03.06.2014 Aufrufe

Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

1. <strong>Die</strong> „<strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong>“ <strong>in</strong> politischen und didaktischen<br />

Kontexten: E<strong>in</strong> Problemüberblick<br />

überwiegend <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Fächern e<strong>in</strong>gesetzt werden 111 womit die Erfahrung e<strong>in</strong>er Umprofessionalisierung <strong>der</strong><br />

Politiklehrer<strong>in</strong>nen und Politiklehrer verbundene war und ist. Der Begriff des Selbstverständnisses erfährt jedoch bei<br />

Nettelmann (1997: 29) e<strong>in</strong>e grundlegende und notwendige Relativierung:<br />

<strong>Die</strong> Frage nach ihrem Selbstverständnis gehört zu den am häufigsten diskutierten Themen von Politiklehrer<strong>in</strong>nen<br />

und Politiklehrern. Es kann ke<strong>in</strong> kollektives Selbstverständnis – im engen S<strong>in</strong>ne verstanden – <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> Mitgliedschaft e<strong>in</strong>es Verbandes geben. Geme<strong>in</strong>t ist beim Formulieren dieses Ansatzes zumeist die Vorstellung<br />

mehrerer Individuen, <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Sektors gesellschaftspolitischer Vorstellungen identische Ziele zu<br />

erreichen. Inwieweit <strong>in</strong>dividuelle Wert- und Zielsetzungen im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es eigenen, <strong>in</strong>dividuellen Selbstverständnisses<br />

def<strong>in</strong>iert werden können, ist abhängig vom Standort desjenigen selbst, <strong>der</strong> versucht, diese vorzunehmen.<br />

Zentrale Bedeutung für die gesellschaftliche Situation <strong>der</strong> Berufsgruppe <strong>der</strong> Politiklehrer<strong>in</strong>nen und Politiklehrer<br />

mit wesentlichen Auswirkungen auf ihr Politik- und Gesellschaftsverständnis, auf ihre Realitätswahrnehmung<br />

und ihr Selbstbild ist die auffällige Geschlossenheit und E<strong>in</strong>heitlichkeit <strong>der</strong> spezifischen Generations- und Berufserfahrung.<br />

Welche Konsequenzen hat das für das öffentliche Ersche<strong>in</strong>ungsbild des Faches Politik, se<strong>in</strong>e schulischen<br />

Wirkungsmöglichkeiten und se<strong>in</strong>e gesellschaftliche Akzeptanz? <strong>Die</strong>se personellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des Politikunterrichts<br />

haben erhebliche Konsequenzen für die Chancen von <strong>in</strong>novativen Zielen <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Schulrealität heute und was von den Ergebnissen <strong>der</strong> wissenschaftlichen Didaktik überhaupt noch umzusetzen ist.<br />

Der gesellschaftliche Umbruch <strong>in</strong> den 70er Jahren ist <strong>als</strong> Primärerfahrung <strong>der</strong> heutigen Politiklehrer<strong>in</strong>nen und<br />

Politiklehrer gekennzeichnet durch se<strong>in</strong>e strukturelle und funktionale Mehrdeutigkeit. <strong>Die</strong> Politiklehrerschaft, die<br />

vornehmlich heute <strong>in</strong> den Schulen aktiv ist, die aber auch maßgeblich an <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Richtl<strong>in</strong>ien für das<br />

Fach beteiligt war, hat ihre politische Sozialisation <strong>in</strong> den 60er und 70er Jahren erfahren und Ende <strong>der</strong> 60er, Anhang<br />

<strong>der</strong> 70er Jahre die politischen und gesellschaftswissenschaftlichen Deutungsmodelle und Paradigmen erlernt, die<br />

noch heute maßgeblich die Schulpraxis des Politikunterrichts bestimmen, während <strong>der</strong> fachfremd erteilte Politikunterricht<br />

sich sehr viel häufiger an älteren Gesellschaftstheorien und funktionalistischen »Alltagstheorien« über die<br />

Gesellschaft orientiert. 112<br />

Ende <strong>der</strong> 60er Jahre war – so jedenfalls die eigene Er<strong>in</strong>nerung an das damalige Politikstudium – die doppelte<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit den zeitgeschichtlich-politischen Brüchen und ihren gesellschaftlichen Ursachen und<br />

Folgen zentrale politikwissenschaftliche Fragestellung und Studienschwerpunkt: Wie konnte es zu <strong>der</strong> – durchaus<br />

von e<strong>in</strong>em strikt moralisch wertenden Ansatz her gesehen – Katastrophe des Nation<strong>als</strong>ozialismus <strong>in</strong> Deutschland<br />

und zum Zweiten Weltkrieg kommen, und, das ist die zweite Perspektive, wie ist die deutsche Gesellschaft nach dem<br />

Krieg mit <strong>der</strong> Erfahrung des Nation<strong>als</strong>ozialismus und des Krieges umgegangen? Grun<strong>der</strong>fahrung auf <strong>der</strong> subjektiven<br />

Ebene <strong>der</strong> Studienmotivation und des damit untrennbar verbundenen politischen Engagements – was die Politologie<br />

<strong>in</strong> Teilen <strong>der</strong> politischen Öffentlichkeit und erst recht <strong>in</strong> <strong>der</strong> akademischen Gesellschaft von Anfang an<br />

suspekt machte und ihr den Vorwurf <strong>der</strong> Subversivität und <strong>der</strong> anarchistischen Aufsässigkeit e<strong>in</strong>brachte – war <strong>der</strong><br />

Vorwurf, dass die deutsche Gesellschaft eben nichts aus diesen Erfahrungen gelernt hätte, was die aktuellen Bezüge<br />

auf die restaurativ-verkrusteten Strukturen <strong>der</strong> bundesrepublikanischen Öffentlichkeit <strong>der</strong> »Wie<strong>der</strong>aufbaujahre«<br />

h<strong>in</strong>reichend plausibel machte, war aber auch <strong>der</strong> ethisch wertende Bezug auf die neu <strong>in</strong> die öffentlichen Diskurse<br />

tretende Desaster <strong>der</strong> Situation <strong>der</strong> »Dritten Welt« (didaktische Probleme durch diese Spannung zwischen »Nichtbetroffense<strong>in</strong>«<br />

und verletzter »moralischer Norm« werden thematisiert bei Voigt 1982 und Voigt 1993: 27-54) und<br />

schließlich die moralische Dissonanzerfahrung des Vietnam-Krieges zwischen Demokratiepostulat <strong>der</strong> »Freien<br />

Welt« und unverhüllter militärischer Durchsetzung von Hegemonialansprüchen durch die USA.<br />

E<strong>in</strong> wissenschaftliches Mittel, diese Dissonanzerfahrungen aufzuarbeiten wurde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rezeption <strong>der</strong> »Kritischen<br />

Theorie« und <strong>der</strong> neomarxistischen »Neuen L<strong>in</strong>ken« gesehen, die die studienleitenden Paradigmen an den<br />

meisten politikwissenschaftlichen Lehrstühlen darstellten. <strong>Die</strong> didaktischen Modelle, die sich darauf beziehen o<strong>der</strong><br />

daraus mehr o<strong>der</strong> weniger überzeugend ableiten ließen, stellen <strong>als</strong> Grundkategorien den Konfliktbegriff, die<br />

Emanzipationsfor<strong>der</strong>ung und das Egalitätspostulat <strong>in</strong> den Mittelpunkt des Politikunterrichtes. Wie wenig das <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit verstanden o<strong>der</strong> gar akzeptiert wurde, zeigte die hochgradig emotionalisierte und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Machtause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

wenig rational funktionalisierte Diskussion um die noch nach heutigen Maßstäben <strong>in</strong>novativen und<br />

pädagogisch <strong>in</strong>teressanten Rahmenrichtl<strong>in</strong>ien-Entwürfe <strong>in</strong> Hessen und <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gerem Maße auch <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-<br />

Westfalen (Haller 1982), o<strong>der</strong> auch die Geschw<strong>in</strong>digkeit, mit <strong>der</strong> unmittelbar nach dem Wechsel <strong>der</strong> Landtagsmehrheit<br />

<strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen 1978 die bisherigen umfangreichen »Handreichungen«, d.h. Kursentwürfe und Unterrichtsmodelle,<br />

für die reformierte Sekundarstufe II (gymnasiale Oberstufe) »<strong>in</strong> <strong>der</strong> Versenkung« verschwanden –<br />

sehr zur Freude vieler Schulen, die sich dieser didaktischen Herausfor<strong>der</strong>ung nur ungern gestellt hatten, wie <strong>der</strong><br />

Verfasser aus vielen Beratungsgesprächen an nie<strong>der</strong>sächsischen Schulen im Auftrage des Kultusm<strong>in</strong>isteriums erfahren<br />

musste.<br />

Das grundsätzliche Problem, das sich im weiteren Verlauf <strong>der</strong> didaktischen Umsetzung und Begründung<br />

immer deutlicher zeigte, war, dass die genannten Postulate zwar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er altehrwürdigen philosophischen Tradition<br />

stehen – das anthropologische Erziehungsmodell Rousseaus sche<strong>in</strong>t <strong>in</strong> <strong>der</strong> Retrospektive deutlicher durch, <strong>als</strong> es den<br />

111<br />

112<br />

Vgl. Harms / Breit 1990: 13-167; Witsch-Rothmund 1990: 168-187<br />

Vgl. Nettelmann 1997 und Voigt 1998e<br />

63

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!