Dichte und Schrumpfung - Leibniz-Institut für ökologische ...

200 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 Dichte und Schrumpfung – Christiane Westphal
Exkurs 16: Kostenträgerschaft: Dichte und Tarife der stadttechnischen Infrastruktur
Die bisherigen Ausführungen belegen, dass Siedlungsstrukturen unterschiedlicher Dichte
unterschiedliche Kosten der stadttechnischen Ver- und Entsorgung verursachen. Diese Kostenunterschiede
spiegeln sich allerdings bisher nicht in den einheitlichen Tarifen für die Verund
Entsorgung wider (TIETZ 2006, 166). Demnach werden Kosten nicht verursachergerecht
angelastet (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 71). Bewohner in kostengünstig zu erschließenden
innerstädtischen und dichten Wohngebieten subventionieren somit über die Versorgungspreise
die Einfamilienhausbesitzer im Umland (HERZ 2004, 17; HERZ et al. 2002, 59).
„Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die relativ hohen Kosten besonders flächenzehrender
Siedlungsformen ihren Nutznießern teilweise nur unvollständig in Rechnung
gestellt werden, während die Bewohner verdichteter und daher kostengünstig zu
erschließender städtischer Gebiete in einer Art Mischkalkulation mit zur Finanzierung
aufwändigerer Siedlungsformen herangezogen werden.“ (BUNDESREGIERUNG 2004,
211)
Hinzu kommen Kostenentlastungen für gering verdichtete ländliche Räume. Da die Gebührendifferenz
zwischen ländlichen und städtischen Regionen nicht die tatsächlichen Kostenunterschiede
widerspiegelt, ist von einer großen direkten und indirekten Subventionierung
der Abwasserentsorgung im ländlichen Raum auszugehen (SEITZ 2002, 55). Vor allem in
Gemeinden mit geringer Einwohnerzahl erfolgt eine Bezuschussung der Investitionskosten
der Abwasserentsorgung von bis zu 80 % (JENSSEN, KARAKOYUN 2005, 77).
Vor diesem Hintergrund wird zunehmend die Frage aufgeworfen, inwiefern ein räumlich
nach Bebauungsdichten gestaffeltes Gebühren- und Preissystem dazu beitragen könnte,
dass häufig sozial schwächere Bewohner verdichteter Bebauungsstrukturen nicht über ihre
Zahlungen die Bewohner von Einfamilienhäusern subventionieren (HERZ et al. 2002, 59).
Die fehlende Verursachergerechtigkeit der Kostenanlastung ist gerade vor dem Hintergrund
von Schrumpfungsprozessen von Bedeutung, die zu einem weiteren Anstieg der Infrastrukturkosten
führen werden und somit zu einer Verstärkung der Unverhältnismäßigkeit der Kostenanlastung
beitragen können. Zudem zeigt sich, dass aktuelle Kostenstrukturen keine
Anreize bieten, Siedlungsstrukturen höherer Dichten zu sichern und somit einen Beitrag zur
Stabilisierung oder gar Senkung der gesamtgesellschaftlichen Infrastrukturkosten zu leisten.
Zusammenfassend verdeutlicht Kapitel 7, dass Aufwand und Kosten der stadttechnischen
Erschließung in einem starken Zusammenhang mit der Dichte von
Siedlungsstrukturen stehen.
- So verursachen geringe Einwohnerdichten einen exponentiell höheren Erschließungsaufwand
als höhere Dichten. Dies ist verbunden mit einer entsprechend
höheren Materialintensität der Siedlungsstrukturen.
- Ebenso hängen die spezifischen Kosten für die Bereitstellung der stadttechnischen
Versorgung in hohem Maße von der Einwohner- und Bebauungsdichte ab.
Gering verdichtete Siedlungsstrukturen sind mit deutlich höheren Kosten verbunden
als solche Strukturen höherer Dichten.
Vor dem Hintergrund dieser Zusammenhänge beschreibt Kapitel 8 die Auswirkungen
von schrumpfungsbedingten Dichterückgängen auf die stadttechnische Infrastruktur.