06.01.2013 Aufrufe

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

100 Me<strong>ist</strong>erwerke (2010)<br />

schen begreift und durch deren Aktivitäten geprägt versteht, sicher das komplexeste<br />

Archiv der menschlichen Kulturgeschichte an einem gegebenen Ort. In <strong>die</strong>ses kulturgeschichtliche<br />

Archiv sind <strong>die</strong> unabhängigen und doch durch ihre Einbindung in <strong>die</strong><br />

menschlichen Angelegenheiten zugleich abhängigen Archive der belebten und unbelebten<br />

Natur integriert. Damit <strong>ist</strong> „Landschaft“ einer der zentralen Begriffe und Zugänge<br />

<strong>zur</strong> <strong>Umweltgeschichte</strong>. Mit den Namen von Humboldt, Hardt (1970, 2002) und<br />

Warnke sind Eckpunkte sehr bedeutender Theorieentwürfe der Landschaft benannt,<br />

wobei alle drei auf <strong>die</strong> Rezeption von Landschaft im Sinne von Bildern eingehen. 752<br />

Das ästhetische Moment <strong>ist</strong> auch Leitmotiv der im deutschsprachigen Raum einflussreichsten<br />

Landschaftsdefinition der letzten Jahrzehnte, <strong>die</strong> Joachim Ritter formulierte.<br />

753<br />

Levi D’Ancona und Segal haben den floralen Bildelementen große Aufmerksamkeit<br />

gewidmet. Deren Verwendung als selbstständige Einheiten der Bildkomposition in<br />

der Malerei <strong>ist</strong> Ergebnis der Beobachtung durch den Künstler und seiner Beschreibung<br />

der Formenmannigfaltigkeit, der Fülle, der Diversität. Mit Beginn der frühen Neuzeit<br />

wird das Spiel der Künstler mit der Formenfülle selbstverständlich und gleichsam „natürlich“<br />

in das Naturbeobachtungskonzept der Voraufklärung integriert, das in der<br />

„Grossen Kette der Wesen“ seine synthetische Theorie gefunden hatte. 754 Daher sind<br />

<strong>die</strong>se Bildanalysen so bedeutungsvoll und auch im Hinblick auf <strong>die</strong> weniger häufig<br />

dargestellten Tiere umwelth<strong>ist</strong>orisch ergiebiger.<br />

3 Der Vorschlag <strong>ist</strong> einfach und doch zugleich komplex<br />

Selbstverständlich sind Bilder, gemalte zudem, keine h<strong>ist</strong>orische Quelle im Sinne einer<br />

authentischen Wiedergabe. Dass künstlerische Bilder <strong>die</strong> Aufgabe der authentischen<br />

Unterrichtung über objektive Abläufe oder Sachverhalten hätten, wird ohnehin niemand<br />

ernsthaft behaupten wollen. Selbst <strong>die</strong> so genannt authentischen Pressefotos<br />

sind subjektive Blickwinkel des Fotoreporters und sind Instrumente jener Berichterstattung,<br />

<strong>die</strong> sich ihrer be<strong>die</strong>nt, also Ergebnis eines Auswahlprozesses.<br />

752 Von Humboldt verwendet im Kosmos als Bezeichnung seines Kapitels „Allge<strong>mein</strong>e Übersicht der<br />

Erscheinungen“ in dem er u.a. Berichte außereuropäischer Völker über seltene Naturphänomene<br />

wiedergibt, das Wort „Naturbilder“. Das Kapitel stellt u.a. Sichtweisen vor, Rezeptionshaltungen, <strong>die</strong><br />

<strong>zur</strong> Beobachtung des Phänomens eine spezifisch kulturell geprägte Erklärung hinzufügen, in der das<br />

Bildhaft-Plastische vorherrscht. Die Sprache von Humboldts we<strong>ist</strong> darauf hin, dass ein Naturkonzept<br />

(und tatsächlich handelt das Kapitel von solchen) sich des Bildhaften mindestens dann als Ausdrucksmittel<br />

be<strong>die</strong>nt, wenn und solange es schlüssiger positiv<strong>ist</strong>ischer Erklärungen ermangelt.<br />

753 Selbstverständlich spielen auch andere Theoretiker eine wichtige Rolle. Ihrer sei jedoch, um nicht<br />

in ein Nebenthema zu geraten, mit dem Hinweis auf Apel hier abschließend gedacht.<br />

754 Lovejoy – Der Begriff „Synthetische Theorie“ spielt auf den Begriff „Synthetische Theorie (der<br />

Evolution)“ an, wie er in den zeitgenössischen Biowissenschaften geläufiger Weise für <strong>die</strong> „Zusammenfassung<br />

der Erkenntnisse aller biologischen Teilwissenschaften über <strong>die</strong> organismische Evolution“<br />

verwendet wird. In der voraufklärerischen Ausdeutung der Natur als einer Offenbarungsweise<br />

Gottes sowie in den Abbildungen von „Natur“ in der Malerei als „gemalte Predigten“, erkenne ich<br />

eine äquivalente „synthetische Theorie“, deren Fun<strong>die</strong>rung u.a. in den physikotheologischen Schriften<br />

bereitgestellt wird (z. B. Michel).<br />

403

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!