Dichte und Schrumpfung - Leibniz-Institut für ökologische ...
Dichte und Schrumpfung - Leibniz-Institut für ökologische ...
Dichte und Schrumpfung - Leibniz-Institut für ökologische ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
236 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
che Vorhaben beschränkt, die im Rahmen flächenhafter Rückbaumaßnahmen zur<br />
Bereitstellung dauerhafter Lösungen beitragen (KÖPPL 2006), was zu begrüßen ist.<br />
9.1.3 Dezentrale Versorgung als Alternative?<br />
Neben diesen primär auf eine Sicherung ausreichender <strong>Dichte</strong>n ausgerichteten<br />
Stadtumbaustrategien sind (gerade <strong>für</strong> ländliche Gebiete) andere Handlungsansätze<br />
denkbar. Während bisher hohe Versorgungsstandards <strong>und</strong> die Versorgungspflicht<br />
zur Gewährleistung eines Mindestmaßes an Verdichtung zwingen, können alternativ<br />
auch neue Maßstäbe <strong>für</strong> die Versorgungssicherheit <strong>und</strong> -qualität entwickelt werden.<br />
Vorgeschlagen wird z. B. ein Aufbrechen der Versorgungspflicht <strong>für</strong> die Versorgungswirtschaft.<br />
Gerade <strong>für</strong> Gebiete mit geringer <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> einer langfristig nicht<br />
tragbaren finanziellen Belastung der Infrastrukturversorgung ist die derzeit durch<br />
gültige Normen gesicherte Beibehaltung der höchsten Versorgungsqualität zu hinterfragen.<br />
Denkbar ist insbesondere, dass in ländlichen Räumen mit geringer <strong>Dichte</strong><br />
umfangreiche Sanierungen <strong>und</strong> Neuanschlüsse ausbleiben (MARSCHKE 2004, 86)<br />
<strong>und</strong> stattdessen eine Umstellung auf dezentrale Versorgungssysteme erfolgt.<br />
Die meist genannte Alternative zu einer auf Kontraktion <strong>und</strong> Sicherung von <strong>Dichte</strong>n<br />
ausgerichteten Stadtumbaustrategie ist eine zunehmende Systemumstellung zentraler<br />
Ver- <strong>und</strong> Entsorgungssysteme auf dezentrale Systemlösungen (FREUDENBERG,<br />
KOZIOL 2003, 14f.; IÖR, IES 2004). So könnten Stadtumbauprozesse dazu genutzt<br />
werden, große Gesamtnetze in kleine Teilnetze aufzulösen <strong>und</strong> diesen entsprechende<br />
dezentrale Erzeugungs- <strong>und</strong> Behandlungsanlagen zuzuordnen. Unter bestimmten<br />
Bedingungen kann diese Differenzierung in Teilnetze trotz der beschriebenen<br />
‚economies of scale’ (s. Kapitel 7.2.1) zu insgesamt kostengünstigeren Lösungen<br />
führen (TIETZ 2006, 165) <strong>und</strong> ökologisch sinnvoll sein (IÖR, IES 2004).<br />
Exkurs 24: Ersatz der zentralen Fernwärmeversorgung durch dezentrale<br />
Nahwärmeanlagen in Zwickau 65<br />
Aufgr<strong>und</strong> des massiven Rückgangs des Fernwärmeabsatzes in Zwickau (s. Exkurs 18) kann<br />
die Fernwärmeversorgung hier nicht mehr wirtschaftlich als zentrale Versorgung betrieben<br />
werden. Bezogen auf das Gesamtnetz betragen die Wärmeverluste inzwischen 19 %. Umbau-<br />
<strong>und</strong> Anpassungsmaßnahmen sind seit 1999 erforderlich. Zu diesem Zeitpunkt war der<br />
Wärmeabsatz um etwa 40 % zurückgegangen. Anpassungsmaßnahmen beinhalten eine<br />
Umrüstung einiger Sek<strong>und</strong>ärnetze von 4-Leiter auf 2-Leiter-Systeme. Zudem wurde im Zuge<br />
der Netzanpassungsmaßnahmen die Errichtung von 22 Nahwärmeversorgungsanlagen notwendig.<br />
Verschiedene Untersuchungen anhand diverser Varianten haben ergeben, dass ein weiterer<br />
Betrieb der Fernwärmeversorgung über ein zentrales Netz in Anbetracht des rückläufigen<br />
Wärmebedarfs ökonomisch <strong>für</strong> die Zukunft nicht mehr tragfähig sein wird <strong>und</strong> mittel- bis<br />
langfristig eine fortgesetzte Umstellung auf dezentrale Versorgungslösungen erforderlich<br />
sein wird. Dabei werden die bestehenden Systeme solange wie möglich im Unterlastbereich<br />
weiter betrieben <strong>und</strong> Investitionen möglichst lange hinaus gezögert, um eine weitere Planungssicherheit<br />
über Bestands- <strong>und</strong> Rückbaugebiete im Rahmen des Stadtumbaus zu erhalten<br />
(INTERVIEW SCHNEIDER, SPIELVOGEL).<br />
Mögliche dezentrale Lösungen sind Nahwärmeinseln im Bereich der Wärmeversorgung<br />
oder Kleinkläranlagen bei der Abwasserentsorgung (FREUDENBERG, KOZIOL<br />
2003, 14). In Gebieten, die sehr starken Entdichtungsprozessen ausgesetzt sind,<br />
sollten vermehrt Möglichkeiten der Direkteinleitung von Abwässern <strong>und</strong> der Eigenversorgung<br />
mit Trinkwasser geprüft werden (TIETZ 2006, 166). Besonders bei der<br />
Wärmeversorgung können dezentrale Lösungen eine ökonomische Alternative zu<br />
65 Veröffentlichungserlaubnis erteilt am 16.08.2007.