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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

<strong>Die</strong> Inhalte <strong>der</strong> öffentlichen Diskurse, die jetzt mehrfach angesprochen worden s<strong>in</strong>d, führen zu <strong>der</strong> Notwendigkeit<br />

e<strong>in</strong>er Positionsbeschreibung aus <strong>der</strong> Konsequenz <strong>der</strong> Problemdarstellung heraus. Daher sollen<br />

hier die didaktischen Grundsatzentscheidungen skizziert werden, die <strong>als</strong> Fundament e<strong>in</strong>er diskursiven didaktisch-curricularen<br />

Näherung an das Thema <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> verstanden werden sollen.<br />

Leitbegriffe s<strong>in</strong>d dabei die Ablehnung e<strong>in</strong>er staatsaffirmativen <strong>Politischen</strong> Bildung, die pädagogische<br />

Eigenverantwortung, die notwendigerweise zu schülerzentrierten Unterrichtsstrategien führen muss und die<br />

Konzentration auf didaktische Konzepte <strong>der</strong> Exemplarität, <strong>der</strong> kritischen Reflexion und des<br />

Projektorientierten (ergebnisoffenen) Lernens.<br />

1.4. Didaktische Grundsatzentscheidungen<br />

Zwei antagonistische Konzeptionen <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung stehen sich seit <strong>der</strong> Aufklärung, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e aber<br />

seit den Ansätzen <strong>der</strong> Reformpädagogik gegenüber (zurückgehend z.T. auch auf Jean-Jaques Rousseau,<br />

Emile 88 ): Das Ziel, die Schüler auf e<strong>in</strong> möglichst angepasstes Leben <strong>in</strong> <strong>der</strong> bestehenden Gesellschaft vorzubereiten<br />

(staatsaffirmativer Ansatz) o<strong>der</strong> das Ziel, die Möglichkeiten und die Individualität <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler zu entwickeln und selbstbewusste Menschen – mit Wi<strong>der</strong>standspotentialen 89 – <strong>in</strong> ihr Leben zu<br />

entlassen. Nur letzteres ist e<strong>in</strong>e legitime Konzeption e<strong>in</strong>er freiheitlich-demokratischen Gesellschaft – doch die<br />

Bildungspolitik ignoriert diese Prämisse weitgehend...<br />

1.4.1. Das Versagen <strong>der</strong> staatsaffirmativen <strong>Politischen</strong> Bildung<br />

In dieser vorliegenden Problematik kann und muss auch um <strong>der</strong> Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung willen<br />

e<strong>in</strong>e fundamentale Infragestellung und Relativierung dieser Perspektiven ansetzen. <strong>Die</strong> grundlegende philosophische<br />

Arbeit dazu kann hier nicht geleistet werden, die sozialtheoretischen Ansätze können hier nur kurz und exkursorischen<br />

skizziert werden. Ausgehend von <strong>der</strong> grundsätzlichen Kritik am Entwicklungsbegriff, <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Sechziger<br />

und Siebziger Jahren vom kritischen tierre mondisme ausg<strong>in</strong>g und vor allem den eurozentrischen Entwicklungsbegriff<br />

grundsätzlich <strong>in</strong> Frage stellte, und zur zentralen Fragestellung <strong>der</strong> e<strong>in</strong> immer größeres theoretisches Gewicht<br />

erlangenden Kulturwissenschaft wurde, 90 haben gerade zivilisationstheoretische Konzepte zu e<strong>in</strong>er grundsätzlichen<br />

Relativierung dieses fragwürdigen Stabilitätsbegriffes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialanthropologie wie <strong>in</strong> den Sozialwissenschaften<br />

selbst geführt.<br />

In <strong>der</strong> Philosophie korrespondiert mit diesem sozialwissenschaftlichen Pardigmenwandel die vor allem <strong>in</strong><br />

jüngster Zeit geführte Kontroverse um den Dekonstruktivismus und die Konzepte <strong>der</strong> »Postmo<strong>der</strong>ne«. Wenn auch <strong>in</strong><br />

den klassischen Schriften <strong>der</strong> Zivilisationstheorie bei Norbert Elias selbst noch gewisse traditionelle »positive«<br />

Entwicklungsvorstellungen erkennbar s<strong>in</strong>d 91 – ist dar<strong>in</strong> nicht vielmehr e<strong>in</strong>e durch se<strong>in</strong>e Biographie erschließbare<br />

menschliche Hoffnung auf die Möglichkeiten e<strong>in</strong>es zivilisierten Lebens erkennbar? 92 –, so bestehen spätere auf Elias<br />

aufbauende zivilisationstheoretische Studien (z.B. bei Waldhoff, Wouters u.a.) auf dem sich hier anbahnenden<br />

Paradigmenwandel, soziale und anthropologische Realität nicht primär <strong>als</strong> nur potentiell wandelbare stabile Situation<br />

o<strong>der</strong> Identität, son<strong>der</strong>n grundsätzlich <strong>als</strong> Prozess und permanente Verän<strong>der</strong>ung zu begreifen 93 , bei <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

relative Stabilität entwe<strong>der</strong> nur e<strong>in</strong>e durch die Interessenperspektiven e<strong>in</strong>geschränkte Realitätswahrnehmung o<strong>der</strong><br />

88<br />

89<br />

90<br />

Vgl. dazu – auch <strong>als</strong> Unterrichtsmaterial geeignet – Gerhard Voigt; Kurzer Abriß <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Gesellschaftsvertragstheorien<br />

bis zu Rousseaus „Du Contrat Social“. – http://www.voigtbismarckschule.de/Publikationen/staatsphilosophie.htm.<br />

Dort auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er power po<strong>in</strong>t-Fassung.<br />

Voigt, Gerhard, 2001: Wi<strong>der</strong>ständigkeit <strong>als</strong> Gültigkeitsproblem <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung. Krisen und Konfliktfel<strong>der</strong> zwischen<br />

Universalisierungsanspruch und Nationfixierung. In: Claußen, Bernhard / Donner, Wolfgang / Voigt, Gerhard,<br />

Hrsg., 2001: Krise <strong>der</strong> Politik – Politische Bildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krise? Diskussionsbeiträge aus <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> Akademie für Politik,<br />

Wirtschaft und Kultur <strong>in</strong> Mecklenburg-Vorpommern <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem Verband <strong>der</strong> Politiklehrer. Demokratie<br />

und Aufklärung: Kritische Sozialwissenschaften und Politische Bildung im Diskurs – Materialien, Band 1. Galda +<br />

Wilch Verlag. Glienicke/Berl<strong>in</strong> / Cambridge/Massachusetts.<br />

In diesem Zusammenhang steht die hier nicht weiter zu vertiefende Kontroverse um den Kulturrelativismus und die Universalität<br />

von Werten und Menschenrechten, die im Konzept <strong>der</strong> schulischen Werteerziehung e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielt.<br />

91<br />

Dabei sollte aber gerade die sehr persönlich gehaltene ausgewogene Relativierung <strong>der</strong> Beurteilung des Zivilisationsprozesses<br />

im Vorwort von 1936 zu Norbert Elias: Über den Prozess <strong>der</strong> Zivilisation (Neuausgabe Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 1976, Bd. I.<br />

S. LXXX f., zitiert nach Elias 1990) heranzuziehen se<strong>in</strong>, um das hohe, distanzierte Reflexionsniveau, auf dem sich dieses<br />

theoretische Konzept bewegt, angemessen zu rezipieren.<br />

92<br />

93<br />

E<strong>in</strong> Stück weit realer Perspektiven, Zivilisationsprozesse <strong>als</strong> wertorientierte Möglichkeiten zu begreifen, entwickelt direkt<br />

an Elias anknüpfend Gleichmann mit mehreren Aufsätzen zu <strong>der</strong> bewegenden Frage: „S<strong>in</strong>d Menschen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, vom<br />

gegenseitigen Töten abzulassen“, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong> wichtiger und längst noch nicht ausreichend rezipierter Neuzugang zur<br />

Problematik des Krieges gefor<strong>der</strong>t und <strong>in</strong> gewichtigen Fragestellungen auch schon entwickelt wird.<br />

Ist hier e<strong>in</strong>e Brücke zurück zum vorsokratischen panta rhei zu schlagen? Erkenntnistheoretisch <strong>in</strong>teressant mag es se<strong>in</strong>, zu<br />

untersuchen, <strong>in</strong> welchen gesellschaftlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen und biographischen Erfahrungswelten dynamische o<strong>der</strong><br />

strukturorientierte, stabilitätsgerichtete Realitätsparadigmen <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund treten.<br />

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