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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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1. <strong>Die</strong> „<strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong>“ <strong>in</strong> politischen und didaktischen<br />

Kontexten: E<strong>in</strong> Problemüberblick<br />

Dom<strong>in</strong>anz globalisierter Diskurse auch kulturell-gesellschaftliche und politische Universalisierungsprozesse evoziert<br />

und ermöglicht, und <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> <strong>in</strong>nergesellschaftlichen Individualisierung, <strong>der</strong> durchaus nicht zur<br />

gesellschaftlichen Differenzierung und politisch-kultureller Vielfalt führt, son<strong>der</strong>n wie wir ausgeführt haben e<strong>in</strong><br />

sozialpsychologisches Moment <strong>der</strong> Komplexitätsreduzierung darstellt und damit zu e<strong>in</strong>er Entdifferenzierung und<br />

letztlich damit auch Homogenisierung <strong>der</strong> Realitätswahrnehmung und <strong>der</strong> gesellschaftlichen Situationsdef<strong>in</strong>itionen<br />

führt. Leitmotive s<strong>in</strong>d dabei die Konzentration <strong>der</strong> Aufmerksamkeit auf die Aktualität, da vermutet wird, dass nur<br />

diese unmittelbare Realität besitzt und die eigenen Interessen unmittelbar berühren kann.<br />

<strong>Die</strong>ser Wahrnehmungse<strong>in</strong>schränkung unterliegt zunächst e<strong>in</strong>mal auch je<strong>der</strong> <strong>in</strong>terkulturelle Kontakt, jede <strong>in</strong>terkulturelle<br />

Kommunikation, <strong>der</strong>en Differenzen entwe<strong>der</strong> negiert o<strong>der</strong> verdrängt werden o<strong>der</strong> zur aggressiven Abwehr<br />

gerade dies <strong>in</strong>terkulturellen Kontaktes führen. Das ist e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> fundamentales politisches Problem, an<strong>der</strong>erseits<br />

e<strong>in</strong>e erschwerende Bed<strong>in</strong>gung für die Politische Bildung. In unseren bisherigen Untersuchungen wird gerade auch<br />

die Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit <strong>der</strong> Situationsbeschreibung deutlich, die zu rezipieren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule sehr schwer fällt. Dass<br />

Globalisierungs- und Universalisierungsprozesse <strong>als</strong> Homogenisierungsprozesse verstanden werden können, gilt<br />

schon <strong>als</strong> Allgeme<strong>in</strong>platz. Wi<strong>der</strong>sprüchlicher ist dabei schon die Bewertung, ob es sich <strong>als</strong> e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> ökonomische<br />

Zwangsläufigkeit o<strong>der</strong> tatsächlich um e<strong>in</strong>e gesamtgesellschaftliche »Mo<strong>der</strong>nisierung« handelt und wie gravierend<br />

tatsächlich die Auswirkungen <strong>der</strong> Globalisierung s<strong>in</strong>d. Im <strong>in</strong>terkulturellen Vergleich wird dieser Dissenz noch<br />

offensichtlicher. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite wi<strong>der</strong>spricht die eigene gesellschaftliche Situationswahrnehmung oftm<strong>als</strong><br />

diametral dieser Homogenisierungsthese, wenn die zunehmende strukturelle, kulturelle und ethnische Heterogenisierung<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft und auch <strong>der</strong> Lerngruppen thematisiert und zunehmend <strong>als</strong> Problem verstanden werden.<br />

Dass beide Phänomene letztlich gleiche strukturelle Ursachen haben sollen, ist nur schwer zu akzeptieren.<br />

Es stellt sich die Frage, wie aus <strong>der</strong> Beschäftigung mit z.B. <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> im Politikunterricht<br />

und zwar mit Hilfe von dem Aktualitätspr<strong>in</strong>zip verpflichteten Material die notwendige Reflexivität und<br />

Selbstbezüglichkeit entwickelt werden kann, um die Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsbarrieren zu überw<strong>in</strong>den<br />

und dennoch den <strong>in</strong>terkulturellen Verständigungszielen adäquat zu bleiben.<br />

Dass dies dem traditionellen Politikunterricht kaum gel<strong>in</strong>gen kann, ist schon von verschiedenen Ansätzen her,<br />

die sich hier wie<strong>der</strong>um bestätigen, postuliert worden. Der Weg über e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des Bildungsprozesses <strong>in</strong><br />

gesellschaftliche Diskurse ist nun <strong>in</strong>haltlich und didaktisch zu überprüfen. Das ist we<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Situation <strong>der</strong><br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, noch von den thematischen Rezeptionsbed<strong>in</strong>gungen her problemlos und leicht. E<strong>in</strong>e<br />

rezepthafte und erfolgversprechende praktische Anleitung, die die konkrete Unterrichtssituation nicht mit e<strong>in</strong>bezieht,<br />

ist grundsätzlich nicht möglich.<br />

<strong>Die</strong> Beschäftigung mit <strong>der</strong> – fremden o<strong>der</strong> eigenen – Biographie wird traditionell <strong>der</strong> Psychologie beziehungsweise<br />

Sozialpsychologie zugeordnet. Gerade <strong>in</strong> Unterrichtssituationen ist es aber notwendig, biographische<br />

Aspekte <strong>als</strong> Teil und Voraussetzung <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Kultur zu erfassen. <strong>Die</strong> umso mehr, <strong>als</strong> die die biographischen<br />

H<strong>in</strong>tergründe <strong>in</strong> den Lerngruppen zunehmend heterogener und differenzierter werden, vor allem<br />

auch durch die zunehmende Zahl von Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler mit „Migrationsh<strong>in</strong>tergrund“.<br />

1.5.2. Biographie und gesellschaftlicher Wandel<br />

1.5.2.1. Der Zivilisationsprozess und die eigene Biographie<br />

Zivilisationsprozesse und gesellschaftliche Verän<strong>der</strong>ungen werden nur zu leicht abstrakt und re<strong>in</strong> strukturell erörtert<br />

und verstanden. Dabei wird verdrängt, dass es ganz konkrete Personen s<strong>in</strong>d, die diesen Wandel tragen, verantworten<br />

o<strong>der</strong> erleiden. <strong>Die</strong> Frage – gerade beim didaktisch geschärften Blick – muss daher lauten: welche konkreten Erfahrungen<br />

bewirken auf die Gesellschaft bezogene Wertvorstellungen und Handlungsoptionen (Präferenzen). Geschichte<br />

wirkt durch die Biographie. An<strong>der</strong>erseits ist <strong>der</strong> Umkehrschluss nicht zutreffend, dass die Kenntnis <strong>der</strong><br />

Biographie Geschichte und Geschichtsverständnis h<strong>in</strong>reichend begründen könnte: hier fehlt die Distanz- und<br />

Analyseebene, die erst <strong>in</strong> verallgeme<strong>in</strong>ernden Aussagen zu f<strong>in</strong>den se<strong>in</strong> wird.<br />

Individualpsychologisch ist zunächst e<strong>in</strong>mal von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>maligkeit <strong>der</strong> Person, daher auch <strong>der</strong> E<strong>in</strong>maligkeit <strong>der</strong><br />

Realitätswahrnehmung und Realitätsdeutung auszugehen. Auf diese <strong>in</strong>dividuelle Verarbeitung <strong>der</strong> subjektiven Perspektiven<br />

ist später noch e<strong>in</strong>mal im Zusammenhang mit e<strong>in</strong>er kritischen Bewertung des Konzeptes <strong>der</strong> Identität und<br />

<strong>der</strong> Identitätsf<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>zugehen.<br />

Grundlage sozialwissenschaftlicher Erkenntnis ist jedoch die Erfahrung und die E<strong>in</strong>sicht, dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fülle<br />

möglicher und tatsächlicher Subjektivitäten erkennbare und erklärbare Regelhaftigkeiten aufzuzeigen und zu untersuchen<br />

s<strong>in</strong>d. Das liegt primär daran, dass sich Subjektivität nicht willkürlich und zufällig herausbildet, son<strong>der</strong>n<br />

durch <strong>in</strong>terpersonelle Beziehungen, Kommunikation, soziales Interagieren grundsätzlich auf an<strong>der</strong>e und damit auf<br />

die Gesellschaft bezogen geprägt und geformt wird, o<strong>der</strong> um es fachlich präziser auszudrücken: durch Sozialisations-<br />

und Enkulturationsprozesse, die durch reale und beschreibbare Sozialisationsbed<strong>in</strong>gungen bestimmt s<strong>in</strong>d.<br />

Philosophisch haben wir es generell <strong>in</strong> den Sozialwissenschaften mit dem Kont<strong>in</strong>genzproblem zu tun. <strong>Die</strong><br />

pr<strong>in</strong>zipiell unendlich große Zahl von Entwicklungs- und Entscheidungsalternativen lässt die e<strong>in</strong>zelne gesellschaftliche<br />

Entität <strong>als</strong> zufällig ersche<strong>in</strong>en. E<strong>in</strong>e erkennbare Determ<strong>in</strong>ation lässt sich nicht ableiten und begründen, e<strong>in</strong>e<br />

reale Prognose gesellschaftlicher Abläufe und politischer Entwicklungen ist mit h<strong>in</strong>reichen<strong>der</strong> Sicherheit nicht<br />

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