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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

o<strong>der</strong> das auf Interessenausgleich und gegenseitige Verpflichtung aufbauende Grundpr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> vor<strong>in</strong>dustriellen<br />

<strong>Politischen</strong> Kultur. Festzuhalten ist auf jeden Fall die E<strong>in</strong>sicht, dass aktuelle europäische Perspektiven, beson<strong>der</strong>s<br />

wenn sie mit expliziten politischen Wertungen versehen s<strong>in</strong>d, die <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen<br />

Gesellschaft entstammen, zum Verständnis <strong>der</strong> iranischen Geschichte nur wenig beitragen und oft <strong>als</strong> <strong>in</strong>adäquat<br />

zurückgewiesen werden müssen.<br />

Didaktische Auswertung: E<strong>in</strong> erstes Résumé<br />

Der Unterrichtskontext, <strong>der</strong> den didaktischen Überlegungen und Annotationen zur persischen Geschichte zu Grunde<br />

gelegt worden war, entspricht sicher nicht dem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Untersuchung schon mehrfach angesprochenen grundsätzlichen<br />

Paradigmenwandel des Politikunterrichts. Dazu ist zweierlei zu sagen. E<strong>in</strong>e diskursive und exemplarische<br />

didaktische Struktur kann nicht ohne weiteres <strong>in</strong> konventionelle Unterrichtszusammenhänge und erworbene<br />

Lernstile <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler und Vermittlungsstile <strong>der</strong> Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer implantiert werden,<br />

son<strong>der</strong>n muss umfassend und grundsätzlich e<strong>in</strong>setzen, was nicht ausschließt, dass nach und nach immer deutlicher<br />

diskursive und exemplarische Elemente <strong>in</strong> die heutige Didaktik mit e<strong>in</strong>fließen; auch das wäre schon e<strong>in</strong> Fortschritt.<br />

Geklärt ist auch noch nicht die Frage nach <strong>der</strong> Abstufung von zentralen, diskursiv entwickelten Lerngegenstän<strong>der</strong>n<br />

(Diskursfel<strong>der</strong>n und »Schlüsselproblemen«) und propädeutischen Lernzusammenhängen. Genau dies ist die<br />

Funktion e<strong>in</strong>er Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> iranischen Geschichte für das Thema <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Iran</strong>.<br />

Letztlich zielen unsere didaktischen Konzepte jedoch auf Arbeitsformen, die die Propädeutik <strong>in</strong>tegrativ aus<br />

dem exemplarischen Lernen entwickeln lassen; dies würde aber e<strong>in</strong>en unmittelbareren Zugang zu den Quellen durch<br />

die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler ebenso erfor<strong>der</strong>n, wie e<strong>in</strong>e größere Kompetenz im Entwickeln und Anwenden<br />

selbständiger kritischer Arbeitsformen. Das kontrollierte Anfertigen von Gruppenreferaten, die zur Grundlage unterrichtlicher<br />

Diskussionen gemacht werden, ist e<strong>in</strong> Zwischenschritt auf dem Wege, diese Kompetenzen zu entwickeln,<br />

und <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne ist die zitatweise Wie<strong>der</strong>gabe von Schülerreferaten <strong>in</strong> unserem <strong>in</strong>haltlichen Kontext zu<br />

verstehen. Gerade das ermöglicht es, die didaktischen Desi<strong>der</strong>ate deutlicher zu erkennen und zu diskutieren, um<br />

damit dem bisher recht allgeme<strong>in</strong> gefor<strong>der</strong>ten Wandel <strong>der</strong> Politikdidaktik auch <strong>in</strong> Bezug auf propädeutische<br />

Lernzusammenhänge schärfere Konturen zu verleihen.<br />

In diesem S<strong>in</strong>ne lässt sich aus <strong>der</strong> kritischen Betrachtung <strong>der</strong> Schülerarbeiten herauslesen, dass die didaktischunterrichtliche<br />

Arbeit auf verschiedenen Ebenen e<strong>in</strong>setzen muss. E<strong>in</strong>mal s<strong>in</strong>d im Selbstverständnis <strong>der</strong> heranzuziehenden<br />

gesellschaftswissenschaftlichen Fächer Politik, Erdkunde und Geschichte die Fachbezüge und <strong>der</strong><br />

wissenschaftliche Anspruch <strong>der</strong> didaktischen Arbeit zu verän<strong>der</strong>n. Das bedeutet nun ke<strong>in</strong>eswegs, dass die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler diese wissenschaftlichen Fachbezüge zusätzlich und direkt erlernen sollen, son<strong>der</strong>n dass<br />

die Realitätserschließung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> didaktischen Vorbereitung des Unterrichts durch e<strong>in</strong>e Qualifikationsverbesserung<br />

<strong>der</strong> Lehrerschaft verän<strong>der</strong>t und <strong>in</strong> adäquatere Bezüge zu setzen ist.<br />

E<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> kritischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit den Schülerarbeiten gewonnenen Perspektiven für e<strong>in</strong>e<br />

Verbesserung <strong>der</strong> historischen Realitätserschließung s<strong>in</strong>d notwendig an e<strong>in</strong>e fachliche Mo<strong>der</strong>nisierung des<br />

Unterrichts wie <strong>der</strong> heranzuziehenden Quellen gebunden. Problematisch wird e<strong>in</strong>en Schülerarbeit dann, wenn sie,<br />

wie schon gefor<strong>der</strong>t und im vorliegenden Falle ja auch versucht orig<strong>in</strong>äre historische Quellen mit e<strong>in</strong>bezieht (hier<br />

z.B. Olearius). Das erfor<strong>der</strong>t die Entwicklung e<strong>in</strong>er Kompetenz, perspektivisch-kritisch zu denken und zu <strong>in</strong>terpretieren,<br />

die <strong>in</strong> dieser Form auch im Fach Geschichte nur ansatzweise entwickelt ist. Der sozialwissenschaftliche<br />

Ansatz <strong>der</strong> Ideologiekritik greift methodisch und fachlich zu kurz, da er sich zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> schulischen<br />

Zusammenhängen e<strong>in</strong>er kritischen Politikdidaktik meist darauf beschränkt, <strong>in</strong>dividuelle o<strong>der</strong> klassenspezifische<br />

Interessen des Verfassers »aufzudecken«. Hier wird jedoch meist e<strong>in</strong>e Denkfigur bemüht, die selbst ideologischstereotyp<br />

ist und mit Aufklärung im philosophischen S<strong>in</strong>ne wenig zu tun hat: die Überzeugung kommt hier zum<br />

Tragen, dass jede Realität »uneigentlich« sei und dass die Wahrheit h<strong>in</strong>ter <strong>der</strong> Realität verborgen ist und<br />

»aufgedeckt« werden muss. Abgesehen von dem hier e<strong>in</strong>geleiteten unendlichen Rekurs des »Aufdeckens« immer<br />

neuer H<strong>in</strong>tergrundwahrheiten, <strong>der</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Absurdität leicht wahnhafte Züge des Misstrauens und <strong>der</strong><br />

Verdächtigungen transportiert, 256 verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t diese Realitätssicht gerade auch ergebnisorientierte diskursive Ansätze<br />

distanziert-ideologiekritischen Arbeitens.<br />

E<strong>in</strong> weiterer Bereich, <strong>der</strong> didaktisch – und zwar <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är – erschlossen werden muss, ist das Problem<br />

<strong>der</strong> sprachlichen Semantik. Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler gebrauchen Sprache und auch Fachsprache zunächst e<strong>in</strong>mal<br />

wie sie sie gehört o<strong>der</strong> gelesen haben »naiv«. <strong>Die</strong> Signalwirkung von sprachlichen Wendungen ist dabei noch nicht<br />

256<br />

mit europäischen Rechtstraditionen lohnen, können hier nicht im E<strong>in</strong>zelnen vorgestellt und diskutiert werden. Es soll hier<br />

e<strong>in</strong> erster Quellenverweis auf die Entstehung des islamischen Rechts im mittelalterlichen Kalifat genügen: v. Grunebaum<br />

1966: 122-123; Cahen 1968: 77-79; Mahmud 1964: 181; für das Verhältnis von Juden und Muslimen: Lewis 1987: 13 f.,<br />

19-26. Als zusammenfassende knappe E<strong>in</strong>führung sei noch e<strong>in</strong>mal verwiesen auf Khoury 1988.<br />

Von hier bis zu Wahngebilden <strong>der</strong> »Dunkelmänner«, »H<strong>in</strong>termänner« und unfassbarer dunkler Mächte im H<strong>in</strong>tergrund ist<br />

es nicht weit. <strong>Die</strong>se Denkfigur liegt auch faschistischen Ideologien zu Grunde. Zu dieser »Projektivität« vgl. Adorno u.a.<br />

1973: 45; Gottschalch 1977: 35. <strong>Die</strong> gefährliche gesellschaftliche Wirksamkeit lässt sich auch heute <strong>in</strong> <strong>der</strong> amerikanischen<br />

Gesellschaft beson<strong>der</strong>s gut beobachten, wo Hexenjagdideologien und UFO-Wahn endemischen Charakter haben.<br />

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