Dichte und Schrumpfung - Leibniz-Institut für ökologische ...
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70 IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 <strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal<br />
„Als urban gilt nun allzu oft schon die maximal ertragreiche Stapelung verwertbarer<br />
Geschossflächen auf Gr<strong>und</strong>stücken in zentraler Lage. In Kontrast zur<br />
Weiträumigkeit <strong>und</strong> Höhenbegrenzung vieler Wiederaufbaupläne der fünfziger<br />
Jahre wird die Steigerung der Bebauungsdichte als Ausweis modernen Städtebaus<br />
schlechthin angeführt. Dabei fehlt es nicht an pseudowissenschaftlicher<br />
Legitimation. Von durchsichtigen Interessen geleitet werden soziologische Studien<br />
so interpretiert, als könne allein aus der Verdichtung von Bauten, Funktionen<br />
<strong>und</strong> Menschen auf engstem Raum jener Anspruch an Gesellschaftlichkeit<br />
städtischen Lebens <strong>und</strong> lebendiger Öffentlichkeit eingelöst werden, der in vielen<br />
Menschen nach den vergangenen Jahrzehnten zum brennenden Bedürfnis<br />
wird.“<br />
Bekannte Beispiele in dieser Zeit realisierter Wohnbauvorhaben, die später einer<br />
heftigen Kritik unterliegen <strong>und</strong> in denen später soziale Probleme kumulierten, sind<br />
z. B. Heidelberg-Emmertsgr<strong>und</strong> mit einer mittleren Geschossflächendichte von 1,35<br />
<strong>und</strong> einer mittleren Nettowohndichte von 424 Einwohnern je ha, Hamburg-<br />
Steilshoop mit einer mittleren Geschossflächendichte von 1,12 <strong>und</strong> einer mittleren<br />
Nettowohndichte von 404 Einwohnern je ha oder Darmstadt-Kranichstadt mit einer<br />
Geschossflächendichte von 1,5 <strong>und</strong> fünfzehngeschossiger Bauweise, genannt auch<br />
„Eiger Nordwand“ (GASSNER 1978, 103; REINBORN 1996, 240).<br />
3.3 Behutsame Stadterneuerung, Innenentwicklung, <strong>ökologische</strong> Stadt<br />
(1975-1990)<br />
Entscheidend <strong>für</strong> den <strong>Dichte</strong>diskurs der späten 1970er <strong>und</strong> der 1980er Jahre sind<br />
verschiedene Entwicklungsbedingungen:<br />
- Die Ablehnung der im Rahmen der Urbanität durch <strong>Dichte</strong> entstandenen Großsiedlungen<br />
mit der Folge einer Besinnung auf die Erhaltung der „alten Stadt“ im<br />
Rahmen der behutsamen Stadterneuerung (FÜRST et al. 1996, 59),<br />
- die Erkenntnis der <strong>ökologische</strong>n „Grenzen des Wachstums“ im Zuge der gleichnamigen<br />
Studie des Club-of-Rome (MEADOWS 1972) <strong>und</strong><br />
- der Eintritt in eine stagnative Entwicklungsphase mit abflachendem Siedlungsflächenwachstum.<br />
3.3.1 Behutsame Stadterneuerung <strong>und</strong> Abkehr von der Verdichtung<br />
Als Reaktion auf die Erfahrungen mit großmaßstäblichen Siedlungserweiterungen<br />
der 1960er Jahre entwickelt sich das Leitbild der behutsamen Stadterneuerung<br />
(FÜRST et al. 1996, 59). Dieses ist geprägt durch eine stärkere Fokussierung auf<br />
den Bestand, z. B. über die Benennung der Innenentwicklung als wesentliches<br />
Handlungsfeld. Innenentwicklung beinhaltet einerseits Stadterneuerung <strong>und</strong> Wohnungsmodernisierung<br />
<strong>und</strong> andererseits die Schließung von Baulücken sowie die<br />
Aktivierung vorhandenen Baulandpotenzials im inneren Bereich der Gemeinden.<br />
Innenentwicklung <strong>und</strong> bestandsorientierte Siedlungsentwicklung zielen nicht nur auf<br />
eine Verdichtung im Innenbereich, sondern ebenso auf die Berücksichtigung der<br />
<strong>ökologische</strong>n Grenzen der Verdichtung (BMBAU1983, 18f.; BMBAU 1986, 3).<br />
Bedingt durch zunehmende Einsicht in die Fehler bei der Umsetzung des Leitbilds<br />
der „Urbanität durch <strong>Dichte</strong>“, die vor allem von wirtschaftlichen Interessen getragen<br />
wurde, werden gegen Ende der 1970er Jahre vor allem die Grenzen der Verdichtung<br />
hervorgehoben, verdeutlicht z. B. durch den Titel „Die Grenzen der Verdichtung<br />
von Wohnbaugebieten“ (GASSNER 1978). Be<strong>für</strong>wortet werden Bebauungsformen