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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

überwiegend marxistisch überzeugten Protagonisten se<strong>in</strong>erzeit selbst bemerkbar war –, e<strong>in</strong> theoretischer didaktischer<br />

o<strong>der</strong> fachlicher Kontext zwischen diesen Kategorien völlig unterschiedlichen Charakters ließ sich dam<strong>als</strong><br />

und lässt sich wohl auch heute nur schwer herstellen. Es handelt sich letztlich um politische Leitvorstellungen und<br />

nicht um politikwissenschaftliche Analysekategorien.<br />

Aus <strong>der</strong> heute obsoleten Überzeugung heraus, dass das »Theorie-Praxis-Modell« e<strong>in</strong> geeignetes dialektisch<br />

strukturiertes Instrument zur Erhellung von Lernprozessen sei und dass, davon ausgehend, e<strong>in</strong> Syntheseschritt zur<br />

»E<strong>in</strong>heit von Theorie und Praxis« möglich wäre – was sich realiter unter dem Druck des Misserfolges dieses<br />

Modells aber immer stärker zu e<strong>in</strong>er tatsächlichen Theoriefe<strong>in</strong>dlichkeit von »Schulpraktikern« entwickelte, die<br />

heutigen Probleme unreflektierter Emotionalität, Entzivilisierung, Rationalitätsskepsis und schließlich <strong>der</strong> Durchsetzung<br />

irrationaler Weltbil<strong>der</strong> des New Age vorbereiten half – bildete sich e<strong>in</strong> handlungsleitendes Gesellschaftsbild<br />

heraus, das sich immer weniger eignete, tatsächliche gesellschaftliche Prozesse und Verän<strong>der</strong>ungen real wahrzunehmen<br />

und adäquat zu beschreiben und zu analysieren.<br />

Aus dem ethisch-moralisch motivierten Ansatz e<strong>in</strong>es kritischen Politikstudiums und <strong>der</strong> Überzeugung, politische<br />

Verän<strong>der</strong>ungen bewirken zu müssen und zu können, entwickelte sich bei e<strong>in</strong>er Vielzahl von Politiklehrer<strong>in</strong>nen<br />

und Politiklehrer, die <strong>in</strong> den 70er Jahren <strong>in</strong> den Schuldienst e<strong>in</strong>traten und heute noch die Mehrzahl <strong>der</strong><br />

aktiven Politiklehrer<strong>in</strong>nen und Politiklehrer stellen, gesellschaftliche Leitvorstellungen und Realitätsdeutungen, die<br />

immer weniger geeignet s<strong>in</strong>d, die realen gesellschaftlichen Prozesse und Verän<strong>der</strong>ungen adäquat aufzuarbeiten. <strong>Die</strong><br />

strukturellen und lernsituativen Ursachen s<strong>in</strong>d dabei noch sicher nicht umfassend genug dargestellt worden o<strong>der</strong><br />

überhaupt schon darzustellen, so dass hier kurze Thesen dazu genügen müssen. Wichtiger ist dabei, dass diese<br />

Realitätsdistanz sich <strong>als</strong> weitgehend unreflektierte o<strong>der</strong> ideologisch verschobene Dissonanzerfahrung bei den<br />

Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen <strong>in</strong> mangeln<strong>der</strong> Berufsmotivation, Frustrationen und oft irrational strukturierten »Wi<strong>der</strong>standshaltungen«<br />

negativ auf ihre Unterrichtspraxis und damit ihre Erziehungserfolge auswirkt – oft im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er<br />

self-fulfill<strong>in</strong>g prophecy. Damit wird dieses Problem über die <strong>in</strong>dividuelle Bedeutung h<strong>in</strong>aus zu e<strong>in</strong>er gesellschaftsrelevanten<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gung für die weitere Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung.<br />

E<strong>in</strong>e eher marg<strong>in</strong>ale Folge lässt sich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit des »Verbandes <strong>der</strong> Politiklehrer« ablesen, wenn z.T.<br />

aggressive Proteste auf die Veröffentlichung von grundsätzlichen didaktischen Aufsätzen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verbandszeitschrift<br />

folgen mit dem Vorwurf „damit nicht mehr die Interessen <strong>der</strong> Mitgliedschaft zu vertreten. <strong>Die</strong> psychischen<br />

(psychotischen?) Ursachen dieser Angst, sich kritisch mit <strong>der</strong> eigenen Unterrichts- und Fachbegründung rational<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen zu müssen – und nicht autoritär mit unterrichtsverwertbaren kurzen Anleitungen abgespeist zu<br />

werden – werden nach unseren Überlegungen zwar etwas verständlicher, bleiben aber weiter grundsätzlich <strong>in</strong>akzeptabel<br />

und für die Akzeptanz und Bedeutung des Faches Politik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit e<strong>in</strong>e Katastrophe.“ (Ausführungen<br />

folgen weitgehend Voigt 1998e: 241-244.)<br />

1.5.1.4. Aktualität und soziale Umwelt<br />

E<strong>in</strong>e theoretische wie auch empirische Vertiefung <strong>der</strong> Rezeption von Inhalten (»Schlüsselproblemen«) <strong>der</strong><br />

<strong>Politischen</strong> Bildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule geht über die hier angezeigten Ansätze <strong>der</strong> soziologischen und kulturellen<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, die sich <strong>in</strong> den Situationen, den Symbolwelten und den <strong>in</strong> den Biographien repräsentierten<br />

sozialen und soziostrukturellen Erfahrungswelten – e<strong>in</strong>gebunden <strong>in</strong> die Prozesse <strong>der</strong> Machtbildung und <strong>der</strong> sozialen<br />

Hierarchisierungen 113 – von Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrern ebenso wie von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern ausdrücken,<br />

h<strong>in</strong>aus und impliziert Aspekte <strong>der</strong> Sozial- und Individualpsychologie, die mit unserem thematischen Ansatz durch<br />

die Prozesse <strong>der</strong> Enkulturation und Akkulturation verbunden s<strong>in</strong>d.<br />

Da wir <strong>in</strong> diesem Abschnitt zunächst die Rezeptionsbed<strong>in</strong>gungen seitens <strong>der</strong> Lernenden und damit auch <strong>der</strong><br />

Lehrenden untersuchen und die beson<strong>der</strong>en Verständnis- und Verständigungsprobleme thematisieren, die die <strong>in</strong>terkulturelle<br />

Konfrontation mit den Entwicklungen <strong>in</strong> semiperipheren Regionen, mit Ereignissen wie <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n<br />

<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung evozieren, s<strong>in</strong>d vor allem die aktuellen Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Sozialisation<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Gesellschaft anzusprechen. <strong>Die</strong> notwendige theoretische Vertiefung kann hier nicht geleistet<br />

werden, sie muss <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är <strong>in</strong> verstärktem Maße auch <strong>in</strong>dividual- und sozialpsychologische Erklärungsansätze<br />

mit e<strong>in</strong>beziehen.<br />

<strong>Die</strong>s lenkt den Blick auf e<strong>in</strong> für Politik und Lernen gleichermaßen wirkungsmächtiges Spannungsverhältnis<br />

zwischen sozi<strong>als</strong>trukturellen Verän<strong>der</strong>ungen, die <strong>in</strong> unserer Gesellschaft <strong>in</strong> hohem Maße kontrovers wahrgenommen<br />

und bewertet werden, und den Auswirkungen auf die ebenfalls kontrovers beurteilte Wahrnehmung <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Realitäten und <strong>der</strong> mehr o<strong>der</strong> weniger deutlichen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> den Inhalten <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Kultur.<br />

Beide Kontroversen s<strong>in</strong>d wesentlich abhängig von paradigmatischen Beurteilungen <strong>der</strong> gesellschaftlichen und sozioökonomischen<br />

Situation <strong>in</strong> Mitteleuropa. Dabei ist für uns <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e e<strong>in</strong>e starke Aufmerksamkeitsrestriktion von<br />

113<br />

<strong>Die</strong>ser Aspekt ist letztlich nicht nur <strong>als</strong> Rezeptionsbed<strong>in</strong>gung son<strong>der</strong>n auch <strong>als</strong> <strong>in</strong>terkultureller Problembereich <strong>in</strong> den<br />

Inhalten <strong>der</strong> Politische Bildung, gerade auch bei »Dritte-Welt«-Themen und bei Untersuchungen <strong>in</strong> den Regionen <strong>der</strong> Semiperipherien,<br />

wie bei unserem Thema <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong>, von ausschlaggeben<strong>der</strong> Bedeutung und repräsentiert<br />

damit e<strong>in</strong> »Schlüsselproblem« <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zentralen Diskurs, <strong>der</strong> daher noch e<strong>in</strong>mal geson<strong>der</strong>t am Themenbereich unserer<br />

Untersuchung aufgearbeitet wird (vgl. Abschnitt 4.1.).<br />

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