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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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3. <strong>Die</strong> Ereignisse <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>in</strong> Zeiten <strong>der</strong> <strong>Revolution</strong><br />

„Von se<strong>in</strong>en amerikanischen Partnern bekam <strong>der</strong> Schah den Rat, den Mann, <strong>der</strong> so viel Unruhe stiftete, deportieren zu<br />

lassen. Nach elf Monaten im türkischen Exil erhielt <strong>der</strong> Ayatollah e<strong>in</strong> Visum zur E<strong>in</strong>reise <strong>in</strong> den Irak; dem Staatschef<br />

Ahmed Hassan Al Bakr kam dieser zu Verwirklichung se<strong>in</strong>es Ziels, dem Sturz des Schahs, gerade recht.“ 346<br />

Ungeachtet <strong>der</strong> Frage danach, <strong>in</strong>wieweit diese Aussagen verifizierbar s<strong>in</strong>d, ist es für die Perspektive dieser<br />

Schülerausführungen bezeichnend, dass dem amerikanischen E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong> dom<strong>in</strong>ieren<strong>der</strong> Stellenwert e<strong>in</strong>geräumt<br />

wird. An diesem Punkt <strong>der</strong> Realitätswahrnehmungen treffen sich l<strong>in</strong>ke, revolutionäre und šiitisch-oppositionelle<br />

Perspektiven. Somit ist die Haltung gegenüber den USA e<strong>in</strong> Katalysator für die spätere temporäre Vere<strong>in</strong>igung aller<br />

iranischen Oppositionsbewegungen zur <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong>. Didaktisch ist dies von Bedeutung, da hier<br />

Aspekte <strong>der</strong> noch zu erörternden „Dritte-Welt“-Didaktik und Bezüge zu <strong>der</strong> <strong>in</strong> den 70er Jahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> fortschrittlicheren<br />

Politik- und Erdkunde-Didaktik vorherrschenden dependecia-Theorien aufgegriffen werden. 347<br />

Im Frühjahr 1975 verschlechterte sich das politische Klima im Iraq für den unerbittlichen Gegner des Schahs:<br />

Am 06. März 1975 beschlossen die Regierungen von Iraq und <strong>Iran</strong>, ihre langjährige Fe<strong>in</strong>dschaft zu beenden. Grund<br />

dafür war e<strong>in</strong> geplantes Zusammengehen gegen den bewaffneten separatistischen Aufstand von Kurden im iranischiraqischen<br />

Grenzgebiet <strong>in</strong> den Tälern des Zagros-Gebirges. Mit diesem Ende des Streits war <strong>der</strong> „alte Mann“ für den<br />

irakischen Präsidenten Ahmed Hassan Al Bakr zu e<strong>in</strong>er politischen Belastung geworden. Khome<strong>in</strong>i emigrierte nach<br />

Paris bzw. Neauphle-le-Château.<br />

Am 29. November 1977 starb Mustapha Khome<strong>in</strong>i, <strong>der</strong> 49jährige Sohn des Ayatollah, im Iraq. Als die<br />

Nachricht die Städte Qum und Tehran erreichte, glaubten Tausende, er sei im Auftrag des Šahs umgebracht worden.<br />

<strong>Die</strong> gewalttätigen Proteste wurden von Polizei und Militär blutig nie<strong>der</strong>geworfen. Darauf mussten wie<strong>der</strong><br />

Demonstranten beerdigt werden.<br />

So löste die Er<strong>in</strong>nerung an die Märtyrer e<strong>in</strong> weiteres Mal Trauerzüge und Protestdemonstrationen aus. <strong>Die</strong><br />

Polizei g<strong>in</strong>g, nach Tränengas und Wasserwerfern, erneut mit Feuerwaffen vor. Wie<strong>der</strong>um gab es Anlas zum Trauerritual,<br />

die Mengen kam nicht mehr zur Ruhe. Hier ist zum ersten Mal die politische Funktionalisierung <strong>der</strong><br />

Märtyrer- und Trauerrituale für die Opposition gegen den Šah sichtbar, die dann <strong>in</strong> weiteren Wellen <strong>in</strong> den Massendemonstrationen<br />

<strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> kumulierten. Mary E. Hooglund (1981) hat dieses Phänomen<br />

<strong>der</strong> Mehrdeutigkeit kultureller Rituale und Symbole am Beispiel des Martyriums des Husse<strong>in</strong> <strong>als</strong> des zentralen<br />

Identitätsmythos <strong>der</strong> Šia kulturell und religiös untersucht und erklärt.<br />

In jenen Monaten tauchten plötzlich Bil<strong>der</strong> des Ayatollah Khome<strong>in</strong>i an den Häuserwänden auf: e<strong>in</strong> Mahner für<br />

den Glauben und zum Kampf gegen den „Tyrannen“. <strong>Die</strong> Parolen, die <strong>der</strong> Mann im schwarzen Turban formulierte,<br />

prägten sich e<strong>in</strong>. Se<strong>in</strong>e Worte verwandelten <strong>in</strong> den Köpfen <strong>der</strong> <strong>Iran</strong>er aus allen Schichten, aus Stadt und Dorf, die<br />

Vorstellung vom Šah <strong>als</strong> erhabener Majestät <strong>in</strong> das böse Abbild vom Šah <strong>als</strong> Verbrecher. Am 20. August 1978<br />

schwand jede Aussicht des Monarchen, Staat und Menschen von <strong>Iran</strong> jem<strong>als</strong> wie<strong>der</strong> führen zu können. Von nun an<br />

gab es ke<strong>in</strong>e Ruhe mehr. In den großen iranischen Städten kam es fast täglich zu Tumulten.<br />

Am 11. November 1978, e<strong>in</strong>em Tag nach blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und <strong>der</strong> Armee<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> iranischen Hauptstadt, hielt Khome<strong>in</strong>i die folgende Rede: „Ke<strong>in</strong>e Regierung <strong>der</strong> Welt kann behaupten,<br />

<strong>der</strong> Schah regiere legal und bef<strong>in</strong>de sich mit <strong>der</strong> Zustimmung des Volkes im Land. Wir sagten schon immer,<br />

dass dieser Schah unrechtmäßig ist. Schon lange behaupte ich, <strong>der</strong> Schah regiert nach Art e<strong>in</strong>es Verbrechers.<br />

Falls Carter und Leute wie Carter noch Zweifel hatten, so müssen ihnen die Ereignisse klargemacht haben,<br />

dass <strong>der</strong> Schah ke<strong>in</strong>erlei Legitimation besitzt. Ganz <strong>Iran</strong> ist aufgestanden und hat gesagt: Wir wollen den<br />

Schah nicht. Das amerikanische Parlament muss Carter und se<strong>in</strong>e Regierung zur Verantwortung ziehen und<br />

fragen, warum sie e<strong>in</strong> Regime unterstützt haben, dem niemand im <strong>Iran</strong> zustimmt. Wenn Du, Carter, den Schah<br />

weiterh<strong>in</strong> unterstützen willst, dann schadest Du den Interessen Amerikas. Solange Du und De<strong>in</strong>e Regierung an<br />

<strong>der</strong> Macht s<strong>in</strong>d, wird es ke<strong>in</strong> Erdöl für die USA geben. <strong>Die</strong>s gilt <strong>in</strong> gleicher Weise für alle übrigen Staaten, die<br />

dem Schah helfen. Nun wissen die Parlamente, wie sie mit ihren Regierungen verfahren müssen. <strong>Die</strong> ist e<strong>in</strong>e<br />

Botschaft, gerichtet an das Ausland, an die Regierungschefs, damit sie ihre Augen öffnen und den richtigen<br />

Weg gehen.“ 348<br />

Ende 1978 lähmte e<strong>in</strong> Gener<strong>als</strong>treik die iranische Wirtschaft. <strong>Die</strong> Arbeiter und Angestellten wollten erst dann<br />

wie<strong>der</strong> an ihre Arbeitsplätze wie<strong>der</strong> zurückkehren, wenn Mohammed Reza Pahlewi nicht mehr Šah dieses Landes<br />

sei. We<strong>der</strong> Drohungen noch Verhaftungen konnten die Entschlossenheit <strong>der</strong> Arbeitnehmer lähmen.<br />

„Mohammed Reza Pahlewi, <strong>der</strong> jahrelang im Glauben gelebt hatte, se<strong>in</strong> Volk liebe ihn, machte sich mit dem Gedanken<br />

vertraut, außer Landes zu gehen. Der amerikanische Botschafter William Sullivan empfahl, <strong>der</strong> Monarch möge e<strong>in</strong>en<br />

längeren Erholungsurlaub antreten. H<strong>in</strong>ter diesem Rat stand <strong>der</strong> Gedanke e<strong>in</strong>er behutsamen Ablösung des Šahs, <strong>der</strong><br />

Verwandlung <strong>der</strong> Monarchie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en eher demokratisch geordneten Staat. Kontrolleur des Übergangs sollte die Armee<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich. Zur Geschichte <strong>der</strong> Assass<strong>in</strong>en vgl. Lewis, Bernard, 1993: <strong>Die</strong> Assass<strong>in</strong>en. Zur Tradition des religiösen<br />

Mordes im radikalen Islam.<br />

346<br />

Zitat aus e<strong>in</strong>em Schülerreferat. Vgl. Vorbemerkung zum Abschnitt 3.1.1., hier aus e<strong>in</strong>em Referat von Botaschanjan/Ott/Werner<br />

(13. Klasse <strong>der</strong> Bismarckschule Hannover) – vgl. Anm. zu 3.2.2.<br />

347<br />

Vgl dazu Senghaas 1972 und 1978 und die Schriften von Schramke und Schmidt-Wulffen, v. a. 1979a und 1981.<br />

348<br />

Chome<strong>in</strong>i, Ajatollah (Ruhallâh Ibn-Saiyid Mustafâ Hûma<strong>in</strong>î), 1983, Anhang.<br />

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