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Semantischer Mehrwert und Multifunktionalität von ...

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4 Der semantische <strong>Mehrwert</strong> <strong>und</strong> die <strong>Multifunktionalität</strong> <strong>von</strong> Phraseologismen<br />

4. Anbiederungsfunktion<br />

Ein den Lesern oder Hörern fremder Sachverhalt kann mit Hilfe <strong>von</strong> Phraseologismen<br />

in Formeln der Alltagswelt dargestellt werden (z.B. "We all have to<br />

tighten our belts"). Es entsteht Familiarität, indem die Gegebenheiten in den<br />

alltäglichen, vertrauten Interaktionszusammenhang des Adressaten gestellt<br />

werden - der Autor "biedert sich beim Leser an" (Koller 1977:139).<br />

5. Übertragungsfunktion<br />

Sprachliche Schablonen für die Interpretation <strong>von</strong> <strong>und</strong> die Orientierung in<br />

Handlungen <strong>und</strong> Sachverhalten, wie sie im Alltagsleben eine Rolle spielen,<br />

werden übernommen bzw. übertragen in eine "andere Welt" (bei Koller<br />

1977:138 in die Welt politischer Ereignisse, Zusammenhänge <strong>und</strong> Situationen).<br />

6. Vereinfachungsfunktion<br />

Einfache, bekannte <strong>und</strong> im eigenen Erfahrungsbereich lokalisierbare Argumente<br />

kommen dem Bedürfnis entgegen, komplexe Sachverhalte auf bekannte<br />

Handlungs- <strong>und</strong> Interpretationsmuster zurückgeführt zu sehen.<br />

7. Argumentations-Ersparungsfunktion<br />

Phraseologismen leuchten in (pseudo-) argumentativen Zusammenhängen unmittelbar<br />

ein, weil sie allgemein akzeptierte Erfahrungsgr<strong>und</strong>sätze der Lebenspraxis<br />

wiedergeben. Die konventionell-festen Sprachformen klingen plausibel<br />

<strong>und</strong> werden nicht mehr hinterfragt, vgl. time flies, familiarity breeds contempt,<br />

such is life.<br />

8. Unschärfefunktion<br />

Viele Phraseologismen erscheinen, sobald man nach ihrem eigentlichen Gehalt<br />

fragt, unscharf <strong>und</strong> unklar; unterschiedliche Situationen werden auf einen gemeinsamen<br />

Nenner gebracht, wobei die Unterschiede verwischt werden. Diese<br />

Offenheit <strong>und</strong> Flexibilität <strong>von</strong> Phraseologismen ermöglicht ihren Einsatz in<br />

mannigfaltigen Sachlagen, bringt jedoch die Schwierigkeit mit sich, die genauen<br />

Anwendungsbedingungen festzulegen (beispielsweise in der Phraseographie<br />

oder Phraseodidaktik).<br />

9. Emotionalisierungsfunktion<br />

Viele Phraseologismen wirken emotional bzw. emotionalisierend. Dieser Umstand<br />

wird meist ihrer Bildlichkeit <strong>und</strong> Konkretheit zugesprochen: grit one's<br />

teeth ist expressiver als be angry, weist - mit Kollers Worten - ein "emotional<br />

geladenes Mehr" (1977:149) auf.<br />

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