</strong> <strong>Revolution</strong><br />

Schon <strong>in</strong> dieser Zeit bildet sich <strong>der</strong> Dualismus und Interessengegensatz <strong>der</strong> Oppositionsbewegungen gegen das Šah-<br />

Regime zwischen dem Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Landbevölkerung und <strong>der</strong> sich langsam herausbildenden städtischen Unterschichten<br />

heraus, die durch ökonomische Not motiviert und von traditionellen Wert- und Gerechtigkeitsvorstellungen<br />

geprägt war und <strong>in</strong> <strong>der</strong> konservativen islamische Geistlichkeit Unterstützung fand, und <strong>der</strong> Opposition <strong>der</strong><br />

städtischen Schichten, die auf e<strong>in</strong>e Reform drängten und durch die Wahrnehmung e<strong>in</strong>es Mo<strong>der</strong>nitätsrückstandes<br />

motiviert waren.<br />

<strong>Die</strong> verschiedenen Kämpfe <strong>der</strong> iranischen Bevölkerung gegen die Kadjarenkönige für die Annullierung von<br />

Verträgen, die geeignet waren, das Land stärker <strong>in</strong> die koloniale Abhängigkeit zu br<strong>in</strong>gen, trug dazu bei, das<br />

Bewusstse<strong>in</strong> des iranischen Volkes zu schärfen. In den verschiedenen Phasen dieser Kämpfe wurde ihm die<br />

Handelsweise des Königs, se<strong>in</strong>e Rolle beim Ausverkauf des Landes an die imperialistischen Län<strong>der</strong> deutlich vor<br />

Augen geführt.<br />

Letztlich führten die Oppositionsbewegungen zwar zu e<strong>in</strong>er generellen Destabilisierung des Herrschaftssystems,<br />

durch die damit verbundene gesellschaftliche Des<strong>in</strong>tegration kam es jedoch nicht zu e<strong>in</strong>em grundlegenden<br />

Systemwandel, son<strong>der</strong>n im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t alle<strong>in</strong>e zu e<strong>in</strong>em Dynastiewechsel. Der Reformstau <strong>in</strong> <strong>der</strong> iranischen<br />

Gesellschaft ermöglichte dann die <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong>, die erstm<strong>als</strong> von Seiten <strong>der</strong> Opposition e<strong>in</strong><br />

glaubhaftes gesellschaftliches Integrationskonzept anbot und zunächst auch umsetzen konnte.<br />

Konstitutionelle <strong>Revolution</strong> 242<br />

In den ersten Jahren des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts bewirkte die vom Hof bestimmte, auf eigene E<strong>in</strong>nahmen konzentrierte<br />

Wirtschaftspolitik <strong>Iran</strong>s, dass die e<strong>in</strong>heimische Wirtschaft nicht den ausländischen, durch Zoll- und Steuervergünstigungen<br />

unterstützten Warenangeboten standhalten konnte. Das führte zu e<strong>in</strong>er alle<strong>in</strong> konsumorientierten<br />

Wirtschaft, <strong>der</strong> jedoch die notwendige Produktivität und Kaufkraft fehlte, was zum Bankrott vieler Kaufleute und<br />

Kle<strong>in</strong>händler beitrug. <strong>Die</strong> wirtschaftlich desolate Lage verursachte e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Unzufriedenheit, die sich 1905<br />

durch Demonstrationen und Streiks entlud.<br />

<strong>Die</strong> For<strong>der</strong>ung nach e<strong>in</strong>er Verfassung für <strong>Iran</strong> und nach freien Wahlen für e<strong>in</strong> Parlament, das für die Legislative<br />

verantwortlich se<strong>in</strong> sollte, bestimmte die bürgerlich-<strong>in</strong>tellektuelle Opposition. Nach dem Muster <strong>der</strong> europäischen<br />

und nordamerikanischen Menschenrechtsdeklarationen trat diese Opposition ebenso für den Schutz persönlicher<br />

Rechte e<strong>in</strong>.<br />

Der Šah ließ sich auf die Zulassung von Wahlen zu e<strong>in</strong>em Parlament, das an die altislamische Tradition <strong>der</strong><br />

Ratsversammlungen anknüpfte, <strong>der</strong> madjlis, e<strong>in</strong>. Am 07.10.1906, während <strong>der</strong> ersten parlamentarischen Periode <strong>in</strong><br />

<strong>Iran</strong>, wurde <strong>der</strong> Entwurf des Grundgesetzes verabschiedet, <strong>der</strong> noch von Mozafar ed-D<strong>in</strong> Šah am 30.12. desselben<br />

Jahres ratifiziert wurde. Doch wurden nicht alle For<strong>der</strong>ungen durchgesetzt. So erhielten Besitzlose, Bauern und<br />

Frauen ke<strong>in</strong> Wahlrecht.<br />

<strong>Die</strong> „konstitutionelle <strong>Revolution</strong>“ schränkte – zum<strong>in</strong>dest „auf dem Papier“ und deklamatorisch – die Vollmachten<br />

des Königs e<strong>in</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Oppositionsbewegung setzte sich fort, und es gelang <strong>der</strong> ihr mit <strong>der</strong> Zeit gegen den harten Wi<strong>der</strong>stand des<br />

Königs weitere Zugeständnisse zu erlangen. <strong>Die</strong> Schwäche <strong>der</strong> Herrschaft öffnete <strong>Iran</strong> jedoch für weitere<br />

Des<strong>in</strong>tegration und E<strong>in</strong>wirkungen von außen. <strong>Die</strong> Inkorporation <strong>in</strong> das Weltsystem trat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue Phase:<br />

„<strong>Die</strong> Imperialisten versuchten, die politische Entwicklung <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> auf verschiedene Weise zu bee<strong>in</strong>flussen, um ihre<br />

Interessen weiterh<strong>in</strong> durchzusetzen, merkten jedoch bald, dass das immer weniger möglich war. So e<strong>in</strong>igten sich die<br />

Koloniallän<strong>der</strong> England und Russland am 31. 08.1907 darauf, <strong>Iran</strong> unter sich zu teilen und das Land <strong>in</strong> ihre E<strong>in</strong>flusszonen<br />

zu spalten. Hiermit war die nationale Unabhängigkeit und territoriale Integrität des <strong>Iran</strong> aufgelöst. Man wollte so die<br />

konstitutionelle <strong>Revolution</strong> aufhalten.“ 243<br />

Interessant ist <strong>in</strong> diesem Zitat die ausdrückliche antiimperialistische Term<strong>in</strong>ologie. Es sollte, um hier noch e<strong>in</strong>mal<br />

e<strong>in</strong>e didaktisch-methodische Anmerkung e<strong>in</strong>zuschieben, im Unterricht versucht werden, den Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schülern zu vermitteln, welche rezeptionsbestimmende Bedeutung die Wahl e<strong>in</strong>er bestimmten Term<strong>in</strong>ologie hat, die<br />

durchaus nicht ohne weiteres »wertneutral« verwendet werden kann. Im nächsten Zitat wird auch deutlich, dass<br />

unterschiedliche Darstellungsperspektiven möglich s<strong>in</strong>d, je nachdem ob die Verschiebungen <strong>der</strong> Machtbalancen und<br />

<strong>der</strong> damit verbundenen politischen Strategien o<strong>der</strong> die Darstellung e<strong>in</strong>er Ereignisgeschichte im Vor<strong>der</strong>grund des<br />

Interesses stehen. Auch hier geben die verwendeten Kategorien Aufschluss über die angelegten politischen<br />

Bewertungsmaßstäbe, die auch bestimmte Erklärungskonzepte implizieren.<br />

„Der Abschluss des Vertrages über die Teilung des <strong>Iran</strong>s stärkte den Kadjarenkönig Muhammad Ali Schah, <strong>der</strong> dem<br />

Madjlis (= erstes iranisches Parlament) den Kampf angesagt hatte. Se<strong>in</strong> Ziel war es, das Parlament zu zerschlagen und<br />

die alte Herrschaftsform wie<strong>der</strong> herzustellen. Trotz e<strong>in</strong>es von ihm bewirkten, grausamen Gemetzels <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Versammlung<br />

242<br />

<strong>Die</strong> folgenden Abschnitte bieten <strong>in</strong> <strong>der</strong> didaktischen Reflexion wenig Neues, sorgen aber für e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Vervollständigung<br />

des historischen Abrisses, soweit er zum besseren Verständnis <strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong><br />

notwendig ist. <strong>Die</strong> Darstellung folgt zwar im Pr<strong>in</strong>zip noch <strong>der</strong> Argumentation <strong>der</strong> Schülerarbeit, hebt aber nur noch ausnahmsweise<br />

kommentierungsbedürftige E<strong>in</strong>zelaussagen <strong>als</strong> direkte Zitate hervor. <strong>Die</strong> Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausführungen ist <strong>in</strong><br />

dem schon erörterten S<strong>in</strong>ne für e<strong>in</strong>e übliche Darstellung aus Schülerperspektive typisch. – Zum Thema <strong>der</strong> „Konstitutionellen<br />

<strong>Revolution</strong>“ Anfang des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts vgl. die neue Darstellung bei Alikhani, Behrouz, 2012.<br />

243<br />

Zitat aus e<strong>in</strong>em Schülerreferat. Vgl. Vorbemerkung zum Abschnitt 3.1.1.<br />

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