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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

stehenden »Krise« e<strong>in</strong> Moralisches Skandalon, das letztlich rational nicht mehr zu verstehen o<strong>der</strong> mit üblichen<br />

politischen Mitteln nicht mehr zu bewältigen ist. Der Rekurs auf e<strong>in</strong>e »vernünftige Lösung« wird nicht weiter<br />

differenziert und konkretisiert und bleibt deshalb weitgehend <strong>in</strong>haltsleer. Theo Sommer denkt hier wohl nur <strong>in</strong> den<br />

Kategorien europäischer Außenpolitik, die die E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong> Völkerrechtsnormen aus »westlicher Sicht« eben<br />

voraussetzen und nicht zum politischen Verhandlungsgegenstand machen. <strong>Die</strong>ser Option folgt er nicht weiter,<br />

son<strong>der</strong>n deklariert sie von vornhere<strong>in</strong> <strong>als</strong> geschwunden.<br />

Damit macht sich Theo Sommer e<strong>in</strong>e politische Tradition <strong>der</strong> USA zu eigen, die diese Großmacht immer<br />

wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en irrationalen, von vor-staatsgesellschaftlichen Wertbegriffen wie »Ehre«, »Demütigung« o<strong>der</strong><br />

Wertüberlegenheitslegenden motivierten militärischen und unpolitischen Interventionismus h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gleiten lässt, sei<br />

es <strong>in</strong> Vietnam, sei es beim <strong>in</strong> diesem Zusammenhang zu erwähnenden gescheiterten Hubschrauberüberfall zur<br />

Geiselbefreiung <strong>in</strong> <strong>Iran</strong>, sei es im letzten Jahrzehnt <strong>in</strong> Iraq o<strong>der</strong> <strong>in</strong> den jugoslawischen Nachfolgstaaten.<br />

Bezeichnend ist, dass hier e<strong>in</strong> unpolitisches Freund-Fe<strong>in</strong>d-Denken zu e<strong>in</strong>er katastrophalen Entdifferenzierung<br />

<strong>der</strong> politischen Realitätsperspektiven führt: es muss das Böse ebenso e<strong>in</strong>deutig auszumachen se<strong>in</strong> wie das Gute.<br />

Damit trifft sich diese politische Haltung <strong>der</strong> USA, mit <strong>der</strong> die europäischen Staaten immer wie<strong>der</strong> ihre eigenen<br />

politischen Probleme haben, mit <strong>der</strong> »fundamentalistischen Haltung« des jeweiligen Gegners, hier <strong>als</strong>o des <strong>Iran</strong>s.<br />

Unter diskurstheoretischer Perspektive ist hier e<strong>in</strong>e konfligierende Durchdr<strong>in</strong>gung zweier zwar teilweise<br />

aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bezogener, aber letztlich autochthoner regionaler Diskurse <strong>der</strong> USA und <strong>Iran</strong>s zu beobachten, die eben<br />

gerade nicht Konfliktdistanzierung son<strong>der</strong>n Konfliktverschärfung bewirken. Aus didaktischer Perspektive gesehen<br />

öffnet sich hier die Frage nach den Langzeitwirkungen e<strong>in</strong>er solchen Verschränkung von Diskursen. Angedeutet sei<br />

hier, dass <strong>der</strong> globalisierte Fundamentalismus-Diskurs, e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> ersten Diskurse, die <strong>in</strong> den Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />

sozioökonomischen Zentren und <strong>in</strong> den semiperipheren Regionen vor allem im islamischen Kulturbereich sich nicht<br />

nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> son<strong>der</strong>n seit den 80er Jahren aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bezogen entwickeln und konfliktstrukturierend wirken,<br />

ohne diese Konfrontation <strong>der</strong> USA mit <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> nicht <strong>in</strong> dieser Form vorstellbar wäre.<br />

Weniger <strong>der</strong> 2. Golfkrieg des Westens gegen Iraq <strong>als</strong> diese erste Konfrontation mit <strong>der</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Iran</strong> leitet e<strong>in</strong>e Phase <strong>der</strong> sich universalisierenden völkerrechtlichen Diskurse e<strong>in</strong>, die durchaus <strong>als</strong> e<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

um kulturelle Inkorporationsprozesse gegenüber den Semiperipherien <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge ökonomische<br />

Globalisierungsprozesse Verstande und <strong>als</strong> E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e »Neue Welt-Ordnung« kategorisiert werden kann. Nur<br />

war das dem zeitgenössischen politischen Beobachter wie Theo Sommer durchaus nicht erkennbar, da die Wertungen<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> jeweils eigenen politischen Diskurse befangen waren. Auch hier erfolgt wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> diskursdidaktischer<br />

H<strong>in</strong>weis auf die daraus abzuleitende Notwendigkeit, Diskurse zu distanzieren und <strong>in</strong> Mehrschichtenmodelle<br />

<strong>der</strong> Realität e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den.<br />

<strong>Die</strong>se Mehrschichtigkeit wird 1980 <strong>in</strong> Bezug auf die <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> im Westen und auch <strong>in</strong><br />

reflektierenden Zeitungsberichten noch nicht angedacht. Im Gegenteil, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mitte des Monats setzt sich zunehmend<br />

die amerikanische Sicht e<strong>in</strong>er Entdifferenzierung des politischen Instrumentariums e<strong>in</strong>, das den Völkerrechtsexkurs,<br />

von dem die Krisensicht zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Botschaftsbesetzung ausg<strong>in</strong>g, reduziert wird auf<br />

a. Realpolitik: Erörterung wirtschaftlicher und gegebenenfalls militärischer Macht- und Durchsetzungsoptionen<br />

gegen <strong>Iran</strong>, bei <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> amerikanische Wirtschaftsboykott <strong>als</strong> erste Stufe <strong>der</strong> Drohung vor allem auch zur<br />

Homogenisierung <strong>der</strong> westlichen Politik gegenüber <strong>Iran</strong> funktionalisieren lässt. <strong>Die</strong> Bewertung des Boykotts<br />

erfolgt im Abwägen <strong>der</strong> Möglichkeit, <strong>Iran</strong> zum E<strong>in</strong>lenken zu bewegen, und den wirtschaftlichen Folgen für die<br />

USA und für Westeuropa. Aus dieser Perspektive <strong>der</strong> Abschätzung des Nutzens gehen aber auch unterschiedliche<br />

Bewertungen <strong>der</strong> Boykottpolitik <strong>in</strong> Europa, das vom iranischen Erdöl weitaus abhängiger ist <strong>als</strong> die<br />

USA, und <strong>in</strong> Japan o<strong>der</strong> den USA hervor. Der rechtliche bzw. völkerrechtliche Aspekt hat nun nicht mehr<br />

explizit Diskurscharakter son<strong>der</strong> wird <strong>in</strong>strumentalisiert, die Boykottmöglichkeiten <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Staaten<br />

rechtlich zu prüfen und abzusichern. 531<br />

b. Moralischer Rigorismus: In gleicher Weise politisch entdifferenzierend wirkt <strong>der</strong> Aufbau e<strong>in</strong>deutiger Freund-<br />

Fe<strong>in</strong>d-Beziehungen.<br />

Dabei sche<strong>in</strong>t es zunächst so, <strong>als</strong> ob für die USA <strong>in</strong> ihrer Boykottpolitik <strong>der</strong> unmittelbare Nutzen gegenüber dem<br />

<strong>Iran</strong> und zur Lösung <strong>der</strong> so bezeichneten »<strong>Iran</strong>-Krise«, was sich alle<strong>in</strong> auf die Situation <strong>der</strong> gefangenen<br />

Botschaftsangehörigen <strong>in</strong> Tehran bezieht, eher im H<strong>in</strong>tergrund steht und die Durchsetzung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>ternationalen<br />

Boykotts zur Diszipl<strong>in</strong>ierung <strong>der</strong> Verbündeten <strong>in</strong> Westeuropa dienen soll: e<strong>in</strong>e »Frontbere<strong>in</strong>igung« gegenüber den<br />

aus amerikanischer Sicht unzuverlässig ersche<strong>in</strong>enden (d.h. eigene politische Vorstellungen vertretende) Westeuropäern.<br />

<strong>Die</strong>s bestätigt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> dritten politischen Phase des Konfliktes nach dem 20. 4. 80, <strong>als</strong> sich durch die –<br />

gescheiterte – militärische Intervention, mit e<strong>in</strong>em Hubschrauberangriff die Geiseln befreien zu wollen, zeigte, dass<br />

531<br />

Vgl. z.B. Josef Joffe <strong>in</strong> DIE ZEIT Nr. 17, 18.04.80 (00418Z04). – Dossier. Siehe auch den Bericht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hannoverschen<br />

Allgeme<strong>in</strong>en Zeitung, 24.04.80 (00424H05), pcm/jkr: Bonn macht Weg frei für Wirtschaftsboykott gegen <strong>Iran</strong>. Kab<strong>in</strong>ett<br />

verabschiedet drei Verordnungen / Wash<strong>in</strong>gton reagiert zurückhaltend auf Beschlüsse <strong>der</strong> EG-Außenm<strong>in</strong>ister. „Das Bundeskab<strong>in</strong>ett<br />

hat auf die Beschlüsse <strong>der</strong> EG-Außenm<strong>in</strong>ister <strong>in</strong> Luxemburg gegen <strong>Iran</strong> unverzüglich reagiert. Am Mittwoch<br />

verabschiedete es drei Verordnungen zum Außenwirtschaftsgesetz, nach denen die Ausfuhr <strong>in</strong> den <strong>Iran</strong> und <strong>der</strong> Zahlungsverkehr<br />

mit Teheran unter Genehmigungsvorbehalt des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft gestellt werden kann. <strong>Die</strong><br />

Verordnungen sollen nach dem nächsten Treffen <strong>der</strong> EG-Außenm<strong>in</strong>ister am 17. Mai <strong>in</strong> Kraft gesetzt werden.“<br />

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