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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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Schädlinge in Brandenburg (2007)<br />

nehmender Eingriffstiefe und gleichzeitig abnehmender BD. Eine unangenehme Konsequenz,<br />

weil sie eine Verschärfung des Problems bedeutet.<br />

Die interessante Frage, welcher Zusammenhang zwischen menschlicher Wirtschaftsweise<br />

und dem Massenauftreten von Schädlingen h<strong>ist</strong>orisch besteht, <strong>ist</strong> bisher<br />

<strong>mein</strong>es Wissens nur punktuell verfolgt worden. Dabei sind doch z.B. <strong>die</strong> Sperlingsplagen<br />

des 18. Jahrhunderts in ihrer anthropogenen Ursache unbezweifelbar. 276 Überhaupt<br />

verdankt sich das vom Menschen beklagte Schädlingsproblem dem Faktum<br />

seiner eigenen Wirtschaftsweise. Doch <strong>ist</strong> der Zusammenhang konkreter, subtiler und<br />

wenigstens in Einzelfällen bekannt. Lang anhaltende Weidenutzung von Waldgebieten<br />

etwa führt zu einer Anfälligkeit des Baumbestandes gegenüber Schadinsekten. Die<br />

Zusammenhänge können sehr speziell werden. So <strong>ist</strong> durch Zwölfer 277 nachgewiesen<br />

worden, dass Massenvermehrungen des Buchenspinners (Dasychira pudibunda) im Spessart<br />

und Reinhardswald fast ausschließlich auf Beständen auf Buntsandstein auftraten,<br />

<strong>die</strong> durch jahrhundertelange Streunutzung degra<strong>die</strong>rt waren. 278 Für <strong>die</strong> Regeneration<br />

der Waldböden nach Weidenutzung nennt Schimitschek (1964) Schätzzahlen von 300<br />

– 500 Jahren. Er we<strong>ist</strong> auch, geeignete Bodenbeschaffenheit und Klima vorausgesetzt,<br />

auf den Zusammenhang zwischen [in aller Regel anthropogener, BH] Absenkung des<br />

Grundwasserspiegels und ‚Maikäferseuchen‛ sowie dem Massenauftreten von »Blattwespen,<br />

Kleinschmetterlingen und Großschmetterlingen, Borken- und Bockkäfer<br />

sowie Holzwespen« hin: »Es entstehen somit neue Seuchenlagen und Seuchenherde« 279<br />

durch Langzeitfolgen menschlicher Wirtschafts- und Nutzungsweise.<br />

An <strong>die</strong>ser Stelle greift der zweite Mangel <strong>mein</strong>er Ausführung. Es ex<strong>ist</strong>ieren aus der<br />

Biologie wie aus den h<strong>ist</strong>orischen Archiven keine Daten zu h<strong>ist</strong>orischen Populationsdynamiken<br />

von Schadorganismen und geschädigten Organismen.280 Dabei wären<br />

gerade solche Daten im Hinblick auf <strong>die</strong> Populationsdynamik von Schadorganismen<br />

dringend erwünscht. Immerhin lassen sich für einzelne Schädlingskalamitäten archivalisch<br />

Jahre ihres Auftretens benennen (mitunter sogar ‚lange Reihen‛). Beispielsweise<br />

für Heuschrecken in Brandenburg des 18. Jahrhunderts sind <strong>die</strong>s 1730, 1731, 1748,<br />

1750, 1752, 1753, 1754, 1760, 1761, 1763, 1777, 1782, 1783, 1784, 1785. 281<br />

Ein Rückschluss aus den (im Umfang nicht benannten) Schäden auf eine objektivere<br />

Abschätzung des Schadensfalls und damit des Umfangs des Schädlingsbefalls<br />

scheint bisher nicht möglich. Ein<strong>zur</strong>äumen <strong>ist</strong>, dass für eine solche Frage der Bedarf in<br />

276 Herrmann, Bernd und Woods, William (2003) Between biblical plague and pr<strong>ist</strong>ine myth: Passenger<br />

pigeons, sparrows and the construction of abundances. Oral presentation at the ASEH<br />

Conference, Providence 2003. Veröffentlichung in Vorbereitung.<br />

277 Zwölfer (1957); weitere Beispiele in Schimitschek (1969).<br />

278 Ein eindrucksvolles Beispiel für <strong>die</strong> weiter oben erwähnte Nachlaufeigenschaft in Ökosystemen.<br />

279 Schimitschek (1964), S. 23. Da Schimitschek Forstzoologe war, fokussiert seine Arbeit überwiegend<br />

forstliche Probleme.<br />

280 Im Näherungsmodell könnte man von Ernteerträgen und Viehproduktionen auf entsprechende<br />

Populationsdynamiken schließen. Ob das ginge und mit welchem Kenntnisgewinn, vermag ich<br />

nicht zu beurteilen. Zumindest sind <strong>die</strong> h<strong>ist</strong>orischen Daten, <strong>die</strong> sich ggfl. in Archivbeständen finden<br />

ließen, bisher nicht aufgearbeitet.<br />

281 Herrmann (2003). Aber das objektive Ausmaß <strong>die</strong>ser Schadensereignisse <strong>ist</strong> bisher unbekannt.<br />

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