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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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Schädlinge in Brandenburg (2007)<br />

Einen zweiten Einflussstrang sehe ich mit Meyer (1999) in den handlungsleitenden<br />

staatswissenschaftlichen Konzepten. Ist <strong>die</strong> Untertanenfürsorge ohnehin eingeschrieben<br />

in das Konzept des guten aufgeklärten Herrschers, dann ermutigen <strong>die</strong> staatstheoretischen<br />

Erwägungen der Zeit, wie Meyer herausarbeitet, besonders auch <strong>die</strong> Naturgeschichtsforscher,<br />

durch Erklärungen der Naturdinge deren Beherrschbarkeit für das<br />

Staatsziel (<strong>die</strong> allge<strong>mein</strong>e Glückseligkeit) nutzbar zu machen. Diese territoralherrschaftliche<br />

Sicht greift Ende des 18. Jahrhunderts auf eine naturrechtliche ‚politische Metaphysik‛<br />

als Metatheorie <strong>zur</strong>ück, innerhalb derer der Schädlingsdiskurs Bedeutung für<br />

das staatliche Glückseligkeits- und Sicherheitsversprechen (Meyer, 1999) erhält. Mit<br />

dem Heuschreckenedikt von 1753 wird bereits eine Regelung für das gesamte Preußische<br />

Territorium formuliert, für das gleichzeitig <strong>die</strong> örtliche Umsetzung funktional<br />

festgelegt wird. 291 Von hier lässt sich eine Entwicklungslinie ziehen, an deren Ende<br />

1898 <strong>die</strong> Einrichtung der ‚Biologischen Abteilung für Land- und Forstwirtschaft‛ beim<br />

‚Kaiserlichen Gesundheitsamt‛ steht, aus der letztlich <strong>die</strong> heutige ‚Biologische Bundesanstalt‛<br />

hervorgegangen <strong>ist</strong>. Die Herausbildung <strong>die</strong>ses Professionalisierungsstranges <strong>ist</strong><br />

u.a. bei Jansen (2003) dargelegt, eine ‚Innensichtdarstellung‛ bei Sucker (1998a, 1998b).<br />

Dabei scheint mir der Umstand besonders wichtig, dass mit der Änderung der Eigentumsrechte<br />

an Grund und Boden 292 sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Entwicklung<br />

beschleunigt, <strong>die</strong> eine zentrale staatliche Regelung auch für Schädlingsfragen begünstigt.<br />

Dies findet sich entsprechend umgesetzt bereits mit ersten Gesetzesaktivitäten<br />

der Reichsregierung nach 1871, 293 mit der Elemente der territorialstaatlichen Praxis<br />

in zentralstaatlicher Institutionalisierung münden. Ganz sicher <strong>ist</strong> hier auch <strong>die</strong> Philosophie<br />

einer ‚In-Dienst-Stellung‛ der Natur im 18. Jahrhundert (Bayerl 2001) angesiedelt,<br />

in deren konsequenter Logik ‚Unnützliches‛ aus der Natur zu beseitigen, zumindest<br />

zu verdrängen <strong>ist</strong>.<br />

Die Nähe <strong>die</strong>ses zweiten Einflussstranges zu einem dritten, der Hausväterliteratur,<br />

<strong>ist</strong> für mich unbezweifelbar, wenn man das Selbstverständnis führender Hausväter wie<br />

Hohberg 294 bedenkt, <strong>die</strong> sich nicht nur zu den bloßen ökonomischen Fragen der Führungspraxis<br />

eines Gutsbetriebs äußern, sondern sich letztlich auch als Äquivalente im<br />

Kleinen eines aufgeklärten absolut<strong>ist</strong>ischen Landesfürsten begreifen. Die Bemühung<br />

der Hausväter <strong>zur</strong> Anhebung der Produktivität, damit <strong>zur</strong> Ertragssteigerung und damit<br />

am Ende auch <strong>zur</strong> Beförderung von Wohlfahrt und Glückseligkeit im gesamten Herrschaftsbereich<br />

<strong>ist</strong> unübersehbar. So werden <strong>die</strong> Hausväter nach Hohberg, der allerdings<br />

nur sehr kursorische Angaben <strong>zur</strong> Schädlingsbekämpfung macht, dann doch<br />

auch zunehmend und zunehmend umfangreicher Hinweise und Rezepte <strong>zur</strong> Schädlingsbekämpfung<br />

aufnehmen.<br />

herumkommen: um 1750 können in Deutschland rund 10% lesen, um 1800 sind es 25%. Hierzu<br />

Freytag (2003), S. 143-144.<br />

291 Die Anweisungen <strong>zur</strong> Vorbereitung für und Durchführung von Bekämpfungsmaßnahmen werden<br />

im Edikt auf heuschreckengefährdete Gebiete beschränkt.<br />

292 Marquardt (2003), S. 61 ff.<br />

293 Otte (1998); auch Herrmann (2006a).<br />

294 Hohberg (ab 1682).<br />

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