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Die Islamische Revolution in Iran als Gegenstand der Politischen ...

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<strong>Die</strong> <strong>Islamische</strong> <strong>Revolution</strong> <strong>in</strong> <strong>Iran</strong> <strong>als</strong> <strong>Gegenstand</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung und<br />

<strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung für den sozialwissenschaftlichen Unterricht<br />

ist, da auf Verän<strong>der</strong>ungsprozesse und Notlagen immer schon Migrationen und „Völkerwan<strong>der</strong>ungen“ s<strong>in</strong>nvolle und<br />

notwendige Reaktionen waren 108 – s<strong>in</strong>d vor allem auch Reaktionen auf soziökonomische Verän<strong>der</strong>ungen, die durch<br />

Globalisierungsprozesse verursacht werden. Das führt nicht zu e<strong>in</strong>er stärkeren regionalen Differenzierung zwischen<br />

unerwünschten Migranten und zur B<strong>in</strong>nenmobilität gezwungenen Arbeitnehmern, son<strong>der</strong>n auch zu e<strong>in</strong>er Chancendifferenzierung<br />

zwischen <strong>der</strong> an Globalisierungsprozessen und <strong>in</strong>ternationaler Mobilität teilhabenden Oberschichten<br />

und regional immer stärker staatlich festgelegten Unterschichten. So werden gleicherweise auch die sozialen Hierarchien<br />

verstärkt und Sozialkonflikte zugeschärft.<br />

Das führt zum zweiten Erfahrungsbereich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule, <strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest teilweise mit Globalisierungsprozessen<br />

ursächlich verbunden ist: die Verschärfung <strong>der</strong> sozialen Differenz, die Vergrößerung des Anteils Armer und Bedürftiger<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Schülerschaft. Gegen diese Gruppe richten sich von Seiten <strong>der</strong> traditionellen Oberschichten verstärkt<br />

ebenso differenzierend-aggressive Vorurteile und Ablehnung wie gegen die Gruppe <strong>der</strong> Migranten. So kommt die<br />

Schule <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e letztlich von ihr selbst kaum zu lösende Konfliktlage zwischen den Privilegierungsansprüchen <strong>der</strong><br />

traditionellen Mittel- und Oberschichten e<strong>in</strong>erseits, die an Bil<strong>der</strong> von Schule und Unterricht appellieren, die von<br />

e<strong>in</strong>er Mehrzahl <strong>der</strong> Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer vor allem <strong>in</strong> den weiterführenden Schulformen entsprechend ihrer<br />

eigenen sozialen Herkunft durchaus geteilt werden, und den grundgesetzlich verankerten Bildungs-, Ausbildungsund<br />

Qualifizierungsansprüchen e<strong>in</strong>er neuen Schülerklientel hoher Differenziertheit und kulturell-ethnischer Fraktionierung,<br />

die daher oft gar nicht zu e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Interessenwahrnehmung und damit zu e<strong>in</strong>er Gegenmacht zu<br />

Privilegierungsanmaßungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d.<br />

1.5.1.3. <strong>Die</strong> Lebenssituation von Politiklehrer<strong>in</strong>nen und Politiklehrern 109<br />

Das Fach Geme<strong>in</strong>schaftskunde/Sozialkunde/Gesellschaftslehre etablierte sich <strong>in</strong> den deutschen Schulen durch die<br />

Generation <strong>der</strong> Politiklehrer<strong>in</strong>nen und Politiklehrer, die <strong>in</strong> den 70er Jahren an den Universitäten ausgebildet worden<br />

s<strong>in</strong>d und mit den Exam<strong>in</strong>a ihre Politikfakultas erworben haben. In ihrem Selbstverständnis, wie es sich im Kontakt<br />

mit dem universitären Fach Politologie/Politikwissenschaft o<strong>der</strong> zu <strong>der</strong> Zeit <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen ›Wissenschaft von <strong>der</strong><br />

Politik‹ herausgebildet hatte, verstanden sich diese jungen Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer <strong>als</strong> Politiklehrer mit e<strong>in</strong>er entsprechenden<br />

Fachorientierung. <strong>Die</strong> <strong>in</strong>tegrativen und <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären Potentiale e<strong>in</strong>er <strong>als</strong> Humanwissenschaft<br />

verstandenen Politik- und Sozialwissenschaft wurden we<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> universitären Ausbildung dieser Zeit noch <strong>in</strong> den<br />

herrschenden didaktischen Konzepten h<strong>in</strong>reichend erkannt, so dass mo<strong>der</strong>nere diskursive Fachansätze noch nicht <strong>in</strong><br />

Sicht waren. <strong>Die</strong> Intentionen <strong>der</strong> »Saarbrücker Rahmenvere<strong>in</strong>barung«, die <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung e<strong>in</strong>e zentrale<br />

Integrationsfunktion <strong>in</strong> den Schulen zuwiesen, wurden eher <strong>als</strong> Ausdruck e<strong>in</strong>er unpolitischen Orientierung an<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsideologien verstanden 110 , gegen die e<strong>in</strong> Fach Politik mit e<strong>in</strong>deutigem Wissenschaftsbezug und<br />

eigener Fachdidaktik gestellt wurde. Politische Bildung wurde dabei <strong>als</strong> allgeme<strong>in</strong>es Unterrichtspr<strong>in</strong>zip eher ger<strong>in</strong>g<br />

geachtet, was sicher auch mit den von Anfang an desolaten E<strong>in</strong>stellungsaussichten <strong>der</strong> jungen Politik-Lehrer<strong>in</strong>nen<br />

und -Lehrer zu tun hatte und den daraus resultierenden existenziellen Ängsten. Das Fach Politik <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en unterschiedlichen<br />

Benennungen steht damit <strong>in</strong> Konkurrenz zu an<strong>der</strong>en »Neuen Fächern« wie Psychologie, Wirtschaftswissenschaften,<br />

Soziologie o<strong>der</strong> Philosophie und natürlich den e<strong>in</strong>geführten klassischen Fächern wie Erdkunde o<strong>der</strong><br />

Geschichte, die sich letztlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit mit ihren Vorstellungen durchsetzen können. Das Fach Politik<br />

wird dementsprechend tendenziell wie<strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>em Nebenfach, <strong>in</strong> vielen Bundeslän<strong>der</strong>n den »klassischen Fächern«<br />

des gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeldes Erdkunde und Geschichte nicht nur neben- son<strong>der</strong>n untergeordnet.<br />

Das umfassende Konzept e<strong>in</strong>er <strong>Politischen</strong> Bildung hatte sich ohneh<strong>in</strong> im Schulalltag nicht durchsetzen<br />

können. Politiklehrer<strong>in</strong>nen und Politiklehrer werden fast ausschließlich wegen ihres zweiten o<strong>der</strong> ihrer weiteren<br />

Fachbefähigungen, nicht jedoch wegen ihrer Fakultas im Fach Politik von den Schulen gesucht und <strong>in</strong> den Schuldienst<br />

übernommen. E<strong>in</strong> erheblicher Teil des Unterrichtes, <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Politischen</strong> Bildung dienen soll, wird fachfremd<br />

von Historikern und Geographen erteilt. Das heißt letztlich, dass heute viele Schulen (fast) ohne ausgebildete<br />

Politiklehrer<strong>in</strong>nen und Politiklehrer auskommen und die Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen mit <strong>der</strong> Fakultas Politik<br />

108<br />

109<br />

110<br />

Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass wahrgenommene und problematisierte Migrationen heute durch die vorgegebene<br />

Lage staatlicher Grenzziehungen def<strong>in</strong>iert werden, wie Ruf<strong>in</strong> 1993 sehr klar herausgearbeitet hat. So ist <strong>der</strong> Umzug e<strong>in</strong>es<br />

Texaners nach Ma<strong>in</strong>e <strong>in</strong> den USA e<strong>in</strong>e übliche, z.T. sogar erwünschte Reaktion auf Verän<strong>der</strong>ungen auf dem Arbeitsmarkt,<br />

die Migration des Mexikaners wenige Kilometer weiter <strong>in</strong> die USA aber e<strong>in</strong>e meist illegale, krim<strong>in</strong>alisierte Grenzverletzung!<br />

Das Gleiche wird <strong>in</strong> Zukunft zunehmend zur Unterscheidung von Wan<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU und <strong>in</strong> die EU h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> beitragen.<br />

Der folgende Abschnitt folgt e<strong>in</strong>igen Ausführungen <strong>in</strong> Voigt 1998e: 241-244 (<strong>in</strong> Hufer/Wellie 1998).<br />

Für diesen kultuspolitischen M<strong>in</strong>imalkonsens trifft diese E<strong>in</strong>schätzung ohne Zweifel zu; vgl. dazu die Verlautbarungen z.B.<br />

<strong>der</strong> »Aktion Geme<strong>in</strong>s<strong>in</strong>n« und an<strong>der</strong>er Evokationen e<strong>in</strong>er »heilen Welt«, die vor allem gegen l<strong>in</strong>ke, dichotome Gesellschaftsbil<strong>der</strong><br />

gerichtet waren und Klassenkampfideen anathematisieren sollten: sicher auch mit Hilfe e<strong>in</strong>er »Geme<strong>in</strong>schaftskunde«.<br />

Doch steckten <strong>in</strong> den Saarbrücker Rahmenvere<strong>in</strong>barungen didaktisch-curriculare Möglichkeiten, die weit<br />

über diese Motive h<strong>in</strong>aus Wiesen und z.T. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Reformarbeit für die Sekundarstufe II z.B. <strong>in</strong> Nie<strong>der</strong>sachsen fruchtbar<br />

gemacht werden konnten.<br />

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