Dichte und Schrumpfung - Leibniz-Institut für ökologische ...
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<strong>Dichte</strong> <strong>und</strong> <strong>Schrumpfung</strong> – Christiane Westphal IÖR Schriften │ Band 49 • 2008 275<br />
- Gerade Zielwerte <strong>für</strong> das Angebot sozialer Infrastrukturen sind im Hinblick auf<br />
den demographischen Wandel anzupassen. So wird <strong>für</strong> einen Kindergarten nach<br />
wie vor von einer erforderlichen Mantelbevölkerung von 2.000 bis 3.000 Einwohnern<br />
ausgegangen. Legt man die aufgr<strong>und</strong> des demographischen Wandels verringerten<br />
Anteile eines Kindergartenjahrgangs an der Gesamtbevölkerung zu<br />
Gr<strong>und</strong>e, ergibt sich hingegen eine notwendige Mantelbevölkerung von über<br />
4.000 Einwohnern. Damit sind im Einzugsbereich eines Kindergartens höhere<br />
Einwohnerdichten erforderlich, wenn gleiche Entfernungsstandards beibehalten<br />
werden sollen.<br />
Während Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerte der Planung im Zuge der Abkehr von der<br />
integrierten Entwicklungsplanung lange Zeit kritisiert wurden, zeigt sich in jüngerer<br />
Zeit eine erneute Hinwendung zu quantifizierten Zielwerten. Eine Anpassung der<br />
Orientierungswerte an neue gesellschaftliche Rahmenbedingungen kann daher einen<br />
wichtigen Beitrag zur Festlegung solcher Zielsetzungen leisten. Diese Anpassung<br />
von Richt- <strong>und</strong> Orientierungswerten ist sowohl Aufgabe der Wissenschaft, die<br />
gr<strong>und</strong>sätzliche Auswirkungen von <strong>Schrumpfung</strong>sprozessen aufzeigen sollte, als<br />
auch der Planungspraxis, deren Aufgabe es ist, die Anwendbarkeit in der praktischen<br />
Planung zu gewährleisten.<br />
WISSENSCHAFTLER, STADTPLANER UND VER- UND ENTSORGER MÜSSEN DIE FRAGE<br />
NACH MINIMALEN DICHTEN AUS SICHT DER STADTTECHNISCHEN INFRASTRUKTUR IN EI-<br />
NEN GESAMTGESELLSCHAFTLICHEN ENTSCHEIDUNGSPROZESS EINBRINGEN<br />
Wenn derzeitige Standards der Ver- <strong>und</strong> Entsorgung sowie Qualitäten städtischer<br />
Lebensweisen bei moderaten Kostensteigerungen aufrecht erhalten werden sollen,<br />
bestehen keine Alternativen zur Sicherung von Mindestdichten. Die in der Arbeit<br />
dargelegten Zielkorridore angemessener <strong>Dichte</strong>n in schrumpfenden Städten stellen<br />
Minimaldichten dar, deren Unterschreitung entweder siedlungsstrukturelle Maßnahmen<br />
zur Sicherung ausreichender <strong>Dichte</strong>n oder eine Anpassung von Standards<br />
<strong>und</strong> Kosten erfordert.<br />
Wenn allerdings derzeitige Standards zur Disposition gestellt oder deutlich höhere<br />
Kosten in Kauf genommen werden, dann sind Siedlungsstrukturen sehr geringer<br />
<strong>Dichte</strong> denkbar. Diese Entscheidung kann jedoch weder von Seiten der Planungspraxis<br />
noch von Seiten der Planungswissenschaft getroffen werden, sondern bedarf<br />
gesamtgesellschaftlicher Entscheidungsprozesse. Aufgr<strong>und</strong> der langfristigen Folgewirkungen<br />
siedlungsstruktureller Entscheidungen sind diese zügig zu treffen.<br />
Dabei sind nicht nur Zielsetzungen <strong>für</strong> städtische Strukturen zu diskutieren, sondern<br />
ebenso solche <strong>für</strong> ländliche Gebiete, <strong>für</strong> die – aufgr<strong>und</strong> der ohnehin sehr hohen<br />
spezifischen Infrastrukturaufwände – verstärkt Konzepte dezentraler Versorgung in<br />
Betracht zu ziehen sind.<br />
STADTPLANER AUS WISSENSCHAFT UND PRAXIS STEHEN VOR DER AUFGABE LEITBIL-<br />
DER UND DICHTEZIELE FÜR SCHRUMPFENDE STÄDTE ZU ENTWICKELN UND UMZUSETZEN<br />
Auf der Gr<strong>und</strong>lage der angesprochenen gesamtgesellschaftlichen Entscheidungen<br />
sind von Seiten der Planungspraxis <strong>und</strong> -wissenschaft tragfähige städtebauliche<br />
Leitbilder <strong>und</strong> <strong>Dichte</strong>ziele zu entwickeln. Bisher bestehen <strong>für</strong> mögliche siedlungsstrukturelle<br />
Entwicklungspfade in schrumpfenden Städten allenfalls erste Ideen,<br />
während ausgereifte städtebauliche Leitbilder <strong>und</strong> quantifizierte <strong>Dichte</strong>ziele fehlen.<br />
Die in dieser Arbeit dargelegten Kriterien zur Bestimmung angemessener <strong>Dichte</strong>n<br />
bilden eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die weitere Entwicklung solcher Zielvorstellungen.