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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

Der folgende Abschnitt fasst noch e<strong>in</strong>mal die Komplexität <strong>der</strong> Thematik zwischen gesellschaftlichen Entwicklungen,<br />

politischen Entscheidungen, Herrschaftsause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen und Wahrnehmung <strong>der</strong> Ereignisse <strong>in</strong><br />

den öffentlichen Diskursen und <strong>in</strong> <strong>der</strong> kritischen didaktischen Analyse zusammen. Dabei wird die für<br />

Wahrnehmung und Stereotyp wichtige personalisierte Perspektive e<strong>in</strong>bezogen, <strong>in</strong>dem die Person Khome<strong>in</strong>is<br />

<strong>als</strong> kontrovers wahrgenommenes Symbol <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> vorgestellt wird. <strong>Die</strong>ser Ansatz<br />

weist auf die immanente Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit ganz allgeme<strong>in</strong> <strong>der</strong> »Dritte-Welt-Didaktik« h<strong>in</strong>, die zwischen <strong>der</strong><br />

These <strong>der</strong> „Objektivierbarkeit“ <strong>der</strong> „Dritte-Welt-Probleme“ <strong>als</strong> politischer Entitäten, <strong>der</strong> wertorientierten<br />

Solidarität mit den „Opfern“ o<strong>der</strong> „Verlieren“ <strong>der</strong> globalen Disparitäten und dem Versuch, selbstreferentielle<br />

Distanz zu den Wehrnehmungsmustern <strong>der</strong> „Dritte-Welt-Thematik“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> eigenen <strong>Politischen</strong> Kultur ihre<br />

Position def<strong>in</strong>ieren muss. Am thematischen Beispiel <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> können dafür<br />

Maßstäbe <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> didaktischen Perspektive entwickelt werden. Gleichzeitig soll <strong>in</strong> diesem<br />

Abschnitt – über das eigentliche Thema <strong>der</strong> Arbeit h<strong>in</strong>ausblickend – e<strong>in</strong>e knappe kritische Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

mit den allgeme<strong>in</strong>en Problemen <strong>der</strong> »Dritte-Welt-Didaktik« erfolgen, die auf e<strong>in</strong>e längere praktische und<br />

theoretische Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung des Verfassers mit dieser Problemstellung – auch im Rahmen se<strong>in</strong>es eigenen<br />

Geographie- und Politikunterrichts – beruht.<br />

3.4. <strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong>, Khome<strong>in</strong>i und die<br />

»Dritte-Welt-Didaktik«<br />

Bei den vielfältigen Erklärungsversuchen <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> wird die Person von Ayatollah<br />

Khome<strong>in</strong>i zwar immer <strong>als</strong> wichtiger Faktor erwähnt, aber selten wird danach gefragt, welche sozialpsychologischen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen ihm diese beson<strong>der</strong>e „katalytische“ Funktion ermöglichten. In e<strong>in</strong>em kurzen Exkurs<br />

soll daher <strong>der</strong> Blick auf die Chiliasmusforschung geworfen werden, auch um zu vermeiden, dass dieser Aspekt<br />

im Unterricht ausgeblendet wird.<br />

3.4.1. Chiliasmus, Charisma und Fasz<strong>in</strong>ation:<br />

<strong>Die</strong> Ambivalenz <strong>der</strong> affektiven Rezeption<br />

Im Zentrum des öffentlichen Interesses an <strong>Iran</strong> steht, auch nach se<strong>in</strong>em Tod, die Persönlichkeit von Khome<strong>in</strong>i:<br />

fasz<strong>in</strong>ierend, geheimnisvoll-dunkel, furchterregend. Das liegt nicht nur an <strong>der</strong> wechselvollen und für sich<br />

genommen <strong>in</strong>teressanten und auch für die Intellektuellen <strong>in</strong> den Semiperipherien <strong>in</strong> diesem Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

exemplarischen Biographie zwischen Selbstbewusstse<strong>in</strong>, Machtstreben und politischer Verfolgung, nicht nur an<br />

se<strong>in</strong>em unbestreitbaren Charisma, das die emotionalen Bedürfnisse gerade auch <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierungsverlierer <strong>in</strong><br />

diesem semiperipheren Land ansprach und damit Khome<strong>in</strong>i zu e<strong>in</strong>er Integrations- und Identifikationsfigur für breite<br />

Massen machte, son<strong>der</strong>n auch an se<strong>in</strong>er markanten und unverwechselbaren Haltung und Physiognomie. E<strong>in</strong><br />

stereotypes Bild von Khome<strong>in</strong>i erlangt nicht nur <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> selbst, millionenfach verbreitet nahezu allgegenwärtig,<br />

son<strong>der</strong>n medienvermittelt weltweit Symbolcharakter für die <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong>, wenn nicht gar für den<br />

politischen Islam selbst, <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Medien <strong>als</strong> »Fundamentalismus« bezeichnet ist. 446<br />

<strong>Die</strong>se stereotype Symbolik hat gesellschaftliche Folgen und ist <strong>in</strong> ihrer Funktion auf die Entwicklung <strong>der</strong><br />

<strong>Islamische</strong>n Republik zu untersuchen. Sie trägt sehr stark zur Entdifferenzierung <strong>der</strong> Wahrnehmung <strong>der</strong> Situation <strong>in</strong><br />

<strong>Iran</strong> bei, ist dadurch nach <strong>in</strong>nen e<strong>in</strong> Element <strong>der</strong> Homogenisierung und Machtzentrierung, die <strong>der</strong> potentiellen<br />

postrevolutionären sozialen, politischen und regionalen Differenzierung und e<strong>in</strong>er drohenden<br />

Machtpartikularisierung 447 entgegenwirkt und nach außen e<strong>in</strong> Symbol für durchgesetzte Herrschaft, Macht und – <strong>in</strong><br />

Zielrichtung auf die Gegner – verfügbaren Bedrohungspotentiale.<br />

Gerade dieser stereotype Charakter hemmt aber e<strong>in</strong>e differenzierte Untersuchung <strong>der</strong> Ereignisse <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> und ist<br />

damit e<strong>in</strong> em<strong>in</strong>ent wichtiges didaktisches Problem. Das Bild von <strong>Iran</strong> ist ohneh<strong>in</strong> zeitgeschichtlich sehr stark<br />

personenbezogen und personalisiert auf die jeweilige Herrscherpersönlichkeit, wobei meist – positive o<strong>der</strong> negative<br />

– Exotikaspekte und -wahrnehmungen <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund getreten s<strong>in</strong>d, die sich ambivalent <strong>in</strong> schwärmerischer<br />

Bewun<strong>der</strong>ung und Identifikation (z.B. mit Šah Reza und se<strong>in</strong>en Frauen und se<strong>in</strong>er Hofhaltung: nach Blank, ...: „<strong>der</strong><br />

letzte deutsche Kaiser“...) o<strong>der</strong> aber <strong>in</strong> panikartiger Furcht o<strong>der</strong> wohligem Grusel (z.B. gegenüber <strong>der</strong> Person von<br />

Khome<strong>in</strong>i) ausdrückt.<br />

Exotikmotivationen s<strong>in</strong>d stereotype, <strong>in</strong>ternalisierte psychische Projektionen für eigene, nicht explizit<br />

auszudrückende Interessen und Wertungen und haben recht wenig mit dem <strong>Gegenstand</strong> des manifesten,<br />

446<br />

Zur Kritik dieser Bezeichnung vgl. Antes 1997.<br />

447<br />

In e<strong>in</strong>em historischen Vergleich erfolgreicher <strong>Revolution</strong>en s<strong>in</strong>d solche »postrevolutionären Wirren« e<strong>in</strong>e typische Übergangsphase<br />

bis zu e<strong>in</strong>er neuen meist autoritären Machtkonstituierung. <strong>Die</strong>se Phase ist durch die Symbolfigur Khome<strong>in</strong>i und<br />

durch den bald nach <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n <strong>Revolution</strong> ausgebrochenen <strong>Iran</strong>isch-Iraqischen Krieg (»Erster Golfkrieg«) <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n<br />

<strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> kaum virulent geworden, was zu <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternational nicht erwarteten <strong>in</strong>neren Stabilität <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong>n<br />

Republik beigetragen hat.<br />

198

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