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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

struktur her wirklich geeignet war, diese zivilen Aufgaben s<strong>in</strong>nvoll und erfolgreich durchzuführen, zeigt letztlich das<br />

noch zu thematisierende Scheitern <strong>der</strong> »Weißen <strong>Revolution</strong>«.<br />

<strong>Die</strong> Schülerarbeit untersucht die »Stützen des Regimes« vor allem <strong>in</strong> <strong>in</strong>stitutioneller H<strong>in</strong>sicht. <strong>Die</strong> gesellschaftlichen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen erschließen sich Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern noch sehr schwer. So f<strong>in</strong>den wir<br />

zunächst e<strong>in</strong>e Sachdarstellung <strong>in</strong> üblicher Form:<br />

„Neben <strong>der</strong> Rastakhiz-Partei, die im März 1975 <strong>als</strong> iranische E<strong>in</strong>heitspartei gegründet wurde, und dem SAVAK-<br />

Geheimdienst gab es noch an<strong>der</strong>e Institutionen, die die Stellung des Schahs sicherten. Beispielsweise hatte die<br />

Regierung E<strong>in</strong>fluss auf die Gerichte. Das F<strong>in</strong>anzamt hatte sogar eigene Steuergerichte. Je<strong>der</strong> Armeeangehörige wurde<br />

bei je<strong>der</strong> Straftat vor e<strong>in</strong> Militärgericht gestellt, und bestimmte Vergehen kamen ausschließlich vor Militärgerichte. Zu<br />

diesen gehörten alle Straftaten im Bereich <strong>der</strong> Zivilluftfahrt.“ 264<br />

Wie schon gesagt stützt sich die Herrschaft <strong>der</strong> Pahlawi-Dynastie fast ausschließlich auf das Militär, das mit starker<br />

ausländischer Hilfe auf mo<strong>der</strong>nem Stand gehalten wird. <strong>Die</strong>ses Thema wird im Schülerreferat nun sehr ausführlich<br />

und detailliert geschil<strong>der</strong>t, <strong>in</strong>dem die Waffenkäufe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg dargestellt und zu Recht<br />

<strong>als</strong> wachsende auch politische B<strong>in</strong>dung an die USA gewertet werden. In unserem Kontext ist die detaillierte<br />

Darstellung nicht notwendig, vor allem, da sie kaum didaktische Interpretationsansätze vermittelt.<br />

Zur Information über die soziale Dimension <strong>der</strong> vom Šah abhängigen Oberschicht aus Familie, Militär und<br />

Wirtschaft dient ggf.: Schapour Ravasani 265 . Als Material für den Abschnitt „Unterrichtsvorschläge“ (Kapitel<br />

5.2.3.2. Zweite Unterrichtskonzeption: Län<strong>der</strong>kundlicher Ansatz, II.) vorgeschlagen und auf dem „Verzeichnis mit<br />

vorgeschlagenen Unterrichtsmaterialien“ <strong>als</strong> Material M 26 aufgeführt. Insbeson<strong>der</strong>e s<strong>in</strong>d die Anhangtabellen zu<br />

diesem Aufsatz aufschlussreich, die Namenslisten <strong>der</strong> dem Šah loyalen Oberschichtangehörigen mitteilen. 266<br />

Der erste siebenjährige Entwicklungsplan<br />

„Nach dem zweiten Weltkrieg <strong>in</strong>vestierten viele ausländischen Firmen mit Unterstützungen ihrer Regierungen und <strong>der</strong><br />

Zustimmung des persischen Staates im <strong>Iran</strong>. An <strong>der</strong> Spitze dieser Investoren standen die US-amerikanischen Firmen und<br />

die USA-Regierung, die gezielt bestimmte Projekte für den <strong>Iran</strong> erarbeiten und durchführen ließen. Nach <strong>der</strong> Truman-<br />

Doktr<strong>in</strong> sollte <strong>der</strong> <strong>Iran</strong> – wirtschaftlich gesehen – <strong>als</strong> Exporteur für Rohstoffe, M<strong>in</strong>eralien und bestimmte Agrarprodukte an<br />

neue <strong>in</strong>ternationale Arbeitsteilungen angeschlossen werden. Da dieser Plan vom Ausland bzw. von <strong>der</strong> herrschenden<br />

Klasse entwickelt worden war, fehlte ihm die Basis <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft. Er stellte somit e<strong>in</strong>en Fremdkörper dar. <strong>Die</strong><br />

nationale Bourgeoisie hatte we<strong>der</strong> se<strong>in</strong>e Zielsetzung mitbestimmt, noch sollte sie an se<strong>in</strong>er Durchführung teilhaben. Zwar<br />

fehlte ihr das Wissen und Können, um hochtechnisierte Projekte unabhängig und <strong>in</strong> eigener Leitung zu verwirklichen,<br />

jedoch wurde ihr auch <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss auf die Projekte, die sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage gewesen wäre selbständig durchzuführen, wie z.B.<br />

Straßenbau, Staudämme, nicht bewilligt. (<strong>Die</strong>ser Entwicklungsplan wurde am 15.02.1949 vom Parlament bestätigt und<br />

vom Schah ratifiziert.)“ 267<br />

<strong>Die</strong> Schülerdarstellung, die diesen Ausführungen zu Grunde liegt, ist recht <strong>in</strong>formativ und detailliert, wenn auch die<br />

durch die erste Bodenreform – und später die »Weißen <strong>Revolution</strong>« 268 – verursachten Prozesse <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Des<strong>in</strong>tegration nicht adäquat <strong>in</strong>terpretiert werden. Das entspricht durchaus den üblichen gesellschaftlichen<br />

Wahrnehmungsperspektiven von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern, wie auch den Rezeptionsstrukturen, die <strong>der</strong><br />

Geschichts- und Erdkunde-Didaktik traditioneller Weise zu Grunde liegen: Lernen geschieht vor allem im Zusammentragen<br />

und (chronologischen o<strong>der</strong> systematischen) Ordnen von Fakten und Sachverhalten und e<strong>in</strong>er daran<br />

anschließenden Bewertung.<br />

<strong>Die</strong> Notwendigkeit, aus dem Rezeptionsvorgang selbst hervorgehende Spannungsverhältnisse zu thematisieren<br />

und die Aufmerksamkeit auf die Mehrschichtigkeit von Realitätswahrnehmungen und -deutungen zu richten, was <strong>in</strong><br />

den oberen Klassenstufen durchaus explizit zu thematisieren ist und zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> <strong>der</strong> didaktischen Strukturierungsund<br />

Reflexionsebene dem Unterricht grundsätzlich berücksichtigt werden müsste, fehlt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis meistens. <strong>Die</strong>s<br />

spiegelt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gewissen E<strong>in</strong>dimensionalität <strong>der</strong> Schülerarbeiten und erweist die Notwendigkeit e<strong>in</strong>es<br />

264<br />

Zitat aus e<strong>in</strong>em Schülerreferat. Vgl. Vorbemerkung zum Abschnitt 3.1.1.<br />

265<br />

266<br />

Schapour Ravasani: <strong>Die</strong> wirtschaftlichen Ursachen des Sturzes <strong>der</strong> Pahlawi­Dynastie.<br />

Quelle: Ulrich Tilgner (Hg.): Umbruch im <strong>Iran</strong>. Augenzeugenberichte – Analysen – Dokumente. Re<strong>in</strong>bek bei Hamburg<br />

März 1979 (Rowohlt rororo aktuell 4441)<br />

Unterrichtse<strong>in</strong>heit „Län<strong>der</strong>kunde“ 2 – M 26-1: Materialien I – <strong>Die</strong> Besitztümer des Šah und: Unterrichtse<strong>in</strong>heit „Län<strong>der</strong>kunde“<br />

2 – M 26-2: Materialien II – Kapitaltransfer <strong>in</strong>s Ausland im September und Oktober 1978<br />

267<br />

Zitat aus e<strong>in</strong>em Schülerreferat. Vgl. Vorbemerkung zum Abschnitt 3.1.1.<br />

268<br />

<strong>Die</strong> politische Symbolik dieser vom Šah kreierten Bezeichnung sollte nicht vernachlässigt werden; sie setzt diese angebliche<br />

»<strong>Revolution</strong>« gegen die l<strong>in</strong>ke, sozialistische o<strong>der</strong> kommunistische <strong>Revolution</strong> ab, die von <strong>der</strong> l<strong>in</strong>ken Opposition, z.B.<br />

dem sozialistischen Studentenverband CISNU, propagiert wurde, und damit natürlich auch von den entsprechenden Wertvorstellungen<br />

e<strong>in</strong>er demokratischen, säkularen, liberalen und egalitären rechtsstaatlichen Gesellschaftsordnungen – alles<br />

Charakteristiken, die auf <strong>Iran</strong> zur Šah-Zeit ke<strong>in</strong>eswegs zutrafen. Der »<strong>Revolution</strong>sbegriff« war damit <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> allgeme<strong>in</strong> Rezipiert,<br />

so dass es nur folgerichtig ersche<strong>in</strong>t, dass das oppositionelle Machtbündnis, das den die Šah-Zeit abschließenden<br />

Umsturz trug, e<strong>in</strong>e <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> postulierte.<br />

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