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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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3. <strong>Die</strong> Ereignisse <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>in</strong> Zeiten <strong>der</strong> <strong>Revolution</strong><br />

Lehrers, Geographie zu betreiben, verstanden wird. E<strong>in</strong>ige neuere Arbeiten versuchen hier jedoch e<strong>in</strong>en Wandel<br />

e<strong>in</strong>zuleiten. Zunächst wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> H<strong>in</strong>weis auf die Kommentierung von praxisnahen Unterrichtsmodellen:<br />

E<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>teressanten Ansatz f<strong>in</strong>det die Unterrichtse<strong>in</strong>heit »Mit welchem Recht?«, 1980, von Dörr,<br />

u.a., e<strong>in</strong>er Gruppe von praktischen Entwicklungshelfern, die ihre eigene Lebenssituation, ihre Betroffenheit <strong>in</strong> den<br />

Unterrichtsentwurf e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen und dem Schiller vermitteln wollen. Motivation läuft hier vor allem auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong><br />

personalen Identifikation Parallelen f<strong>in</strong>den sich sicher auch immer dann, wenn <strong>der</strong> Geographielehrer selbst Praxiserfahrung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> »Dritten Welt« vorweisen kann, die er <strong>in</strong> Unterricht umsetzt. Ihren Ansatz beschreiben die Autoren<br />

wie folgt (S. 13):<br />

„Bildungsarbeit auf dem Gebiet <strong>der</strong> Unterentwicklung muss gegen e<strong>in</strong>er Berg von Vorurteilen und Klischees<br />

ankämpfen ... Statt Zusammenhänge zu erklären und die Strukturen <strong>der</strong> Unterentwicklung aufzuklären, werden<br />

lediglich die Ersche<strong>in</strong>ungsformen von Unterentwicklung zur Behandlung des Themas herangezogen. Auch im<br />

Bildungsbereich wird das Wissen darüber, dass die gewaltsam betriebene Unterentwicklung <strong>der</strong> sog.<br />

‚Entwicklungslän<strong>der</strong>‘ Folge und Bed<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> europäischen Handels- und Wirtschaftszentren<br />

war, erfolgreich verdrängt.“<br />

<strong>Die</strong> eigene moralische Motivation <strong>der</strong> Verfasser wird hier sehr deutlich gemacht. Wie überträgt sich das auf den<br />

Schüler? Wie<strong>der</strong> die Autoren des Buches (S.15):<br />

„Grundsätzlich zeigte sich... immer Interesse <strong>der</strong> Schüler an entwicklungspolitischen Fragestellungen. <strong>Die</strong>ses<br />

Interesse verharrte jedoch immer o<strong>der</strong> fast immer im emotional-konsumentenhaften Bereich ... Der motivierende<br />

Effekt <strong>der</strong> Geschichten alle<strong>in</strong> erwies sich <strong>als</strong> zu kurzfristiger Impuls und das mehrheitliche Schüler<strong>in</strong>teresse<br />

verflachte zusehends, wenn die Schüler merkten, dass nicht e<strong>in</strong> Abenteuer aus e<strong>in</strong>em exotischen<br />

Land auf sie wartete.“<br />

<strong>Die</strong>se praktische Erfahrung bestätigt unsere Ausführungen über die mangelnde Tragfähigkeit <strong>der</strong> Exotikmotivation.<br />

Der Schritt zu echten Betroffenheit muss gefunden werden. <strong>Die</strong> Unterrichtsmaterialien des BMZ, die von <strong>der</strong> Sache<br />

her viele <strong>in</strong>teressante Anregungen bieten und den meisten Lehrern bekannt s<strong>in</strong>d, liefern <strong>in</strong> diesem Bereich ke<strong>in</strong>e<br />

Hilfe.<br />

Ist Betroffenheit nun mit »Solidarität« mit <strong>der</strong> »Dritten Welt« zu umschreiben? Theo Rauch schreibt dazu (<strong>in</strong>:<br />

»Geographie <strong>als</strong> politische Bildung«, 1978, S.251):<br />

„<strong>Die</strong> Realität zeigt auch, dass Lernprozesse und gesellschaftliches Handeln auch ohne die Grundlage eigener<br />

Erfahrung, alle<strong>in</strong> basierend auf Solidaritätsgefühlen zustande kommen können. Deutliches Beispiel hierfür<br />

sche<strong>in</strong>t mir <strong>der</strong> Vietnamkrieg zu se<strong>in</strong> ... Grundlage … ist hier weniger die geme<strong>in</strong>same Interessenlage, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>spruch zwischen gesellschaftlichen Normen und <strong>der</strong> Realität, die aus <strong>der</strong> Erfahrung solcher<br />

Wi<strong>der</strong>sprüche resultierende Empörung über Unrecht.“<br />

<strong>Die</strong>s Zitat zeigt jedoch deutlich, dass die Maßstäbe, nach denen das Empörungspotential gemessen wird, dass die<br />

Anlässe, an denen sich Empörung entzündet, gesellschaftlichen Voraussetzungen und <strong>der</strong> Aufbereitung <strong>in</strong> den<br />

Medien unterliegt; es zeigt gleichermaßen, dass hier vor allem die <strong>in</strong>formierte Mittel- und Oberschicht angesprochen<br />

wurde und wird, die Träger <strong>der</strong> studentischen Protestbewegung <strong>der</strong> 60er-Jahre wurde. Als allgeme<strong>in</strong>e Unterrichtsvoraussetzung<br />

dürfte diese »Solidarität« wohl kaum <strong>in</strong> Frage kommen.<br />

3.4.4. Didaktische Probleme<br />

Wie setzt sich nun die Fachdidaktik mit den aufgezeigten Problemen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>? Rolf Gutte 455 kritisiert den schon<br />

erwähnten oberflächlichen Motivationsbegriff:<br />

„Wichtigste Bed<strong>in</strong>gung für e<strong>in</strong>e dauerhafte Lernmotivation liegt nach den Erkenntnissen <strong>der</strong> Motivationspsychologie<br />

im Lern<strong>in</strong>halt selbst. In <strong>der</strong> Geographie wird dies zuweilen mißverstanden, wenn z.B. H<strong>in</strong>weise<br />

auf ‚<strong>in</strong>teressante‘ Themen wie das Leben bei den Eskimos, Pygmäen etc. erfolgen: Motivation durch Exotik<br />

<strong>der</strong> Lern<strong>in</strong>halte. ... hier liegt e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Gedanke zugrunde: Lern<strong>in</strong>halte selbst werden auf die zukünftige<br />

Lebenspraxis <strong>der</strong> Schüler bezogen. Schüler s<strong>in</strong>d bereit, sich zu engagieren, wenn die Sache, <strong>der</strong> Lerngegenstand<br />

für ihre gegenwärtige o<strong>der</strong> absehbare zukünftige Lebenspraxis von Bedeutung ist.“<br />

Hier tritt das Dilemma des Themas »Dritte Welt« <strong>in</strong> aller Klarheit zutage. Marianne Gronemeyer 456 führt aus:<br />

„Das Problem, mit dem jede Curriculumplanung zum Lernbereich »Dritte Welt« zu tun hat, ist die Frage: ‚Wie<br />

kann das Ferne nahe gebracht werden?‘ und das nicht nur im geographischen S<strong>in</strong>ne. Wie kann die objektive<br />

Betroffenheit von Dritte-Welt-Problemen <strong>als</strong> subjektive Betroffenheit konkretisiert werden, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Lernbereich, <strong>in</strong> dem – kollektiv und <strong>in</strong>dividuell – erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um Betroffenheit<br />

zu vergessen: besser gut verdrängt, <strong>als</strong> immer dasselbe schlechte Gewissen.“<br />

<strong>Die</strong> Autor<strong>in</strong> zieht daraus die folgenden Konsequenzen:<br />

„Solange Schule und Lehrer sich gewissermaßen zum Sachwalter des alle<strong>in</strong> relevanten und zukunftshaltigen<br />

Erfahrungspotenti<strong>als</strong> erklären, wird <strong>der</strong> Schüler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Kampf um se<strong>in</strong>e schiere Existenz verwickelt, <strong>in</strong> den<br />

auch die Verarbeitung des Nicht-Akzeptiert-Se<strong>in</strong>s gehört“ (S.65) ... „<strong>Die</strong> Kluft zwischen Erfahrungsbestand<br />

und Interessenniveau des Schülers e<strong>in</strong>erseits und dem Stoff <strong>in</strong>härenten Anspruch auf e<strong>in</strong>e bestimmte Qualität<br />

455<br />

Motivation und Lernen, <strong>in</strong>: Metzler HGU, 1982, S. 214 ff.<br />

456<br />

Dritte Welt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule, <strong>in</strong>: »Zur Methodik des Lernbereichs Dritte Welt«, 1977, S. 59<br />

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