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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

Über die Bedeutung <strong>der</strong> „Schlüsselprobleme“ (nach Klafki) wurde schon e<strong>in</strong>iges gesagt; im Folgenden soll<br />

dieses Konzept e<strong>in</strong>bezogen werden <strong>in</strong> unseren diskursiven Ansatz.<br />

1.5.3. Zentrale gesellschaftliche Diskurse und Schlüsselproblemen<br />

1.5.3.1. Der normative Rahmen <strong>der</strong> Schlüsselprobleme<br />

Steht nun die Auffassung nicht mehr im Vor<strong>der</strong>grund, politisch-gesellschaftliche Realitäten unmittelbar <strong>als</strong> Entitäten<br />

zu sehen und »zu erlernen«, rücken Modelle und Deutungskonzepte <strong>in</strong> den Mittelpunkt des didaktischen Denkens.<br />

Doch ›Konzeptelernen‹ wird durchweg <strong>in</strong> schulischen und unterrichtlichen Kontexten <strong>als</strong> Problem wahrgenommen.<br />

Re<strong>in</strong> methodisch stellt sich dann schon die Frage: Ist Konzeptelernen unbed<strong>in</strong>gt an Texte gebunden? O<strong>der</strong>: Wie<br />

kommt man zu den Konzepten? Was ist überhaupt e<strong>in</strong> Konzept? Ist e<strong>in</strong> Konzept <strong>der</strong> Realitätserschließung <strong>in</strong>haltlich<br />

an die formulierten Schlüsselprobleme gebunden o<strong>der</strong> ist es e<strong>in</strong> re<strong>in</strong> methodisches Verfahren? <strong>Die</strong>se Fragen können<br />

hier nicht explizit beantwortet werden, 127 es werden sich aber e<strong>in</strong>ige Ansätze implizit bei <strong>der</strong> Arbeit mit dem Thema<br />

<strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> ergeben im Zusammenhang mit <strong>der</strong> abschließend noch e<strong>in</strong>mal anzusprechenden<br />

grundsätzlichen Frage: was ist politische Bildung? 128<br />

Hier seien noch e<strong>in</strong>ige Problembereiche kurz skizziert, die im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Arbeit mit<br />

Schlüsselproblemen e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Rolle spielen. Es besteht gerade bei <strong>der</strong> diskursiven Umsetzung von Schlüsselproblemen<br />

e<strong>in</strong> enger Zusammenhang mit dem an an<strong>der</strong>er Stelle ausführlicher erörterten Biographieproblem sowohl<br />

bei Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrern <strong>als</strong> auch bei den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern. Es ist e<strong>in</strong>e zentrale Frage sowohl des<br />

Politikunterrichts wie des Unterrichts <strong>in</strong> den Wertefächern, ob dieser Unterricht dazu dienen soll, neue Sicherheiten<br />

zu gew<strong>in</strong>nen und Ängste zu verlieren, was bei <strong>der</strong> zu erörternden Realität auch zu Konzepten <strong>der</strong> Verschleierung<br />

o<strong>der</strong> ideologischen Umdeutung führen müsste, wenn Unterricht alle<strong>in</strong> Realitätsvermittlung bedeuten würde.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs sollt man sich bewusst se<strong>in</strong>, dass langfristig nur die Überw<strong>in</strong>dung von Realitätsferne und die Stärkung <strong>in</strong><br />

die Kraft des eigenen Denkens tatsächlich die Fähigkeit entwickeln kann, mit den eigenen, oft sicherlich sehr real<br />

begründeten Ängsten umgehen zu können. 129 Es sollte hier noch e<strong>in</strong>mal ausdrücklich auf die heutigen Wandlungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammensetzung <strong>der</strong> Schülerschaft h<strong>in</strong>gewiesen werden. Oft haben die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler heute<br />

weitaus höhere biographische Belastungen, existentielle Brüche und Traumatisierungen h<strong>in</strong>ter sich <strong>als</strong> Flüchtl<strong>in</strong>ge,<br />

Verfolgte und auch gegenwärtig oft noch <strong>in</strong> materieller Armut lebende Angehörige diskrim<strong>in</strong>ierter Gruppen h<strong>in</strong>ter<br />

sich <strong>als</strong> die sie unterrichtenden Lehrkräfte. Was das notwendigerweise an Takt, Empathie und auch gesellschaftlichpolitischem<br />

Wissen von eben diesen Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrern verlangt, dürfte <strong>in</strong> diesem Kontext deutlich se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong><br />

unterrichtssituative Umsetzung von Schlüsselproblemen verlangt die genaue Kenntnis dieser Belastungen und<br />

Traumatisierungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lerngruppe. Genau das macht ja auch die Abkehr von <strong>der</strong> bisherigen normativen<br />

<strong>in</strong>haltlichen Festlegung von Rahmenthemen und Unterrichts<strong>in</strong>halten h<strong>in</strong> zur diskursiven Didaktik im Rahmen von<br />

Schlüsselproblemen unabd<strong>in</strong>gbar. 130<br />

Im S<strong>in</strong>ne des Konzeptelernens 131 zielt politische Bildung auf e<strong>in</strong>e Anreicherung <strong>der</strong> Denkmöglichkeiten und<br />

ihre Umstrukturierung ab. Über Erlebnisse <strong>der</strong> kognitiven Dissonanz will sie Reflexionsprozesse <strong>in</strong> Gang setzen.<br />

<strong>Die</strong> Stärkung <strong>der</strong> eigenen moralischen Ausgangsposition, das Verlangen nach argumentativer Darstellung von<br />

Positionen und das Dr<strong>in</strong>gen auf Wahrhaftigkeit <strong>als</strong> die Grundlage jeglicher politischen Rede, die Herstellung e<strong>in</strong>es<br />

127<br />

<strong>Die</strong> Literatur gibt hier bisher auch ke<strong>in</strong>e gültigen Antworten.<br />

128<br />

E<strong>in</strong>e kurze, wertbesetzte und persönliche Anmerkung zur Grundsatzfrage: Wor<strong>in</strong> besteht die politische Bildung? Es handelt<br />

sich nicht um politisches Handlungswissen im engeren S<strong>in</strong>ne. Son<strong>der</strong>n darum, dass <strong>der</strong> Schüler sich zunehmend mehr<br />

<strong>als</strong> Citoyen wahrnimmt, jener Kreis von Menschen, die sich ohne erkennbares äußerliches Gratifikationsmotiv um die Angelegenheiten<br />

<strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>heit kümmern.<br />

129<br />

In e<strong>in</strong>er traditionellen pädagogischen Term<strong>in</strong>ologie würde das zu formulieren se<strong>in</strong> <strong>als</strong> Stärkung des Moralempf<strong>in</strong>dens;<br />

Erziehung zur Wahrhaftigkeit ... <strong>Die</strong> gesellschaftlichen Probleme des Moralismus und des moralgeleiteten Verhaltens s<strong>in</strong>d<br />

bekannt. Hier müsste e<strong>in</strong>e Diskussion um sachlichere ethische Fundierungen e<strong>in</strong>setzen. In diesem Zusammenhang ist die<br />

Frage <strong>der</strong> Moralisierung noch e<strong>in</strong>mal zu untersuchen. – Außerdem: <strong>Die</strong> Formulierung bei Klafki ist genau zu analysieren<br />

unter <strong>der</strong> Fragestellung: trägt <strong>der</strong> Maßstab bei Klafki (Verallgeme<strong>in</strong>erungsfähigkeit)? Ansatz e<strong>in</strong>er Didaktisierung f<strong>in</strong>den<br />

sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Unterscheidung <strong>der</strong> verschiedenen Handlungsmotivationen: a) Handeln aus Böswilligkeit, b) Handeln aus<br />

Dummheit, c) Handeln unter dem stummen Zwang <strong>der</strong> Verhältnisse. Doch setzt diese Unterscheidung e<strong>in</strong>en moralischen<br />

und ethischen Grundkonsens voraus, <strong>der</strong> sicherlich philosophisch und pädagogisch heute so nicht gegeben ist.<br />

130<br />

Schülerbezogenheit bedeutet aber nicht, dass zu erwarten ist, dass die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler selbst e<strong>in</strong>e gültige und<br />

realitätsnahe Interpretation ihrer eigenen Biographie und ihrer eigenen Realitätswahrnehmungen vornehmen können. Es<br />

kann <strong>als</strong>o nicht bedeuten, dass Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer ihre eigene Person und Kompetenz aus dem Unterricht zurückziehen<br />

sollten, auch wenn das Ziel, sich letztlich im unterrichtlichen Diskurs überflüssig zu machen, selbst von den Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schülern lernen zu können, positiv zu werten und subjektiv sehr verführerisch ist. Es s<strong>in</strong>d Zweifel an <strong>der</strong> These<br />

anzumelden, dass Schüler den Lehrern voraus seien. Schüler reproduzieren oft nur Gehörtes und geben es <strong>als</strong> eigene Me<strong>in</strong>ung<br />

aus. Es stellt sich dabei die Frage, wie s<strong>in</strong>nvoll <strong>der</strong> Weg, über das Auslösen von kongestiven Dissonanzen Lernprozesse<br />

e<strong>in</strong>zuleiten, ist.<br />

131<br />

<strong>Die</strong>se Ausführungen folgen dem Bericht <strong>der</strong> schon erwähnten Tagung zur kritischen Begleitung <strong>der</strong> Rahmenrichtl<strong>in</strong>ien-<br />

Arbeit, die <strong>der</strong> Verfasser im Auftrag <strong>der</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nen und Teilnehmer <strong>in</strong>tern vorgelegt hatte.<br />

72

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