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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

Unsicherheiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Realitäts- und Situationsdef<strong>in</strong>ition. Aber auch die Realitäten des <strong>Politischen</strong> selbst s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

grundlegenden Umwandlungen begriffen. <strong>Die</strong> <strong>in</strong>s Unüberschaubare gewachsene Menge <strong>der</strong> Entscheidungsnotwendigkeiten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Politik, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich die langen Interdependenzketten <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft ebenso spiegeln<br />

wie die sozioökonomische Verflochtenheit und Vernetzung, korrespondiert mit e<strong>in</strong>em relativen Wirkungsverlust <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>zelentscheidung, mit dem Verlust <strong>der</strong> Möglichkeit unmittelbarer Erfolgswahrnehmung und s<strong>in</strong>ken<strong>der</strong> Entscheidungsspielräume<br />

und Autonomie <strong>der</strong> Politiker selbst. Es wächst die Diskrepanz zwischen Entscheidungsdruck,<br />

Erfolgserwartung und Gestaltungsspielräumen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit <strong>als</strong> Politikversagen wahrgenommen wird.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Begründung des ansche<strong>in</strong>enden Bedeutungsverlustes des „<strong>Politischen</strong>“ liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> zunehmenden<br />

strukturellen und funktionalen Fraktionierung <strong>der</strong> Gesellschaft, <strong>in</strong> <strong>der</strong> ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>deutiges Machtzentrum, son<strong>der</strong>n nur<br />

noch e<strong>in</strong>e große Zahl konkurrieren<strong>der</strong> Machteliten, die unterschiedlichen Funktionsgruppen zuzuordnen s<strong>in</strong>d,<br />

erkennen lässt. Am klarsten, wenn auch <strong>in</strong> gewissen S<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>seitigsten, hat Niklas Luhmann dieses Phänomen<br />

herausgearbeitet. Für die politisch Handelnden <strong>in</strong> diesem fragmentierten gesellschaftlichen System ist letztlich <strong>der</strong><br />

Wi<strong>der</strong>spruch zwischen Handlungsziel, Wertnorm und tatsächlichen autonomen Handlungsspielräumen unauflösbar,<br />

was das Bild <strong>der</strong> »Hilflosigkeit <strong>der</strong> Politiker« <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung verstärkt. Es steht daher sicherlich e<strong>in</strong> noch erst <strong>in</strong><br />

vagen Umrissen erkennbarer Paradigmenwandel zur Bestimmung des <strong>Politischen</strong> selbst an, <strong>der</strong> weniger die<br />

dezisionistische Dimension <strong>der</strong> Politik – Me<strong>in</strong>ungs- und Willensbildung, Adm<strong>in</strong>istration – <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund<br />

stellt, <strong>als</strong> die Methodik, Realitäten <strong>als</strong> Prozesse zu erkennen und sich im S<strong>in</strong>ne gesamtgesellschaftlicher Diskurse <strong>in</strong><br />

diesen Prozessen zu behaupten. Das korrespondiert mit <strong>der</strong> Notwendigkeit e<strong>in</strong>es Paradigmenwandels <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Politischen</strong> Bildung.<br />

2.2.1.3. Phasen des Wandels <strong>der</strong> Zielparadigmen <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung<br />

<strong>Die</strong> Politische Bildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule, <strong>als</strong>o <strong>der</strong> konkrete Politikunterricht, ist gesellschaftlich und schulpolitisch<br />

strittig und sie haben sich erst im Laufe grundlegen<strong>der</strong> Wandlungen <strong>der</strong> Ziele und Methoden im Laufe <strong>der</strong> letzten<br />

Jahrzehnte konsolidieren können. <strong>Die</strong> heutige Bildungsdiskussion <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland, die geprägt<br />

wird von e<strong>in</strong>em diffusen Krisenbewusstse<strong>in</strong>, zeigt, dass die sozialen und reflexiven Potentiale <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong><br />

Bildung eher ger<strong>in</strong>g geschätzt werden und von vielen Bildungspolitikern gegenüber »e<strong>in</strong>fachen« kognitiven und<br />

berufsvorbereitenden Bildungskonzepten h<strong>in</strong>tan gestellt werden. 145<br />

In unserem Kontext ersche<strong>in</strong>t es jedoch s<strong>in</strong>nvoll, <strong>in</strong> ganz grundsätzlicher Weise – daher auch sicherlich<br />

vere<strong>in</strong>fachend – auf e<strong>in</strong>ige sich gegenseitig ausschließende Paradigmen des Politikunterrichts zu verweisen, die im<br />

Lauf <strong>der</strong> Fachgeschichte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland zeitweilig zum Tragen gekommen s<strong>in</strong>d und mit denen<br />

e<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung notwendig ist, wenn heute e<strong>in</strong> Paradigmenwandel h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em diskursiven Politikunterricht<br />

gefor<strong>der</strong>t wird. Vor allem liegen den Paradigmen <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung die sich wandelnden Beziehungen<br />

zwischen dem Selbstverständnis und <strong>der</strong> tatsächlichen Wirksamkeit des Staates bezogen auf Erziehung und politische<br />

Kont<strong>in</strong>uitätssicherung zu Grunde. Damit spiegeln die sich wandelnden Paradigmen <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung die<br />

Entwicklungsphasen des Staatsselbstverständnisses und <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Kultur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

wi<strong>der</strong>.<br />

Es ist immer wie<strong>der</strong> über e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle politische und gesellschaftliche Phasenglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> so genannten<br />

»Nachkriegsgeschichte« Deutschlands diskutiert worden. E<strong>in</strong>e differenzierte akzeptierte und gültige Aufglie<strong>der</strong>ung<br />

ist bisher nicht erfolgt. Relativ klar erkennbar werden bestimmte Phasen schnelleren und <strong>in</strong>tensiveren Wandels, die<br />

sich auch <strong>in</strong> Wandlungen des Selbstverständnisses <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und des Politikunterrichts erkennen<br />

lassen.<br />

Ursachen dieser Verän<strong>der</strong>ungen werden auf mehreren Ebenen gesucht. <strong>Die</strong>s erfolgt <strong>in</strong> den sich verän<strong>der</strong>nden<br />

materiellen Strukturen und Lebensbed<strong>in</strong>gungen, die mit den Schlagworten Wie<strong>der</strong>aufbau, Wohlstands- und Konsumgesellschaft,<br />

Wirtschaftskrise und Globalisierung mehr oberflächlich <strong>als</strong> gültig erklärend benannt werden.<br />

Weiterh<strong>in</strong> gilt <strong>als</strong> e<strong>in</strong> Moment des politischen Wandels <strong>der</strong> jeweilige Generationenwechsel, wobei die Abgrenzung<br />

dieser Generationen umstritten bleibt und sicherlich mit den unterschiedlichen Sozialisationsmilieus <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />

gebracht werden muss. Schließlich wird e<strong>in</strong>e Beziehung des Wandels <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Kultur und <strong>der</strong> Politike<strong>in</strong>schätzung<br />

mit den unterschiedlichen alterstypischen Erfahrungen mit den prägenden Umständen <strong>der</strong> Zeitgenossenschaft<br />

<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu br<strong>in</strong>gen se<strong>in</strong>, bei denen zunächst die Erfahrungen aus <strong>der</strong> Zeit des Nation<strong>als</strong>ozialismus<br />

und des Zweiten Weltkrieges, dann mit den Lebensumständen <strong>der</strong> Nachkriegszeit, die politisch nicht nur <strong>als</strong><br />

›Wie<strong>der</strong>aufbauphase‹, son<strong>der</strong>n auch kritisch <strong>als</strong> ›Restaurationsphase‹ e<strong>in</strong>geordnet werden kann, später aber mit <strong>der</strong><br />

materiellen Saturiertheit und ihrer Infragestellung und Gefährdung e<strong>in</strong>e ausschlaggebende Rolle spielt.<br />

E<strong>in</strong>e sozialwissenschaftliche Vertiefung dieser Phasenmodelle würde hier zu weit führen, auch wenn wir an<br />

an<strong>der</strong>er Stelle noch auf diese Problematik auf <strong>in</strong>haltlicher Ebene zurückkommen und versuchen wollen, das Problem<br />

allgeme<strong>in</strong>er zu fassen, um methodische Vergleichbarkeit auch mit <strong>in</strong>ternationalen Entwicklungsphasen und <strong>der</strong><br />

145<br />

Der Verfasser hat sich mit den Wandlungen <strong>der</strong> Paradigmen <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und des Politikunterrichts <strong>in</strong> mehreren<br />

Publikationen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt, <strong>der</strong>en Argumentationen und Ausführungen hier nicht wie<strong>der</strong>gegeben werden können<br />

und sollen, da sie auch zu weit vom <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> Untersuchung fortführen. Voigt 1981, 1990, 1993a und vor allem<br />

1998e und 1999a; bezogen auf die Geographiedidaktik auch 1994b und 1996d.<br />

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