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Semantischer Mehrwert und Multifunktionalität von ...

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4 Der semantische <strong>Mehrwert</strong> <strong>und</strong> die <strong>Multifunktionalität</strong> <strong>von</strong> Phraseologismen<br />

seine Vorstellungen <strong>und</strong> Erwartungen vom Rezipienten. Ein gelungenes<br />

Sprachspiel liegt dann vor, wenn der Rezipient es so versteht, wie der Produzent<br />

es intendiert hat. Auf der Seite des Rezipienten ist für den Erfolg des<br />

Sprachspiels dessen Bereitschaft, sich mit dem Sprachspiel zu beschäftigen,<br />

seine Kompetenz, sein Interesse am Dargestellten sowie seine Vorstellungen<br />

<strong>und</strong> Erwartungen vom (anonymen) Produzenten <strong>und</strong> der Textgestaltung wich-<br />

tig. 174<br />

Produzent <strong>und</strong> Rezipient haben Erwartungen aneinander, die vielschichtig,<br />

individuell <strong>und</strong> beliebig sein können. Relevant für die sprachspielerische<br />

Textkonstitution durch Phraseologismen sind die kontextuellen <strong>und</strong> die<br />

textsortenspezifischen Erwartungen der Kommunikationspartner. Der Hörer/Leser<br />

erwartet unter bestimmten Bedingungen, daß der Sprecher/ Schreiber<br />

sprachliche Handlungen <strong>von</strong> bestimmter Art (das Was) auf eine bestimmte<br />

Weise (das Wie) ausdrückt (Sandig 1986:11). So hat der Rezipient Erwartungen<br />

bezüglich der Texteigenschaften, die die Situation berücksichtigen oder<br />

definieren: Eine öffentliche Situation bedingt andere Stile als privater Kontakt,<br />

Schriftlichkeit andere als spontanes Sprechen. Geschriebene Sprache heißt, daß<br />

weder beim Produzieren noch beim Rezipieren der Kommunikationspartner<br />

anwesend ist. Rückfragen <strong>und</strong> zusätzliche Erklärungen sind nicht möglich, es<br />

gibt auch keine Rückmeldung, wie das Geschriebene beim Leser angekommen<br />

ist: "Im Bereich der Massenkommunikation kommen zu dieser Einseitigkeit<br />

des Kommunikationsverlaufs noch die weitgehende Anonymität <strong>von</strong> Produzent<br />

<strong>und</strong> Rezipient <strong>und</strong> die Öffentlichkeit der Kommunikation als (soziale) Komponenten<br />

hinzu, die die Verständigung erschweren können" (Dittgen 1989:32).<br />

Werden diese Erwartungen nun vom Produzenten nicht erfüllt (indem dieser<br />

beispielsweise sprachspielerisch abweicht <strong>von</strong> üblichen <strong>und</strong> somit erwartbaren<br />

174 Vgl. dazu das Konzept der Partnerhypothesen <strong>von</strong> Hannappel/Melenk (1984), nach dem<br />

Äußerungen motiviert sind durch eine Einschätzung der Situation, durch die jeweilige Intention<br />

<strong>und</strong> durch die Hypothesen über den Gesprächspartner (vgl. auch Lenke/Lutz/Sprenger<br />

1995:28f.). Dittgen (1989:12) geht bei ihrer Analyse <strong>von</strong> funktionalen sprachspielerischen<br />

Abweichungen <strong>von</strong> einem idealen Leser/Rezipienten aus, der die Abweichungen wahrnimmt,<br />

sie nicht ignoriert, nicht korrigiert, nicht negativ bewertet, sondern sie als neue Möglichkeiten<br />

einer sprachlichen Äußerung akzeptiert, sie im Sinne des Produzenten versteht <strong>und</strong> entsprechend<br />

handelt. Im Idealfall versteht der Rezipient alles, was als Bedeutung oder<br />

"Mitbedeutetem" in der Abweichung enthalten ist. Mit Sprachkompetenz ist hier "allgemein<br />

das Wissen der Sprachbenutzer <strong>von</strong> ihrer Muttersprache gemeint, die Fähigkeit der Sprachbenutzer,<br />

mit Hilfe einer begrenzten Anzahl <strong>von</strong> Elementen <strong>und</strong> Regeln eine unbegrenzte Zahl<br />

<strong>von</strong> Äußerungen in dieser Sprache zu verstehen, sie bilden zu können <strong>und</strong> sie auch angemessen<br />

zu verwenden (in bezug auf die Kommunikationssituation, das Thema, die Textsorte <strong>und</strong><br />

anderes mehr)" (Dittgen 1989:25).<br />

127

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