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Semantischer Mehrwert und Multifunktionalität von ...

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4 Der semantische <strong>Mehrwert</strong> <strong>und</strong> die <strong>Multifunktionalität</strong> <strong>von</strong> Phraseologismen<br />

schen Basis ausgehend werden die Sprachspielereien betrieben. Über das Variabilitätspotential<br />

einzelner Phraseologismen hinaus kann die Stabilität aufgebrochen<br />

werden, so daß okkasionelle Modifikationen entstehen. Schließlich<br />

fordert die (graduelle) Idiomatizität zu einer Remotivation der Bedeutung <strong>und</strong><br />

Literalisierung der einzelnen Konstituenten des Phraseologismus heraus.<br />

Nach Gréciano (1987b:195) ist für sprachspielerische Operationen der<br />

Kotext als "Vermittler der formalen <strong>und</strong> inhaltlichen Akrobatik" <strong>von</strong> größter<br />

Wichtigkeit. Die jeweilige Textsorte, in die der abgewandelte Phraseologismus<br />

integriert ist, beeinflußt das Entstehen eines "Spannungsnetzes" <strong>und</strong> die<br />

"Dynamik formaler <strong>und</strong> inhaltlicher Assoziationen": "Sprachvirtuosität entfacht<br />

sich, die wir [...] als 'idiomatisches Ballett' beschreiben" (Gréciano<br />

1987c:204). Dieses "idiomatische Ballett" in Form <strong>von</strong> okkasionellen Modifikationen,<br />

Intertextualität <strong>und</strong> dem Spiel mit wörtlicher <strong>und</strong> idiomatischer Bedeutung<br />

äußert sich im engen Zusammenhang mit Ko- <strong>und</strong> Kontext. Grécianos<br />

pragma-semantischer Ansatz löste mit dieser Erkenntnis den Irrglauben der<br />

Phraseologieforschung zum Sprachspiel ab, bei den Phraseologismen würde<br />

eine systemlinguistische Ambiguität oder Homonymie im Sinne einer gleichzeitigen<br />

Existenz <strong>von</strong> idiomatischer <strong>und</strong> wörtlicher Lesart vorliegen (Sick<br />

1993:260). Psycholinguistische Forschungen 173 zeigen nämlich, daß Phraseologismen<br />

zunächst in ihrer idiomatischen Lesart verstanden werden; erst bei Verstehensschwierigkeiten<br />

wird die wörtliche Lesart zur Interpretation herangezogen,<br />

wobei der Kotext maßgeblich ist für diese Entscheidung. Demnach ist die<br />

Doppeldeutigkeit nicht die Ursache <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lage, sondern das Ergebnis <strong>und</strong><br />

Ziel des Sprachspiels mit Phraseologismen.<br />

Es ist nicht möglich, Sprachspiele mit Phraseologismen zu beschreiben<br />

<strong>und</strong> zu analysieren, ohne auf die Vorgänge bei der Textproduktion <strong>und</strong> der<br />

Textrezeption einzugehen. Das Produzieren hängt ebenso wie das Erkennen<br />

<strong>und</strong> Verstehen (Rekonstruieren) <strong>von</strong> phraseologischen Sprachspielen <strong>von</strong> bestimmten<br />

Voraussetzungen ab <strong>und</strong> stößt an Grenzen, wenn Produzent <strong>und</strong> Rezipient<br />

die Sprachspiele in Bezug auf den Textinhalt, ein bestimmtes Ziel, eine<br />

bestimmte Wirkung, Bewertung <strong>und</strong>/oder Handlung als "gelungen" ansehen<br />

sollen (Dittgen 1989:25). Nach Dittgen sind Textgehalt <strong>und</strong> Textgestaltung<br />

dabei bedingt durch die Sprachkompetenz des Produzenten, seine Intention,<br />

173 Vgl. Anm. 156.<br />

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