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"...mein Acker ist die Zeit", Aufsätze zur Umweltgeschichte - Oapen

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nur, weil <strong>die</strong> Schädlingsdichte höher gewesen sein dürfte. Die damaligen Erntemengen<br />

betrugen in der Größenordnung lediglich das Vier- bis Sechsfache der<br />

Getreideeinsaat. Unter solchen Umständen wird eine Schädlingsbekämpfung umso<br />

dringlicher. Man stand z.B. den zeitgenössischen Heuschreckeneinfällen, <strong>die</strong> zum<br />

Teil über das schlesische Revier bzw. aus Polen in das Oderbruch und <strong>die</strong> westliche<br />

Mark Brandenburg einwandern oder auch aus den Brachflächen vor Ort<br />

schlüpfen, weitgehend hilflos gegenüber. Die technischen Mittel der damaligen<br />

Zeit bestanden nur in der physischen Vernichtung der einzelnen Schadorganismen.<br />

Für <strong>die</strong> Heuschreckenbekämpfung bedeutet <strong>die</strong>s ein Aufsammeln der Gelege bzw.<br />

ein Einfangen der geschlüpften Tiere und ihre anschließende Tötung durch Zerstampfen<br />

oder Überbrühen bzw. Einfegen in Gruben und anschließende Abdeckung<br />

mit dem Aushub. Bei langsam ansteigender Gesamtbevölkerung erzwang<br />

<strong>die</strong> Grenzertragssituation der weitestgehend stagnierenden Agrarwirtschaft des<br />

18. Jh.s, den Ressourcenschutz zu intensivieren. Im 18. Jh. entsteht daher der Typus<br />

der Schädlingsbekämpfungsliteratur, deren Anfang Abraham Friedrich Krafft<br />

(1712/13) markiert. Die Obrigkeit setzt das systematisierte Wissen zunehmend in<br />

Regelwerke über <strong>die</strong> Durchführung von Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen um.<br />

In ihrer Wirkung münden <strong>die</strong>se Maßnahmen eher in Verdrängungen, wie etwa bei<br />

den Maßnahmen gegen Großsäuger, gegen das kleine Raubzeug und gegen Raubvögel.<br />

Bekämpfungsmaßnahmen, <strong>die</strong> normativ geregelt werden, beziehen sich auf<br />

Vorratsschädlinge, Forstschädlinge und Ernteschädlinge. Die oben erwähnte Biberbekämpfung<br />

würde man in <strong>die</strong>sem Zusammenhang als Vorgehen gegen einen<br />

Umwelt- oder Produktschädling einordnen. 372<br />

Gegenüber einem heutigen Verständnis werden im 18. Jh. manche Tiere als<br />

Schadorganismen eingestuft, <strong>die</strong> seitdem einen Kategorienwechsel erfahren. Das<br />

gilt nicht nur für den Biber, es gilt z.B. auch für Greifvögel, für den Regenwurm<br />

und den Maulwurf, denen im 18. Jh. nachgesagt wurde, dass sie schwere Schädlinge<br />

wären. Alleine der Maulwurf hätte, zusammen mit dem Sperling, nach Auffassung<br />

eines Autors des 18. Jh. in Preußen jährlich einen Schaden angerichtet, der<br />

weit über den Unterhaltskosten für <strong>die</strong> gesamte königliche Kavallerie gelegen hätte<br />

(Kretzschmer 1744). Schädlinge sind auch <strong>die</strong> Trappe, der Kranich, sind Amphibien<br />

und Reptilien und selbstverständlich der Hamster. Man muss sich dabei aber<br />

vergegenwärtigen, dass vor der Erfindung der chemischen Bekämpfungsmittel<br />

insgesamt eine relative Unwirksamkeit der Bekämpfungsmaßnahmen zumindest<br />

von Agrarschädlingen bestanden hat. Hingegen stehen heute zunächst einmal alle<br />

wild lebenden Tiere nach § 41 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) unter<br />

Generalschutz.<br />

Ist <strong>die</strong> Kulturlandschaftsgestaltung noch eine eher verdeckte Förderung oder<br />

Verdrängung des Artenbestandes, dann <strong>ist</strong> <strong>die</strong> Schädlingsbekämpfung <strong>die</strong> direkte<br />

Aufforderung <strong>zur</strong> Entfernung der Angehörigen einer Art. „Ausrotten“ bedeutet<br />

372 Diese, wie <strong>die</strong> nachfolgenden h<strong>ist</strong>orische Beispiele und Argumente <strong>zur</strong> Schädlingsbekämpfung,<br />

ausführlicher in Herrmann 2006b, 2007

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